Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bezug von Bauleistungen für Grundstückslieferungen. Berichtigung der Steuerfestsetzung gegenüber dem Leistungsempfänger
Leitsatz (redaktionell)
1. Sind die Leistungen, für welche die Bauleistungen bezogen wurden, nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei, so erbringt der Leistungsempfänger eine Lieferung und handelt als Bauträger. Dies gilt unabhängig davon, ob die Erwerber der veräußerten Immobilien „Einfluss auf die Bauausführung und Baugestaltung” genommen haben. Der Leistungsempfänger ist in einem solchen Fall nicht Schuldner der Umsatzsteuer nach § 13b UStG.
2. Sind Unternehmer und Leistungsempfänger davon ausgegangen, dass der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b UStG auf eine vor dem 15.2.2014 erbrachte steuerpflichtige Leistung schuldet, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, ist § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden.
3. Für die Besteuerung des Leistungsempfängers ist unerheblich, ob dieser die Steuer nachträglich an den leistenden Unternehmer gezahlt hat oder ob das FA mit dem Erstattungsanspruch gegen nach § 27 Abs. 19 UStG n. F. vom leistenden Unternehmer an die Finanzbehörde abgetretene (zivilrechtliche) Forderungen aufrechnen kann.
4. Der Berichtigung der Steuerfestsetzung gegenüber dem Leistungsempfänger stehen weder der Grundsatz von Treu und Glauben noch das Unionsrecht entgegen.
Normenkette
UStG § 3 Abs. 4, § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 9 Buchst. a, § 27 Abs. 19; UStG 2008 § 13b Abs. 2 S. 2, Abs. 1 S. 1 Nr. 4 S. 1; UStG 2010 § 13b Abs. 5 S. 1, Abs. 2 Nr. 4 S. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2011 bis 2013 vom 25. Juni 2016 und die Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2016 werden dahingehend abgeändert, dass die Umsatzsteuer für 2011 auf 0 EUR, für 2012 auf 1.419,31 EUR und für 2013 auf 4.444,94 EUR festgesetzt wird.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin errichtete in den Streitjahren (2011 bis 2013) Gebäude. Ganz überwiegend veräußerte sie diese anschließend an Dritte. Diese Umsätze unterfielen der Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 9 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes in der Fassung der Streitjahre (UStG). Im geringen Umfang behielt sie Gebäudeteile für sich und vermietete sie steuerfrei.
Für die Errichtung der Gebäude bezog sie Bauleistungen von in Deutschland ansässigen Dritten, welche mit der Klägerin übereinstimmend davon ausgingen, dass die Klägerin als Leistungsempfängerin Steuerschuldnerin war, und ihr Nettorechnungen stellten.
In ihren Steuererklärungen für die Streitjahre erklärte sie dementsprechend Steuer nach § 13b UStG in Höhe von 31.688,06 EUR in 2011, in Höhe von 201.677,65 EUR in 2012 sowie in Höhe von 318.956,24 EUR in 2013. Darin enthalten war auch die Steuer für Leistungsbezüge von einem italienischen Unternehmen sowie für die Erstellung eines Einbau-Bücher-Regals von einem in Deutschland ansässigen Schreiner. Die Jahressteuer errechnete sie in Höhe von 31.688,06 EUR für 2011, in Höhe von 203.096 EUR für 2012 und in Höhe von 318.956,24 EUR für 2013. Diese Erklärungen führten zu Festsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Mit Bescheiden vom 25. Juni 2016 hob der Beklagte (das Finanzamt – FA –) jeweils den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
Hiergegen legte die Klägerin mit der Begründung Einspruch ein, nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22. August 2013 V R 37/10 (BStBl II 2014, 128) sei sie nicht Steuerschuldnerin.
Mit Schreiben vom 30. Juli 2015 bat das FA die Klägerin u. a. darum, Name, Anschrift und Steuernummer des leistenden Unternehmers anzugeben. Dem kam die Klägerin nicht nach.
Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2016 als unbegründet zurück, weil die Klägerin angeforderte Unterlagen nicht vorgelegt habe.
Am 10. Februar 2016 erhob die Klägerin Klage, mit der sie ihr Ziel weiterverfolgt. Dabei stellt sie ihre Steuerschuld für den Leistungsbezug von dem in Italien ansässigen Unternehmer nicht infrage.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2011 bis 2013 vom 25. Juni 2016 und die Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2016 dahingehend abzuändern, dass die Umsatzsteuer für 2011 auf 0 EUR, für 2012 auf 1.419,31 EUR und für 2013 auf 4.444,94 EUR festgesetzt wird.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Da die Klägerin offenbar auch für ein Bücherregal beantragt habe, dieses nach den Grundsätzen des § 13b UStG zu erfassen, seien die angeforderten Nachweis zwingend erforderlich gewesen. Die Klägerin führe auch Bauten auf fremde Rechnung aus. Im Wesentlichen vermarkte s...