Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufliche Nutzung des Arbeitszimmers zu mehr als 50 %
Leitsatz (redaktionell)
Verbringt ein Steuerpflichtiger, der seinem Dienstherrn gegenüber eine wöchentliche Arbeitszeit von 39.5 Stunden zu erbringen hat, 20 Wochenstunden zusätzlich für berufliche Zwecke im häuslichen Arbeitszimmer, sind die Voraussetzungen für den beschränkten Abzug der Arbeitszimmeraufwendungen gem. § 4 Abs. 5 Nr. 6 b Satz 2, 1. Alternative, i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG nicht erfüllt, wonach auf die betriebliche und berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit entfallen muss.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6b Sätze 2, 9, Abs. 5
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob Aufwendungen für ein Arbeitszimmer als Werbungskosten abgezogen werden können.
Der Kläger (Kl) wird vom Beklagten (dem Finanzamt -FA-) zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielt als Beamter im Bayerischen Staatsministerium für … Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 Absatz 1 Nr. 1 EStG. Nach seinen Angaben ist der Kl im Ministerium zuständig für die Bereiche ….
In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1996 bis 1999 machte der Kl u.a. Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in seiner Eigentumswohnung in der …-Str. in A in Höhe von 17 % der auf die Wohnung entfallenden Gesamtkosten geltend. Einkünfte aus selbständiger schriftstellerischer Tätigkeit wurden nicht erklärt. Daneben teilte der Kl jeweils mit, dass er alle zwei Wochen an den Wochenenden nach … fahre, um dort am Vereinsleben teilzunehmen und sich um seine Mutter und seinen Bruder zu kümmern. Die entsprechenden Aufwendungen machte er als Werbungskosten für Fahrten zwischen Wohnung (2. Wohnsitz) und Arbeitstätte geltend. Die hier streitigen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer wurden wie folgt beziffert:
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DM |
1996 |
3.646,57 |
1997 |
3.355,67 |
1998 |
2.448,80 |
1999 |
1.173,50 |
Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen ließ das FA diese Aufwendungen mit der Begründung nicht zum Abzug zu, dass die berufliche Nutzung des Arbeitszimmers entsprechend der gesetzlichen Neuregelung in § 9 Abs. 5 i.V. mit § 4 Abs. 5 Nr. 6b Einkommensteuergesetz (EStG) nicht mehr als 50 % der gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit betrage und dem Kl darüber hinaus für seine Tätigkeit im Ministerium ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe. Die entsprechenden Einkommensteuerbescheide datieren vom 2. Februar 1997 (1996), 16. Februar 1999 (1997), 10. Januar 2000 (1998) und 21. Dezember 2000 (1999).
Noch im Veranlagungsverfahren wurde vorgetragen, dass der Kl Arbeiten im häuslichen Arbeitszimmer insbesondere an den Wochenenden durchführe. Die dort ausgeführten Arbeiten beträfen gleichermaßen den Hauptberuf des Kl als auch seine nebenberufliche Betätigung (beabsichtigte Arbeiten für eine weitere Auflage des Handbuchs „…”, vgl. Schreiben vom 10. Mai 1998, ESt-Akte 1996 Bl 107). Eine Trennung und Aufteilung sei aus fachlicher Sicht nicht möglich. Die geltend gemachten Aufwendungen seien deshalb allein den Werbungskosten, nicht aber den Betriebsausgaben einer möglichen selbständigen nebenberuflichen Tätigkeit zuzuordnen (Schreiben vom 30. Dezember 1998, ESt-Akte 1997 Bl 62).
Im Ministerium sei der Kl primär im Bereich der Rechtssetzung tätig. Zu diesem Zweck müsse der Kl arbeitsmäßig auch nachts und zu Hause einsatzfähig sein. Nicht nur einmal sei er nachts aufgestanden, um eine komplizierte juristische Konstruktion bzw. Konzeption, die ihm in wachen Augenblicken eingefallen sei, zu Papier zu bringen. Für solche Zwecke sei das Arbeitszimmer unabdingbar.
Im Einspruchsverfahren wurde vorgetragen, dass das Arbeitszimmer aufgrund der individuellen Umstände des Einzelfalls zu mehr als 50 % der Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden genutzt werde. Im Ministerium sei der Kl vorrangig als „Vordenker” im Bereich der Rechtssetzung tätig, wofür der Kl auch zu Hause jederzeit (nach Feierabend, an Wochenenden und Feiertagen sowie an Urlaubstagen, an denen er nicht verreist sei, und nachts) einsatzbereit sein müsse. In diesem Zusammenhang legte der Kl einen Beitrag zur „…” des Ministeriums vom … vor, der sich mit der „…” im Bereich des … rechts befasst. Bei seiner Arbeit gehe es um die Aufdeckung von Gesetzeslücken und die Ausarbeitung entsprechender Gesetzesvorschläge.
Die Einsprüche des Kl blieben ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung -EE- vom 1. März 2001).
Mit der Klage wird weiterhin vorgetragen, dass das Arbeitszimmer für die Tätigkeit des Kl im Ministerium unabdingbar sei. Dies gelte insbesondere für die Entwicklung komplexer Rechtssetzungsideen und deren schriftliche Ausarbeitung in ausformulierten konkreten,zumindest aber diskussionsfähigen Gesetzgebungsvorschlägen für die Bundesgesetzgebung im Bereich der ….
Der Kl könne nicht gegenüber Lehrern und Richtern benachteiligt werden, bei denen ein häusliches Arbei...