rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zolldienststellen sind keine Arzneimittelüberwachungsbehörden. Sie wirken lediglich bei der Überwachung des Verbringens von Arzneimitteln in den Geltungsbereich des AMG (Arzneimittelgesetzes) mit
Leitsatz (redaktionell)
1. Besteht für eine Ware ein Verbringungsverbot, ist die Annahme der Zollanmeldung abzulehnen.
2. Bei der Überwachung der Einfuhr von Arzneimitteln wirken die Zolldienststellen lediglich in der Weise mit, dass sie die zuständige Überwachungsbehörde einzuschalten haben, wenn der Verdacht eines Verstoßes gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften besteht. Sie sind nicht berechtigt, andere Entscheidungen als die Arzneimittelüberwachungsbehörde zu treffen oder arzneimittelrechtliche Sachverhalte eigenständig zu beurteilen.
3. Im Verfahren vor dem FG ist nur über die Rechtmäßigkeit des Handelns der Zollbehörden im Zusammenhang mit der Überwachung der Einfuhr von Arzneimitteln zu entscheiden, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Arzneimittelüberwachungsbehörden kann in diesem Zusammenhang nicht überprüft werden.
Normenkette
FGO § 33 Abs. 1 Nr. 1; ZK Art. 58; ZollVG § 7 Abs. 1 Nr. 3; AMG § 2 Abs. 1, §§ 73-74
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Beklagte (das Hauptzollamt) die vom Kläger eingeführten Waren zu Recht als Arzneimittel eingestuft und die Annahme der Zollanmeldung abgelehnt hat.
Die Deutsche Post AG hat am 15. April 2010 beim Zollamt X eine für den Kläger bestimmte Postsendung gestellt und hierfür eine Zollanmeldung abgegeben. Die aus den USA stammende Sendung enthielt drei Dosen mit je 60 Tabletten „Triple Action Virility Support” und drei Dosen mit je 60 Tabletten „Super Beta Prostate”.
Das Zollamt lehnte die Zollanmeldung zur Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr mit Bescheid vom 19. April 2010 ab, weil sie von der zuständigen Landesbehörde als Arzneimittel eingestuft wurden und deren Verbringen im Postverkehr deshalb verboten sei. Nach erfolglosem Einspruch erhob der Kläger gegen die Einspruchsentscheidung vom 3. Mai 2010 Klage, mit der er im Wesentlichen Folgendes geltend macht:
Bei den streitgegenständlichen Waren handele es sich um Nahrungsergänzungsmittel mit ausschließlich pflanzlichen Inhaltsstoffen, die sämtlich frei im innereuropäischen Handel verfügbar seien. Dies werde belegt durch andere rezeptfreie marktgängige Präparate, die ebenfalls Selen, L-Arginin oder β-Sitosterol enthielten. Die Präparate seien ausschließlich für seinen privaten Gebrauch bestimmt.
Der Kläger beantragt, das Hauptzollamt unter Aufhebung des Bescheids vom 19. April 2010 und der Einspruchsentscheidung vom 3. Mai 2010 zu verpflichten, der Zollanmeldung für die streitgegenständlichen Waren zu entsprechen.
Das Hauptzollamt beantragt, die Klage abzuweisen.
Es bringt vor, dass das Zollamt an die Einstufung der Präparate als Arzneimittel durch die Regierung der Oberpfalz gebunden sei. Von Privatpersonen dürften Arzneimittel nur im Reiseverkehr im üblicherweise zum Gebrauch während der Reise angemessenen Mengen eingeführt werden. Einfuhren über den Postweg seien davon nicht erfasst.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO).
Mit Beschluss vom 6. Juli 2010 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 FGO).
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Hauptzollamts und die im Verfahren eingereichten Schriftsätze hingewiesen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Klage ist zulässig.
Im Streitfall ist der Finanzrechtsweg nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO eröffnet, weil eine Abgabeangelegenheit i.S.v. § 33 Abs. 2 FGO vorliegt. Bei der Ablehnung der Zollabfertigung handelt es sich um eine Maßnahme der Bundesfinanzbehörden zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze, die mit einer abgabenrechtlichen Zollbehandlung bei der Einfuhr im Zusammenhang steht (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 28. Januar 1986 VII R 37/85, BStBl. II 1986, 410 und vom 5. Oktober 1999 VII R 88/98, ZfZ 2000, 163).
2. Die Klage ist aber unbegründet, denn das HZA hat die Annahme der Zollanmeldung für die streitgegenständlichen Produkte zu Recht abgelehnt.
a) Der Grundsatz des Art. 58 Abs. 1 Zollkodex (ZK), dass Waren ungeachtet ihrer Beschaffenheit, ihrer Menge, ihres Ursprungs, ihrer Herkunft oder ihres Bestimmungsorts jederzeit unter den festgelegten Voraussetzungen eine beliebige zollrechtliche Bestimmung erhalten können, steht gemäß Abs. 2 der Vorschrift Verboten oder Beschränkungen nicht entgegen, die aus Gründen (u.a.) der Gesundheit und des Lebens von Menschen gerechtfertigt sind. Verbote oder Beschränkungen im Sinne dieser Vorschrift können sich u.a. aus einzelstaatlichem Recht ergeben. Liegen sie bezüglich einer in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verbrachten Ware vor, ist die Annah...