rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ort der Leistung bei Vercharterung von Segelyachten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die geschäftsmäßige Vercharterung einer Segelyacht stellt keine Beförderungsleistung dar, da sie selbst keine räumliche Fortbewegung von Personen oder Gegenständen vornimmt. Vielmehr verpflichtet sie sich im Rahmen eines Leistungsaustausches, den Leistungsempfängern ihre Boote zu überlassen, um diesen die Möglichkeit einer selbstständigen Fortbewegung zu verschaffen.

2. Damit handelt es sich um eine sonstige Leistung i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3 Abs. 9 UStG. Der Ort dieser Leistung richtet sich nach § 3a Abs. 1 UStG. Danach wird eine sonstige Leistung grundsätzlich an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen oder eine Betriebsstätte betreibt – also im Streitfall im Inland.

 

Normenkette

AO § 125 Abs. 1, § 124 Abs. 3, § 118 S. 1, § 119 Abs. 1, § 157 Abs. 1 S. 2; UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 9, § 3a Abs. 3 S. 1

 

Tenor

1. Der Umsatzsteueränderungsbescheid vom 05. Oktober 2000 für 1998 und die Einspruchsentscheidung vom 27. April 2009 bezüglich der Umsatzsteuer 1998 werden aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zu 9/10 und der Beklagte zu 1/10.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Umsätze aus der Vercharterung von Segelyachten in Deutschland der Umsatzsteuer unterliegen.

In den Jahren 1993 bis 1999 war die Klägerin Eigentümerin der Segelyacht A mit Liegeplatz in der Türkei sowie ab 1995 Eigentümerin der Segelyacht B mit Liegeplatz in Dalmatien. Die Yacht in der Türkei vercharterte sie unter Einschaltung eines inländischen Vermittlers und die Yacht in Dalmatien mit Hilfe eines österreichischen Vermittlers. Im Mai 1998 wurde die Yacht A verkauft.

Für die Jahre 1995 und 1996 erklärte die Klägerin ausschließlich die Umsätze aus der Vercharterung der Yacht A, im Jahr 1997 wurden auch die Einnahmen aus der Vercharterung der Yacht B der Umsatzsteuer unterworfen. Für das Jahr 1998 gab die Klägerin mit ihrem Ehemann eine gemeinsame Umsatzsteuererklärung unter der Unternehmensbezeichnung „Yachtcharter, Freiberufliche Tätigkeit” ab, in der ausschließlich Umsätze von 12.056 DM aus einer freiberuflichen Tätigkeit des Ehemanns erklärt wurden.

Im Rahmen einer Außenprüfung für den Zeitraum 1996 bis 1998 und einer betriebsnahen Veranlagung für das Jahr 1995 kam das Finanzamt (FA) zu dem Ergebnis, dass der Eigenverbrauch für die Nutzung der Yachten der Umsatzsteuer zu unterwerfen sei. Das FA ging dabei für die Jahre 1996 bis 1998 von einer Eigennutzung von einer Woche aus. Mit Bescheid vom 6. Oktober 2000 setzte das FA gegenüber der Klägerin die Umsatzsteuer für 1995 auf 2.685 DM (1.372,82 EUR), mit Bescheid jeweils vom 5. Oktober 2000 die Umsatzsteuer für 1996 auf 2.702 DM (1.381,51 EUR) und die Umsatzsteuer für 1997 auf 1.461 DM (747,00 EUR) fest.

Mit Bescheid vom 3. Februar 2000 setzte das FA gegenüber dem Ehemann der Klägerin die Umsatzsteuer für 1998 auf 1.928 DM (985,77 EUR) fest und erfasste darin die von ihm getätigten Umsätze aus freiberuflicher Tätigkeit in Höhe von 12.056 DM. Mit an die Klägerin gerichteten Änderungsbescheid vom 5. Oktober 2000 berücksichtigte das FA Umsätze von 12.056 DM sowie einen Eigenverbrauch von 4.422 DM und setzte die Umsatzsteuer 1998 auf 2.636 DM (1.347,77 EUR) fest.

Im dagegen gerichteten Einspruchsverfahren nahm das FA eine nochmalige Prüfung des zugrunde liegenden Sachverhaltes vor. Dabei vertrat es die Auffassung, dass nicht nur die Umsätze aus der Vercharterung des in der Türkei liegenden Schiffes, sondern auch aus der Vercharterung des in Dalmatien liegenden Schiffes umsatzsteuerpflichtig seien, da der Ort der sonstigen Leistung am Unternehmenssitz der Klägerin im Inland liege. Nach vorheriger Ankündigung erhöhte das FA mit Entscheidung vom 27. April 2009 die Umsatzsteuer unter Änderung der bisherigen Steuerfestsetzung und setzte sie für 1995 auf 1.690,84 EUR, für 1996 auf 2.864,26 EUR, für 1997 auf 3.071,83 EUR und für 1998 auf 1.692,38 EUR fest.

Mit der hiergegen eingelegten Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass es sich bei den von ihr erbrachten Leistungen um Beförderungsleistungen handle, die nicht im Inland zu versteuern seien. Vielmehr würden die von ihr getätigten Leistungen dort ausgeführt, wo die Beförderung tatsächlich bewirkt werde.

Die Klägerin beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid 1995 vom 6. Oktober 2000 und die Umsatzsteuerbescheide 1996 bis 1998 jeweils vom 5. Oktober 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. April 2009 aufzuheben.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung. Ergänzend weist es darauf hin, dass die Kläger...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge