Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang des Einspruchs gegen einen Vermögensteuer-Neuveranlagungsbescheid. Vermögensteuer 1991

 

Tenor

1. Soweit die Einspruchsentscheidung vom 1.2.2000 den gegen die Vermögensteuer 1991 gerichteten Einspruch als unzulässig verwirft, wird sie aufgehoben.

2. Der Bescheid auf den 1.1.1990 über Vermögensteuer (Neuveranlagung) vom 15.9.1995 wird dahingehend geändert, dass die Vermögensteuer 1991 auf 0 DM herabgesetzt wird.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens

4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Gründe

I.

Der Kläger (Kl) ist von Beruf Literaturagent. Er ist jugoslawischer Staatsangehöriger und mit Frau Dr. … verheiratet. Beide wohnten 1991 (Streitjahr) nicht in Deutschland. In München besitzen sie zwei Eigentumswohnungen.

Mit Vertrag vom 29.5.1985 gründete der Kl die Fa. … (im Folgenden: P&R). London, eine sog. „Non-Resident-Limited Company”, deren Geschäfte (Vermittlung westlicher Literatur nach Osteuropa) der Kl überwiegend von München aus führte. Damals wohnte der Kl in München. Am 25.7.1990 wurden die Wohnung des Kl und die Büroräume in München von der Steuerfahndung durchsucht und die vorgefundenen Unterlagen beschlagnahmt. Zu diesem Zeitpunkt hielt sich der Kl gerade im Ausland auf und kehrte seitdem nicht wieder nach Deutschland zurück.

In den Fahndungsberichten für den Kl und die P&R vom 11.7.1994 (Prüfungszeitraum 1985–1989), auf die Bezug genommen wird, wurde der Kl und die P&R als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt. Die Anteile an der P&R wurden dem Kl zugerechnet.

Entsprechend den Ergebnissen der Fahndungsprüfung erteilte das FA u. a. mit Datum vom 15.9.1995 den Kl und seine Ehefrau betreffende Vermögensteuerbescheide auf den 1.1.1989 (Hauptveranlagung) und 1.1.1990 (Neuveranlagung). Der Neuveranlagungsbescheid auf den 1.1.1990 setzte die Vermögensteuer für die Jahre 1990–1992 auf jeweils 6.660 DM fest. Gegen diesen Bescheid legte der Kl mit Schreiben vom 9.10.1995 (Vermögensteuer-Akte 1.1.1987, Bl 3) Einspruch ein. Begründet wurde der Einspruch damit, dass die persönlichen Steuerschulden des Kl nicht in Abzug gebracht worden seien.

Nachdem das FA die Ansicht vertreten hatte (siehe Aktenvermerk vom 14.10.1999 und Schreiben vom 9.11.1999), dass der Kl mit dem Schreiben vom 9.10.1995 nur gegen den Vermögensteuerbescheid zum 1.1.1990, nicht aber gegen die „Vermögensteuerbescheide zum 1.1.1991 und 1.1.1992” Einspruch eingelegt habe, legte der steuerliche Vertreter mit Schreiben vom 2.11.1999 (VSt-Akte 1.1.1990, Bl 15) vorsorglich gegen den „Vermögensteuerbescheid auf den 1.1.1991 vom 15.9.1995” Einspruch ein. Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lehnte das FA mit Schreiben vom 9.11.1999 ab.

Entsprechend einem weiteren Aktenvermerk vom 14.10.1999 (VSt-Akte 1992, Bl 1), in dem das FA davon ausging, dass der Kl und seine Ehefrau ihre auf inländischen Konten vorhandenen Gelder bereits im Sommer 1990 ins Ausland transferiert hatten, die Anteile des Kl an der P&R mangels Geschäftsleitung im Inland nicht mehr anzusetzen und Steuerschulden in Höhe von 850.780 DM zu berücksichtigen seien, veranlagte das FA die Vermögensteuer 1992 mit Bescheid vom 28.10.1999 neu. Die Vermögensteuer 1992 wurde dadurch auf 0 DM herabgesetzt. Die entsprechende Behandlung der Vermögensteuer 1991 scheiterte nach Rechtsauffassung des FA am Ablauf der Festsetzungsfrist.

Mit der Einspruchsentscheidung (EE) vom 1.2.2000 wies das FA den „Einspruch vom 2.11.1999” als unzulässig (verspätet) zurück. Im übrigen wiederholte es seine Ansicht, dass der mit Schreiben vom 9.10.1995 eingelegte Einspruch nicht als Einspruch gegen den „Vermögensteuerbescheid auf den 1.1.1991” gewertet werden könne.

Mit der Klage wird vorgetragen, dass sich der Einspruch vom 15.9.1995 auch auf die Vermögensteuer 1991 erstreckt habe. Entsprechend der Neuveranlagung auf den 1.1.1992 sei die Vermögensteuer auf 0 DM herabzusetzen.

Der Kl beantragt sinngemäß,

  1. die EE vom 1.2.2000, soweit sie den Einspruch gegen den Vermögensteuerbescheid auf den 1.1.1991 als unzulässig verwarf, aufzuheben und
  2. den Bescheid auf den 1.1.1990 über Vermögensteuer (Neuveranlagung) vom 15.9.1995 dahingehend zu ändern, dass die Vermögensteuer 1991 auf 0 DM herabgesetzt wird.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Unstreitig ist, dass das steuerpflichtige Vermögen des Kl und seiner Ehefrau in Deutschland zum 1.1.1991 0 DM beträgt.

Mit Beschluss des Senats vom 4.5.2000 wurde dem Antrag des Kl auf Aussetzung der Vollziehung des Bescheides auf den 1.1.1990 über Vermögensteuer vom 15.9.1995 hinsichtlich der Vermögensteuer 1991 stattgegeben.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

II.

Die Klage ist begründet. Das FA hat den Einspruch des Kl gegen den Vermögensteuerbescheid a...

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