rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Beginn der Festsetzungsverjährung für nachzuerhebende Grunderwerbsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

Die in § 16a Satz 2 GrEStG Bayern vorgesehene Anlaufhemmung für den Beginn der Festsetzungsverjährung hat im Rahmen der Nacherhebung von Grunderwerbsteuer in Höhe des bisher (vorläufig) freigestellten Teils der Gegenleistung nur dann eine Berechtigung, wenn der zur teilweisen (vorläufigen) Freistellung führende Zweck vor Fristablauf aufgegeben wird, ohne dass das FA hiervon Kenntnis erhält, nicht jedoch für die Fälle, in denen das FA nach Ablauf des Zehn-Jahres-Zeitraums innerhalb der regulären vierjährigen Überwachungsfrist untätig bleibt bzw. aus bekannten Umständen keine Folgerungen zieht.

 

Normenkette

GrEStG Bayern § 16a; GrESWG Bayern Art. 1 Nr. 1a; GrESWDB Art. 13 Abs. 1; AO 1977 § 169 Abs. 1 S. 1, § 170 Abs. 1

 

Gründe

I.

Streitig ist, ob hinsichtlich eines Grunderwerbsteuernacherhebungsanspruchs Festsetzungsverjährung eingetreten ist.

Mit notariellem Vertrag vom 14.1.1981 (Bl. 9 FA-Akte) erwarben die Kläger eine ca. 810 qm große Teilfläche aus dem Grundstück FlNr. … in der Gemarkung … zum Zwecke der Bebauung zum Festpreis von 120.000 DM.

Antragsgemäß stellte der Beklagte (Finanzamt = FA) den Erwerb mit vorläufigen Freistellungsbescheiden vom 6.4.1981 (Bl. 4 und 7 FA-Akte) nach Art. 1 Nr. 1 a GrESWG teilweise von der Grunderwerbsteuer frei. In den Bescheiden wurde u. a. ausdrücklich auf die Verpflichtung hingewiesen, dem FA unverzüglich (binnen zwei Wochen) Anzeige zu erstatten, wenn bei Ablauf der Zehn-Jahresfrist der begünstigte Zweck noch nicht herbeigeführt ist.

Eine Anfrage des FA vom 7.11.1994 (Bl. 22 FA-Akte) über eine Bebauung blieb unbeantwortet. Am 16.9.1996 stellte das FA fest, dass mit der Wohnbebauung erst nach Ablauf der Zehn-Jahresfrist im Jahre 1992 begonnen werden war das errichtete Einfamilienhaus war am 1.5.1993 fertiggestellt worden (Bl. 21, 22 und 23 FA-Akte).

Mit Grunderwerbsteuerbescheiden vom 30.9.1996 (Bl. 1 und 2 FA-Akte) erhob das FA bei den Klägern hinsichtlich des vorläufig freigestellten Teils der Gegenleistung (67.920 DM) jeweils 2.377,20 DM Grunderwerbsteuer nach und setzte zugleich einen Nacherhebungszuschlag nach Art. 4 Abs. 4 GrESWG in Höhe von je 237,70 DM fest.

Mit ihren Einsprüchen machten die Kläger geltend dass bereits am 31.12.1995 Festsetzungsverjährung eingetreten sei Zudem sei die Nichtverwirklichung des begünstigten Zwecks bereits bei einer Betriebsprüfung für die Jahre 1991 bis 1993 bekannt geworden. Die Einsprüche hatten keinen Erfolg. Auf die Einspruchsentscheidungen vom 16.2.1998 (Bl. 44 und 50 FA-Akte) wird vorab Bezug genommen. Das FA verwies darauf, dass nach § 16 a GrEStG wegen Nichtabgabe der vorgeschriebenen Anzeige die Festsetzungsverjährung hinsichtlich der nach Ablauf der Zehn-Jahresfrist entstandenen Nacherhebungssteuer noch nicht abgelaufen sei. Die Betriebsprüfung habe sich nicht auf die Grunderwerbsteuer erstreckt, die Grunderwerbsteuerstelle des FA habe keinen Auszug aus dem Betriebsprüfungsbericht erhalten.

Mit ihrer Klage beantragen die Kläger sinngemäß, die angefochtenen Nacherhebungsbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidungen ersatzlos aufzuheben.

Sie halten daran fest, dass die Festsetzungsfrist am 1.1.1992 zu laufen begonnen habe und damit am 31.12.1995 geendet habe. Außerdem sei die nicht fristgemäße Erfüllung des begünstigten Zwecks dem FA aufgrund der Betriebsprüfung bekannt gewesen, die Bewertungs- und die Schenkungsteuerstelle hätten Kontrollmitteilungen erhalten.

Das FA beantragt unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung, die Klage abzuweisen.

Ergänzend verweist es darauf, dass die Grunderwerbsteuerstelle keine Kontrollmitteilung der Betriebsprüfungsstelle erhalten habe.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

II.

Die Klage ist begründet.

Die vorläufige Freistellung eines Erwerbs nach Art. 1 Nr. 1 a GrESWG hat nach der ständigen BFH-Rechtsprechung (vgl. BFH-Beschluss vom 18.12.1991 II B 91/91, BFH/NV 1992, 771), der sich der Senat stets angeschlossen hat und von der abzuweichen er auch in der Streitsache keinen Anlass sieht. Tatbestandswirkung dahingehend, dass sowohl die Entstehung der Grunderwerbsteuer als auch die Überprüfung für die materiell endgültige Steuerbefreiung hinausgeschoben wird. Ist das erworbene Grundstück nicht innerhalb von zehn Jahren zu dem begünstigten Zweck verwendet worden, so unterliegt mit Ablauf von zehn Jahren der Erwerb der Grunderwerbsteuer. Zu diesem Zeitpunkt entsteht die Nacherhebungssteuer und das FA darf und muss nun prüfen, ob ein Nacherhebungstatbestand verwirklicht ist, die umfassende rechtliche Überprüfung ist bis zu diesem Zeitpunkt hinausgeschoben (vgl. BFH-Urteil vom 22.7.1987 II R 172/85, BFH/NV 1989, 254).

Mit der Entstehung der Nacherhebungssteuer beginnt regelmäßig die Festsetzungsfrist (vgl. BFH-Urteile vom 19.7.1995 II R 38/92, BFH/NV 1996, 352 und vom 12.6.1996 II R 3/93, BStBl ...

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