Entscheidungsstichwort (Thema)
Beifahrer als Einfuhrabgabenschuldner. Einfuhrumsatzsteuer
Leitsatz (redaktionell)
Ein Beifahrer, der für die Einfuhr einer gewerblichen Ware verantwortlich ist, wird bei unterlassener Spontananmeldung wegen vorschriftswidrigen Verbringens Zollschuldner nach Art. 202 ZK.
Normenkette
ZK Art. 202; ZKDV Art. 230-234; UStG § 1 Abs. 1 Nr. 4, § 13 Abs. 2, § 21 Abs. 2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Kläger Einfuhrumsatzsteuer – EUSt – schuldet, die auf Grund fehlender Zollanmeldung entstanden ist.
Der Kläger ist am 3. Juli 2001 als Beifahrer mit dem Fahrer … P. aus der Tschechischen Republik nach Deutschland über das Zollamt Schirnding-Landstraße (ZA) eingereist. Auf Befragen des Abfertigungsbeamten nach mitgebrachten Waren meldete Pelon eine Schachtel Zigaretten und der Kläger nichts an. Bei der anschließenden Überprüfung des Fahrzeugs wurde ein mit verschmutzten Lappen verdecktes Buch gefunden. Es handelte sich – wie bereits durch einen Informanten bekannt gegeben – um ein aus einem polnischen Museum gestohlenes antiquarisches Buch, nämlich ein sog. Stadtbuch der schlesischen Stadt Habelschwerdt in der Grafschaft Glatz, in dem Rechtsgeschäfte zwischen der Stadt und Bürgern aus dem Zeitraum von 1398 bis 1497 durch den Stadtrat protokolliert wurden. Das Strafurteil des Amtsgerichts Hof (Az. 9 Ls 15 Js 8857/01) vom 5. November 2001 stellte hierzu fest, dass der Kläger und P. einen Lohn von 500 DM erhalten sollten, wenn sie das Buch im Auftrag des … K. nach Deutschland einschmuggelten.
Daraufhin forderte das HZA mit Steuerbescheid vom 27. Juli 2001 EUSt in Höhe von 3.500 DM vom Kläger als Gesamtschuldner mit P. an.
Nach erfolglosem Einspruch erhob der Kläger gegen die Einspruchsentscheidung vom 27. Februar 2002 Klage, mit der er geltend macht, dass er als Beifahrer nicht EUSt-Schuldner geworden sei. Er habe an dem Buch keinerlei Eigentums- oder Besitzrechte gehabt.
Der Kläger beantragt,
den Steuerbescheid vom 27. Juli 2001 und die EE aufzuheben.
Das Hauptzollamt beantragt
Klageabweisung
und bezieht sich im Wesentlichen auf die Ausführungen in der EE.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die HZA-Akten, das Urteil des Amtsgerichts Hof (Az. 9 Ls 15 Js 8857/01) und die im Verfahren gewechselten Schriftsätze hingewiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage hat keinen Erfolg.
Das HZA hat zu Recht vom Kläger mit Steuerbescheid vom 27. Juli 2001 EUSt in Höhe von 3.500,– DM angefordert. Diese Einfuhrabgaben sind in der Person des Klägers entstanden.
Die EUSt für das str. Buch ist auf Grund vorschriftswidrigen Verbringens entstanden (Art. 202 Abs. 1 der VO Nr. 2913/92 (Zollkodex –ZK–) in Verbindung mit §§ 13 Abs. 2 und 21 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz –UStG–).
Nach Art. 234 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2454/93 (Zollkodex-Durchführungsverordnung – ZK-DVO) gelten Waren, für die keine Spontananmeldung bei der Einreise abgegeben wird, als vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft und damit in das Inland i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG verbracht, wenn die Voraussetzungen für die vereinfachte Anmeldung nicht erfüllt sind. Da es sich bei dem str. Buch sowohl um eine abgabenpflichtige (über der Reisefreigrenze von 200 DM gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 7 der Verordnung über die Eingangsabgabenfreiheit von Waren im persönlichen Gepäck des Reisenden i.d.F. der 8. ÄndVO, BGBl 2000 I S. 1006) als auch um eine Ware zu kommerziellen Zwecken handelte (Art. 230 bis 232 ZK-DVO), hätte es beim Zoll ohne Aufforderung angemeldet werden müssen (Art. 48, 59 ZK; Art. 201, 202 ZK-DVO).
Werden Waren vorschriftswidrig eingeführt, werden gemäß Art. 202 Abs. 3 ZK i.V.m. § 21
Abs. 2 UStG Abgabenschuldner
- die Person, welche die Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht hat;
- die Personen, die an diesem Verbringen beteiligt waren, obwohl sie wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen, dass sie damit vorschriftswidrig handeln;
- die Personen, welche die betreffende Ware erworben oder im Besitz gehabt haben, obwohl sie im Zeitpunkt des Erwerbs oder Erhalts der Ware wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen, dass diese vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht worden war.
Gemäß Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 4. März 2004 in der Rs. C-238 und 246/02 (Schwarz-Wockenfoth, Zollrecht, 3. Aufl., E 1988) gilt die Anmeldepflicht, die den Fahrer trifft, für alle anderen sich im Fahrzeug befindenden Personen, wenn nachgewiesen ist, dass sie hinsichtlich der Verbringung der Waren Verantwortung trägt. Der Senat bezieht sich insoweit (vgl. BFH-Beschluss vom 19. Februar 2004 VII B 260/03, Schwarz-Wockenfoth, a.a.O., E 4864) auf die Feststellungen im Strafurteil des Amtsgerichts Hof gegen den Kläger, wonach der Kläger selbst das Buch vorschriftswidrig eingeführt hat. Er war nach diesen Feststellung in erster Linie für das Einschmuggeln des...