Entscheidungsstichwort (Thema)
Bekanntgabe eines Steuerbescheids bei Erteilung einer Vollmacht
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird der Steuerbescheid statt dem empfangsbevollmächtigten Steuerberater dem Steuerpflichtigen persönlich bekanntgegeben, genügt es für die Heilung des Bekanntgabemangels, dass der Bescheid in der Kanzlei des Steuerberaters eingeht. Es ist nicht erforderlich, dass der Steuerberater den Bescheid zur Kenntnis nimmt.
2. Rein technische Fragen im Zusammenhang mit dem Abruf der Vollmacht aus der Vollmachtsdatenbank berechtigen das Finanzamt nicht dazu, eine von der Vollmacht umfasste Steuerfestsetzung anstelle des Bevollmächtigten dem Steuerpflichtigen selbst bekanntzugeben, wenn sich aus der Steuerakte ergibt, dass die Vollmacht dem Finanzamt vorgelegen hat.
Normenkette
AO § 122 Abs. 1 Sätze 3-4, § 80a
Nachgehend
Tenor
1. Unter Änderung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 27. Juni 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. November 2019 wird die festgesetzte Grunderwerbsteuer auf 18.935 EUR herabgesetzt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob das beklagte Finanzamt (FA) zu Recht die Änderung eines Grunderwerbsteuerbescheids abgelehnt hat.
Der Kläger erwarb aufgrund notariellen Kaufvertrags vom …. 2018 (UrNr. …..) von Herrn … (im Folgenden: Verkäufer) das Alleineigentum an dem Grundvermögen in …, …str. … (FlurNr. …). Das Grundvermögen war u.a. belastet mit einem (in Abteilung II des im Grundbuch eingetragenen) Wohnungsrecht für Frau … (im Folgenden: X). Der Kaufpreis betrug insgesamt 550.000 EUR und beinhaltete u.a. eine Photovoltaikanlage im Wert von 9.000 EUR. X unterzeichnete eine Löschungsbewilligung betreffend das o.g. Wohnrecht und eine (damit korrespondierende) Sicherungshypothek unter der Auflage einer Zahlung i.H.v. 48.572,73 EUR (vgl. Ziffer I Nr. 2 Buchstabe b des o.g. Notarvertrags). Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Kaufvertrag vom … 2018 (UrNr. …) verwiesen. In der Folgezeit (konkret am 29. Juni 2018) bezahlte der Kläger an X den Betrag i.H.v. 48.572,73 EUR und weitere Beträge i.H.v. 47.000 EUR, 440.427,27 (jeweils am 29. Juni 2019) und 14.000 EUR (am 2. Juli 2018) an den Verkäufer. Die Gesamtzahlungen des Käufers im Zusammenhang mit dem Erwerb des o.g. Grundvermögens beliefen sich mithin auf 550.000 EUR.
Am 20. Juni 2017 übermittelte der steuerliche Vertreter des Klägers, der auch Prozessbevollmächtigter in diesem Klageverfahren ist, an das FA eine vom Kläger am 28. Juli 2015 unterschriebene Bekanntgabevollmacht, die auch die Grunderwerbsteuer (GrESt) erfasst. Diese Bekanntgabevollmacht, auf die wegen der näheren Einzelheiten verwiesen wird, beinhaltete neben der Steueridentifikationsnummer des Klägers auch dessen (die Einkommensteuer –ESt– betreffende) Steuernummer. Diese Vollmacht, die alle Steuerarten umfasste, war – nach Aktenlage (vgl. den in der GrESt-Akte auf Blatt 3 befindlichen Ausdruck) – in der Vollmachtsdatenbank des FA seit dem 20. Juni 2017 hinterlegt.
Mit Bescheid vom 27. Juni 2018 setzte das FA Grunderwerbsteuer i.H.v. 20.635 EUR fest. Hierbei ging das FA von einer Bemessungsgrundlage i.H.v. 589.572 EUR aus, indem es die Gegenleistung des Klägers aus dem o.g. Kauvertrag vom … 2018 (UrNr. …) aus einem Kaufpreis i.H.v. 550.000 EUR zzgl. der Zahlung an HV i.H.v. 48.572,73 EUR und abzüglich der Photovoltaikanlage im Wert von 9.000 EUR ermittelte. Dieser Bescheid – wurde entgegen der beim FA in der Vollmachtsdatenbank hinterlegten Bekanntgabevollmacht – an den Kläger selbst und nicht an dessen steuerlichen Vertreter bekanntgegeben und enthielt keine Nebenbestimmungen i.S.d. §§ 164,165 der Abgabenordnung (AO).
Mit Schriftsatz vom 12. September 2019 teilte der Empfangsbevollmächtigte des Klägers, der Prozessbevollmächtigte, dem FA mit, dass er am 9. September 2019 den streitgegenständlichen Grunderwerbsteuerbescheid vom 27. Juni 2018 vom Kläger ausgehändigt erhalten habe, beantragte die Abänderung des o.g. Bescheids und legte „hilfsweise” Einspruch ein.
Gegen den Bescheid vom 17. September 2019, mit dem das FA die beantragte Änderung ablehnte, legte der Kläger mit Schriftsatz vom 24. September 2019 Einspruch ein, den das FA mit Einspruchsentscheidung vom 20. November 2019 als unbegründet zurückwies.
Den (mit Schriftsatz vom 12. September 2019 eingelegten) Einspruch des Klägers gegen den Grunderwerbsteuerbescheid vom 27. Juni 2018 verwarf das FA mit (weiterer) Einspruchsentscheidung vom 20. November 2019 als unzulässig.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner fristgerecht am 20. Dezember 2019 bei Gericht eingegangenen Klage, zu deren Begründung der Kläger im Wesentlichen vorträgt, dass aufgrund unzutre...