Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaftsteuer
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob die testamentarische Anordnung der Erhöhung einer vertraglich vereinbarten lebenslänglichen Leibrente ein Vermächtnis darstellt.
I.
Die am 10. April 1990 … verstorbene Erblasserin (Erblin) … ordnete mit privatschriftlichem Testament vom 7. März 1986 u. a. an, daß für den Fall, daß die Klägerin (Klin) noch lebt, diese außer der vertraglichen Leibrente monatlich einen Betrag von 2.000 DM erhält bis an ihr Lebensende (s. Bl. 32/FA-Akte). Die Klin ist am 25. November 1906 geboren.
Mit Steuerbescheid vom 20. Juli 1994 (Bl. 57/FA) setzte der Beklagte, das Finanzamt (FA), die Erbschaftsteuer (ErbSt) wie folgt fest:
Gesamterwerb |
94.896 DM |
./. Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 5 Erbschaftsteuergesetz –ErbStG–) |
3.000 DM |
steuerpflichtiger Erwerb |
91.800 DM |
Steuersatz: 27 % (Steuerklasse IV) = |
22.032 DM ErbSt |
Die Besteuerungsgrundlage errechnete das FA aus dem Kapitalwert der lebenslänglichen Rente (Jahreswert 24.000 DM × 3,954 Vervielfältiger) gemäß Anlage 9 zu § 14 Bewertungsgesetz (BewG).
Im Einspruchsverfahren brachte die Klin vor, daß sie 1961 ihr damaliges Anwesen … an Herrn … (s. Bl. 52 ff/FG) auf Leibrentenbasis verkauft habe. Den Leibrentenvertrag habe 1962 die Erbin übernommen. Die Leibrente sei entgegen jeglicher üblicher notariellen Form ohne Indexklausel auf 900 DM vereinbart worden, so daß sie bis an ihr Lebensende nur eine statische Leibrente in dieser Höhe bekommen hätte und die Erbin habe deshalb bereits zu Lebzeiten die Klin gelegentlich unterstützt, da diese zeitweilig Sozialhilfe und Wohngeld in Anspruch nehmen mußte. Um diesen unerträglichen Zustand nicht über ihren Tod hinaus bestehen zu lassen, habe die Erblin aus einer sittlichen Verpflichtung heraus in ihrem Testament verfügt, daß die Leibrente auf den zumindest angemessenen Betrag von insgesamt 2.900 DM zu erhöhen sei. Nach dem Willen der Erblin sei die Zuwendung an die Klin erfolgt, um die Ungerechtigkeit in der Vergangenheit durch die Nichtindizierung der Leibrente auszugleichen. Eine „Schenkung” liege somit nicht vor.
Der Einspruch blieb erfolglos (s. Einspruchsentscheidung –EE– vom 28. Oktober 1994 – Bl. 79/FA).
Mit der Klage trägt die Klin vor, daß wegen eines früheren Verzichts von ihr auf die dingliche Sicherung der Leibrente durch Nießbrauch oder Hypothek die Klin ihr zum Ausgleich eine über die bisher zugedachte Leibrente hinausgehende Sicherheit zugesagt habe, so daß die testamentarische Anordnung nur noch der Vollzug dieser Verpflichtungserklärung sei. Eine Einsicht in das Grundbuch habe zwar insoweit nichts ergeben (s. Bl. 36/FG), jedoch hätte die Klin jederzeit gegen die Erblin einen Rechtsanspruch auf Erhöhung der Leibrente wegen des zwischenzeitlichen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gehabt/Dem habe die Erblin durch ihr Vermächtnis entsprochen, se daß ein steuerpflichtiger Erwerb entfalle.
Nunmehr trägt die Klin vor, daß sie am 25. Oktober 1961 ihr damaliges Anwesen … an Herrn X. für einen Kaufpreis von 40.000 DM, sowie einem auf Lebensdauer eingeräumten lebenslänglichen Wohnrecht in einer 4-Zimmer-Wohnung und einem 2-Zimmer-Appartement neben einer monatlichen Reallast von 500 DM verkauft habe.
Mit Kaufvertrag vom 10. August 1962 (Bl. 67 ff/FG) hatte Herr X. das Anwesen an die … Y – GmbH & Co., vertreten durch die alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin, die Erblin, veräußert.
Diese vereinbarte am 27. Januar 1967 mit der Klin ein anderes Wohnrecht in dem Gebäude, wobei neben den 500 DM der Klin eine Miete von 900 DM monatlich bei Nichtausübung des Wohnrechts zustand.
Am 7. Juni 1968 (s. Bl. 82 ff/FG) erfolgte die Löschung der Reallast in Höhe von 500 DM wegen der Bezugsfertigkeit der Wohnungen (s. Bl. 90/FG), an denen die Klin ein Wohnrecht erhalten hatte. Das Anwesen … habe als Betriebsgrundstück der der Erblin gehörenden Heim- und Wohnungsbaugesellschaft zu deren Nachlaß gehört und sei testamentarisch auf deren Schwester übertragen worden.
Die Klin beantragt,
den ErbSt-Bescheid vom 28. Juli 1994 in Gestalt der EE vom 9. Januar 1995 aufzuheben.
Das FA beantragt Klageabweisung. Aus den nunmehr vorgelegten Verträgen ergebe sich, daß eine über die bisher zugedachte „Leibrente” hinausgehende Sicherheit nicht vereinbart worden sei, so daß die Zuwendung der 2.000 DM monatlich ohne rechtliche Verpflichtung erfolgt sei.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
Die von der Erblin getroffene testamentarische Anordnung ist ein Vermächtnis, weil es sich um eine durch Testament (§ 1919 Bürgerliches Gesetzbuch –BGB–) erfolgte Einzel Zuwendung eines Vermögensvorteils von Todes wegen handelt. Voraussetzung für die Steuerpflicht eines solchen Erwerbs ist weder ein Bereicherungswille des Erbl noch eine objektive Bereicherung des Vermächtnisnehmers.
Der Anfall eines Vermächtnisses unterliegt nur ausnahmsweise nicht der ErbSt, wenn dem Erwerber letztlich etwas zugesprochen wird, worauf er bereits ohne...