Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschränkung der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG nur auf inländische Gebietskörperschaften nicht unionsrechtswidrig
Leitsatz (redaktionell)
1. Dass die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG grundsätzlich nur für inländische Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden sowie Gemeindeverbände), nicht aber für ausländische Gebietskörperschaften (im Urteilsfall: österreichsche Gemeinde) gilt, es sei denn, es ist in Doppelbesteuerungsabkommen (vgl. etwa Art. 10 Abs. 2 DBA USA) oder anderen völkerrechtlichen Vereinbarungen etwas anderes geregelt, verstößt nicht gegen Unionsrecht wie z. B. die in Art. 63 Abs. 1 AEUV geregelte Kapitalverkehrsfreiheit.
2. Nicht nach § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG steuerbefreit sind Zuwendungen an Zusammenschlüsse oder Verbände von Gebietskörperschaften, die wirtschaftliche Zwecke verfolgen (z. B. Abfallentsorgungsverband) oder andere Körperschaften des öffentlichen Rechts (z. B. Handelskammern, Handwerkskammern) sowie aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit Zuwendungen an wirtschaftlich tätige Unternehmen der genannten Körperschaften.
3. Dass die Vorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG inländische Gemeinden gegenüber ausländischen Gemeinden bevorzugt, ist eine nach Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV aus Gründen des Gemeinwohls erlaubte Ungleichbehandlung und keine Diskriminierung im Sinne des Art. 65 Abs. 3 AEUV.
Normenkette
ErbStG § 13 Abs. 1 Nr. 15; AEUV Art. 63 Abs. 1, Art. 65 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3, Art. 54 Abs. 2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Erbschaftsteuer.
Die Klägerin, eine österreichische Gemeinde, ist (neben Herrn ….) ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts X vom 16. November 2017 hälftiger Miterbe nach der am …. verstorbenen Frau G (im Folgenden: Erblasserin).
Ausgehend von der von der Klägerin eingereichten Erbschaftsteuererklärung, die dem beklagten Finanzamt (im Folgenden: FA) am 15. Juni 2020 zugegangen ist, setzte das FA mit Bescheid vom 15. Juli 2020, geändert am 22. Juli 2020 unter Berufung auf § 129 der Abgabenordnung (AO), Erbschaftsteuer i.H.v. (zuletzt) 111.540 EUR fest; dieser Bescheid erging vorläufig nach § 165 Abs. 1 AO. Der Auffassung der Klägerin, dass die Steuerbefreiungsvorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 15 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) analog anwendbar sei, folgte das FA nicht.
Mit Schreiben vom 17. August 2020 legte die Klägerin gegen die beiden o.g. Steuerbescheide vom 15. und 22. Juli 2020 Einspruch ein. Nach Auffassung der Klägerin sei die Steuerbefreiungsvorschrift § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG europarechtswidrig. So liege ein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit vor (vgl. Art. 63 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV –). Mit Einspruchsentscheidung vom 21. Januar 2021 wies das FA die Einsprüche gegen die Erbschaftsteuerbescheide vom 15. und 22. Juli 2020 als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die am 1. Februar 2021 bei Gericht eingegangene Klage, zu deren Begründung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen wird: Die Steuerbefreiungsvorschrift § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG verstoße gegen die Kapitalverkehrsfreiheit. Die streitgegenständliche Erbschaftbesteuerung sei ein Vorgang, die unter die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV falle und nicht nach Art. 65 Abs. 1 und 3 AEUV gerechtfertigt sei.
Die Klägerin beantragt,
den Erbschaftsteuerbescheid vom 15. Juli 2020 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 22. Juli 2020 und der Einspruchsentscheidung vom 21. Januar 2021 aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA verweist zur Klageerwiderung auf die Einspruchsentscheidung und den Wortlaut des § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG, wonach nur inländische Gebietskörperschaften von der Erbschaftsteuer befreit sind.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird gem. § 105 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Erbschaftsteuerakte des FA und die Gerichtsakte Bezug genommen.
Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).
Entscheidungsgründe
II.
1.) Die Klage ist zulässig, da fristgerecht erhoben.
2.) Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Erbschaftsteuerbescheid vom 15. Juli 2020 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 22. Juli 2020 und der Einspruchsentscheidung vom 21. Januar 2021 ist rechtmäßig und die Klägerin wird hierdurch nicht in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das FA hat sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht die Erbschaftsteuer festgesetzt.
a) Der Erbschaftsteuer unterliegt der Erwerb von Todes wegen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Als Erwerb von Todes wegen gilt gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Erwerb durch Erbanfall (§ 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuchs –BGB–) als auch der Erwerb aufgrund Vermächtnisses im Sin...