Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1989, 1990. Umsatzsteuer 1989, 1990
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob dem Kläger (Kl) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Klagefrist zu gewähren ist und die Einkommensteuer –ESt– und Umsatzsteuer – USt– Bescheide 1989 und 1990 vom 11. Februar 1993 deshalb rechtswidrig sind, weil eine Außenprüfung nach Lage der Akten ohne Schlußbesprechung durchgeführt worden ist und der Verdacht der Steuerverkürzung wegen Autoverkäufen 1989 und 1990 durch das Urteil des Landgerichts M. beseitigt worden ist.
Der Kl wurde beim Beklagten (dem Finanzamt –FA–) als Unternehmensberater veranlagt. Für die Streitjahre wurden die Angaben des Kl in den entsprechenden Steuererklärungen vom FA übernommen. Nach Durchführung einer betriebsnahen Veranlagung wurde der Gewinn 1989 um 56.681 DM und der Gewinn 1990 um 29.323 DM erhöht. Die Erhöhung beruhte auf der Auswertung von Mitteilungen der Finanzämter M. und M.. Die Mitteilungen nahm das FA zum Anlaß, bei den Einnahmen Sicherheitszuschläge vorzunehmen.
In den Bescheiden vom 11. Februar 1993 wurde die USt 1989, 1990, die ESt 1989 und 1990 auf DM 13.892, DM 5.926, DM 19.381 und DM 7.440 festgesetzt.
Der dagegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg. Der Kl hatte keine Begründung eingereicht.
Die Einspruchsentscheidung –EE– vom 24. August 1993 wurde mit Postzustellungsurkunde (PZU) am 25. August 1993 bei der Postanstalt niedergelegt. In den Briefkasten wurde lt. Angaben des Zustellers ein Benachrichtungsschein eingelegt.
Am 5. Mai 1994 erhielt der Kl-Vertreter im Zusammenhang mit einem gegen den Kl eingeleiteten Strafverfahren beim Amtsgericht M. Akteneinsicht. Aus den Akten erfuhr der Kl-Vertreter, daß bereits am 25. August 1993 eine ablehnende EE dem Kl per Niederlegung zugestellt worden war.
Mit der Klage vom 16. Mai 1994, eingegangen beim Finanzgericht am 18. Mai 1994, wurde als Anlage 7 Grenzdokument/Visa und Rechnungsdokument vorgelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Der Kl habe sich mit seiner Ehefrau vom 2. August bis zum 30. August 1993 in Bulgarien aufgehalten.
Als er aus dem Urlaub nach Hause gekommen sei, habe er einen vollen Hausbriefkasten und einen Berg von allerlei Post im Wohnungsflur vorgefunden. Nicht mehr feststellbar sei, wer den Briefkasten geleert habe und die Post vorsortiert habe. Weder der Kl noch seine Ehefrau – nur diese Personen kämen in Frage – hätten den Benachrichtigungsschein vorgefunden. Dem Kl und seiner Ehefrau sei nur noch erinnerlich, daß die gesamte Post von den Reklamesendungen sowie Zeitungen und Zeitschriften getrennt worden sei. Die Reklame sei sofort weggeworfen worden. Die übrige Post sei am nächsten Tag sortiert worden. Der Kl und seine Ehefrau seien von der Reise ermüdet gewesen. Es sei nicht ausschließbar, daß der Benachrichtigungsschein in der Reklame gesteckt habe und mit dieser weggeworfen worden sei.
Der Kl habe nicht fahrlässig gehandelt, da er die ihm zugegangene Post nicht völlig unbeachtet gelassen habe. Notwendig sei nicht die äußerste Sorgfalt, sondern ein gewissenhaftes und sachgemäßes Handeln. Dieses erschöpfe sich in der Entgegennahme und Durchsicht der zugegangenen Post. Die Regelung des § 56 Finanzgerichtsordnung –FGO– sei so auszulegen, daß eine Entscheidung über die materielle Rechtslage möglich werde (vgl. Finanzgericht Köln Urteil vom 10. September 1991, 8 K 1038/91, EFG 1994, 183).
Da materiell unstreitig feststehe, daß der Kl keine Einnahmen verkürzt habe (vgl. das Urteil des Landgerichts M. vom 9.8.1994, Bl. 135 der FG-Akte) müßten die Bescheide geändert werden. Auf den Schriftsatz des Kl-Vertreters vom 16. Mai 1994 wird Bezug genommen.
Der Kl beantragt,
die USt- und ESt-Bescheide 1989 und 1990 vom 11. Februar 1993 in Gestalt der EE vom 24. August 1993 so zu ändern, daß die USt 1989 auf DM 0, die USt 1990 auf DM 0, die ESt 1989 auf DM 570 und die ESt 1990 auf DM 184 festgesetzt wird.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Gerade bei einer größeren Menge an Post, die sich nach einem vierwöchigen Urlaub angesammelt habe, sei davon auszugehen, daß diese genauer überprüft werden müsse, damit wichtige Schreiben nicht verloren gingen. Die Tatsache, daß der Kl und seine Ehefrau bei Rückkehr aus dem Urlaub spät abends sehr müde gewesen seien, stelle keinen Grund für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dar.
Der Kl habe im Streitfall sogar mit der Zusendung oder der förmlichen Zustellung einer EE über die Rechtsbehelfe gegen ESt- und USt 1989 und 1990 während seines Urlaubs rechnen können und müssen. Er sei mit Schreiben vom 28. Juni 1993 letztmalig aufgefordert worden, diese Einsprüche bis 14. Juli 1993 zu begründen, da ansonsten nach Aktenlage über diese entschieden werden müsse. Der Kl habe dieses Schreiben nicht beantwortet.
Eine Überspannung der Anforderung an die Sorgfaltspflicht durch das FA sei nicht zu erkennen. Es werde lediglich die allgemein übliche...