rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerfreie Beherbergung von Asylbewerbern, Aussiedlern und Obdachlosen. Umsatzsteuer 1981–1991

 

Tenor

1. Unter Änderung der Umsatzsteuerbescheide 1981 bis 1991 vom 04. Mai 1990, 22. Mai 1990, 27. Juni 1990, und vom 12. und 15. April 1994, sowie der Einspruchsentscheidung wird die Umsatzsteuer 1981 bis 1991 jeweils auf 0 DM festgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger (Kl) betrieb in den Streitjahren 1981 bis 1991 in … bis Ende 1987 ein Fremdenheim sowie eine Pension, in denen ausschließlich vom Sozialamt der Stadt … zugewiesene Asylbewerber, Aussiedler und Obdachlöse untergebracht wurden. Die Stadt schickte dem Kl unterzubringende Personen, wenn ihr bekannt wurde, daß bei dem Kl Zimmer zur Verfügung standen. Zwischen dem Kl und dem von ihm aufgenommenen Bewohnern wurden keine schriftlichen Vereinbarungen getroffen. Die möblierten Zimmer waren mit Kochgelegenheiten und Fernsehgeräten ausgestattet. Der Kl übernahm die Bereitstellung der Bettwäsche sowie die Reinigung der Räume. Die Stadt gab für die von ihr zugewiesenen Personen für die Dauer von 14 Tagen bis zu 3 Monaten Kostenübernahmeerklärungen für die Pensionskosten ab. Bei Bedarf erfolgten für dieselbe Pension weitere Kostenübernahmeerklärungen. Die Abrechnung erfolgte personen- und tagesbezogen, wobei der Kl z. B. im Jahr 1981 20 DM und im Jahr 1984 25 DM pro Person am Tag erhielt.

Der Beklagte (das Finanzamt) behandelte die Unterbringung in den Pensionsräumen des Kl's als steuerpflichtige Umsätze, da der Kl die Räume lediglich zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereit gehalten habe. Das Finanzamt setzte dementsprechend mit gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung noch nicht festsetzungsverjährten Bescheiden die Umsatzsteuer in folgender Höhe für die Streitjahre fest:

Umsatzsteuer 1981 mit Bescheid vom 27. Juni 1990 auf 14.226 DM.

Umsatzsteuer 1983 mit Bescheid vom 04. Mai 1990 auf 12.544 DM.

Umsatzsteuer 1984 mit Bescheid vom 22. Mai 1990 auf 8.255 DM.

Umsatzsteuer 1985 mit Bescheid vom 22. Mai 1990 auf 18.051 DM.

Umsatzsteuer 1986 mit Bescheid vom 04. Mai 1990 auf 21.537 DM.

Umsatzsteuer 1987 mit Bescheid vom 15. April 1994 auf 13.745 DM.

Umsatzsteuer 1988 mit Bescheid vom 15. April 1994 auf 4.104 DM.

Umsatzsteuer 1989 mit Bescheid vom 12. April 1994 auf 1.819 DM.

Umsatzsteuer 1990 mit Bescheid vom 12. April 1994 auf 2.325 DM.

Umsatzsteuer 1991 mit Bescheid vom 12. April 1994 auf –1.674 DM.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren macht der Kl mit seiner Klage im wesentlichen geltend, daß er der Stadt ab dem Jahr 1980 für alle Betten das alleinige Belegungsrecht eingeräumt habe. Zwar sei ein schriftlicher Mietvertrag mit der Stadt nicht geschlossen worden. Die Stadt habe jedoch das alleinige Belegungsrecht, bestimme den Mietpreis, beaufsichtige den Betrieb, halte „Dienstbesprechungen” ab und drohe mit der Einstellung der Belegung bei Mißständen. Dagegen gäbe es für die Annahme von Mietverträgen mit den von ihm aufgenommenen Personen keinen Anhaltspunkt. Deshalb sei davon auszugehen, daß die Stadt die Räume an die Asylbewerber, Aussiedler und Obdachlose selbst überlassen habe. Er habe auch mit der Stadt einen langfristigen Mietvertrag vereinbart, denn mit der getroffenen Vereinbarung habe er sich voll in die Hände der Stadt begeben. Er könne in seinen Pensionen nie wieder „normale” Gäste unterbringen. Damit bestimme die Stadt letztlich sogar wie lange sein Pensionsbetrieb noch laufe. Wenn die Stadt die Zuweisung einstelle, sei sein Betrieb zu Ende. Zudem sei er bestrebt gewesen, von der Stadt nur Personen zugewiesen zu bekommen, die voraussichtlich längere Zeit bleiben wollten. Dies habe er den zuständigen Sachbearbeitern immer wieder vorgetragen.

Der Kl beantragt,

unter Änderung der Umsatzsteuer-Bescheide 1981 bis 1991 vom 4. Mai 1990, 22. Mai 1990, 27. Juni 1990, 12. und 15. April 1994 die Umsatzsteuer jeweils auf 0 DM festzusetzen.

Das Finanzamt beantragt

Klageabweisung.

Es trägt dazu vor, daß zwischen der Stadt und dem Kl keine langfristige Vermietung vereinbart worden sei. Dies könnte nur dann angenommen werden, wenn der Kl der Stadt die Gebäude für eine bestimmte Zeit zu einem Mietzins überlassen hätte, der sich nach der überlassenen Nutzfläche bemesse. Stattdessen habe der Kl sich lediglich verpflichtet, Personen vorläufig bzw. vorübergehend unterzubringen. Die Unterbringung habe täglich beendet werden können. Der Kl habe hierauf keinen Einfluß gehabt. Die Abrechnung sei zudem nach Tagen und Köpfen erfolgt. Aber auch wenn man von alleinigen vertraglichen Vereinbarungen mit der Stadt ausginge, hätte der Kl basierend auf einem Rahmenvertrag mit der Stadt lediglich eine Vielzahl von Einzelmietverträgen...

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