Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Herabsetzung der Altersgrenze für den Kindergeldbezug von 27 auf 25 Jahre. kein Ruhen des Verfahrens trotz Anhängigkeit von Musterverfahren beim BFH
Leitsatz (redaktionell)
1. Gegen die Herabsetzung der Altersgrenze für den Bezug von Kindergeld von 27 auf nunmehr 25 Jahre in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG durch Art. 1 Nr. 11 des Steueränderungsgesetzes 2007 v. 19.7.2006 (Bundesgesetzblatt I 2006, 1652) bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken; insbesondere ist der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht dadurch verletzt, dass die Übergangsregelung des § 52 Abs. 40 Satz 4 EStG nur in den Jahren 1980 bis 1982 geborene Kinder, die im Jahr 2006 das 24., 25. oder 26. Lebensjahr vollendet haben, und nicht auch im Jahr 1983 geborene Kinder erfasst, und dass der Gesetzgeber keine längerfristige Übergangsregelung getroffen hat.
2. Da die beiden beim BFH anhängigen Verfahren zur Verfassungsmäßigkeit der Senkung der Altersgrenze (III R 35/09 und III R 27/09) die Rechtslage in anderen Streitjahren betreffen, das vorliegende Verfahren die Eintragung eines Kinderfreibetrags auf der Lohnsteuerkarte für das Jahr 2009 betrifft und das Rechtsschutzbedüfnis insoweit mit Ablauf des 28.2.2010 entfällt, weil der Arbeitgeber spätestens bis dahin die Lohnsteuerbescheinigung übermitteln muss (§ 41 b Abs. 1 Satz 2 EStG), erscheint dem Senat die Anordnung des Ruhens des Verfahrens nicht zweckmäßig.
Normenkette
EStG 2007 § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 5, § 52 Abs. 40 S. 4, § 63 Abs. 1 S. 2, § 41b Abs. 1 S. 2; GG Art. 6 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; ZPO § 251; FGO § 155
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob für das 1983 geborene Kind N ein Kinderfreibetrag in die Lohnsteuerkarte 2009 einzutragen ist.
Der Kläger – von Beruf Rechtsanwalt – beantragte den Eintrag eines Kinderfreibetrags auf der Lohnsteuerkarte 2009 für seine seit 01. Oktober 2006 studierende, im Jahr 1983 geborene Tochter N, was das Finanzamt (FA) mit Bescheid vom 14. Oktober 2008 im Hinblick darauf ablehnte, dass diese das 25. Lebensjahr überschritten habe. Der Einspruch des Klägers blieb in der Einspruchsentscheidung (EE) vom 18. November 2008 ohne Erfolg.
Seine Klage begründet der Kläger – wie zuvor den Einspruch – damit, dass die Gesetzesänderung, die Kinder in Ausbildung nur noch bis zum 25. Lebensjahr anstatt wie bis dahin bis zum 27. Lebensjahr berücksichtigt, verfassungswidrig sei. Es sei sowohl der Grundsatz des Vertrauensschutzes verletzt, wie auch der Gleichbehandlungsgrundsatz. Man mache Lebensdispositionen. Sinngemäß führt er aus, er habe die Mutter des Kindes nicht auf Unterhalt verklagt, da er bisher das Kindergeld alleine erhalten habe. Auch könnten viele Kinder wegen Militärdienstes oder wie seine Tochter aus Gründen später Einschulung bzw. eines Auslandsaufenthalts nicht mit 25 mit dem Studium fertig sein. 27 sei eine schon aus der Erfahrung stimmige Zahl gewesen, da müssten wir wieder hin. Andere hätten früher bis 27 eine Förderung bekommen, die jetzige Änderung verstoße daher gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Der Kläger beantragt,
für die Tochter N einen Kinderfreibetrag auf der Lohnsteuerkarte 2009 einzutragen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen sowie
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Es bezieht sich im Wesentlichen auf die EE, auf die wegen der dortigen Rechtsausführungen im Einzelnen verwiesen wird.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist nicht begründet.
Unstreitig erfüllt die Tochter des Klägers N nicht die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG), da sie das 25. Lebensjahr überschritten hat. Auch die Übergangsregelung ist nicht anwendbar.
Das Gericht hegt keine Zweifel an der Verfassungskonformität der Vorschrift im Kontext seiner Übergangsregelungen. Die Herabsetzung des Alters auf 25 Jahre, bis zu dem Kinder in Ausbildung steuerlich berücksichtigungsfähig sind, erfolgte durch Gesetz vom 19. Juli 2006 mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2007. Das Gesetz sieht in § 52 Abs. 40 EStG eine Übergangsregelung für Kinder vor, die im Jahr 2006 das 24., 25. oder 26. Lebensjahr vollendeten.
1. Der Gesetzgeber ist nach Auffassung des erkennenden Senats im Rahmen seiner Typisierungsbefugnis berechtigt, das Berücksichtigungsalter auf 25 Jahre herabzusetzen. Dabei geht der Senat davon aus, dass die höhere Schulbildung selbst unter Berücksichtigung von heute noch 13 Schuljahren für eine Vielzahl von Schülern mit 20 Jahren abgeschlossen ist und eine Vielzahl von Studiengängen nicht mehr als 5 Jahre dauert. Unter Berücksichtigung des Trends zu einer Verkürzung der Schulzeit auf 12 Jahre und den weiteren Verkürzungen, die der sog. Bologna-Prozess bringen wird, erscheinen die Grenzen der...