Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Finanzbehörde zu Recht einen Antrag auf Erlaß von Erbschaftsteuer (ErbSt) sowie von Säumniszuschlägen (SZe) abgelehnt haben.
I.
Am 29.6.1985 verstarben gleichzeitig um 23.30 Uhr die Eltern des Klägers (Kl) und des Erblassers A B, C und D B und seine 4 Jahre alte Schwester E bei einem Verkehrsunfall. Drei Stunden später – am 30.6.1985 um 2.30 Uhr verstarb auch der 4 Monate alte Erblasser (Erbl).
Die Eltern wurden aufgrund Gesetzes vom Kl und Erbl je zur Hälfte beerbt. Der Kl – damals gesetzlich vertreten durch den Prozeßbevollmächtigten – hat für sich und auch als Erbeserbe seines nachverstorbenen Bruders A die Erbschaft angenommen (vgl. Niederschrift des Amtsgerichts vom 20.8.1985).
Den nachverstorbenen Erbl beerbte der Kl aufgrund gesetzlicher Erbfolge allein. Dessen Nachlaß bestand hauptsächlich aus den Erbanteilen in Höhe von 27.227 DM und 41.069 DM Cs. Bl. 21/St). Für diesen Erwerb von Todes wegen setzte das FA durch Bescheid vom 5.10.1990 gegen den Kl die ErbSt auf 7.500 DM fest, wobei es wegen Nichtabgabe einer ErbSt-Erklärung den Nachlaß mit 70.000 DM ansetzte.
Der dagegen erhobene Einspruch blieb erfolglos (s. Einspruchsentscheidung –EE– vom 7 Oktober 1991 Bl. 50 St). Über die dagegen erhobene Klage (4 K 3202/91) hat der Senat mit Urteil vom gleichen Tag entschieden.
Mit Schreiben vom 21.1.1991 beantragte der Kl, die ErbSt sowie die angefallenen Säumniszuschläge aus sachlichen Gründen zu erlassen. Er habe bei dem Verkehrsunfall seine ganze Familie – Mutter, Vater und die beiden Geschwister – verloren. Lediglich der Umstand, daß sein Bruder A seine Eltern um drei Stunden überlebt habe, habe die ErbSt-Schuld ausgelöst. Wenn der Bruder gleichzeitig mit den Eltern und der Schwester noch am Unfallort verstorben wäre, wäre überhaupt keine ErbSt angefallen, da sowohl der Bruder A als auch die Schwester E vermögenslos waren und das ererbte Vermögen Nachlaß der gleichzeitig verstorbenen Eltern darstelle.
Das FA lehnte den Erlaßantrag mit Verwaltungsakt vom 29.1.1991 ab (s. Bl. 23/St). Die dagegen erhobene Beschwerde blieb erfolglos (s. Beschwerdeentscheidung – BE – der Oberfinanzdirektion – OFD – vom 19. Juli 1991. Auf den Inhalt wird Bezug genommen.
Mit der Klage trägt der Kl vor, daß ein sachlicher Billigkeitsgrund für den Erlaß der Steuerschuld und der verwirkten SZe vorliege. Lediglich wegen eines Zeitunterschieds von wenigen Stunden sei hier eine ErbSt-Schuld ausgelöst worden. Wäre nämlich der Erbl gleichzeitig mit seinen Eltern und seiner Schwester verstorben, hätte er infolge der Vermögenslosigkeit des Erbl tatsächlich nur den Nachlaß seiner Eltern geerbt und es wäre keine ErbSt-Schuld entstanden. Einen solchen Fall habe der Gesetzgeber nicht vorhergesehen, daß durch ein und dasselbe Ereignis eine ganze Familie mit Ausnahme des Kl getötet wird und nur dadurch, daß ein Familienmitglied die anderen um drei Stunden überlebt, ErbSt entsteht.
Der Klägervertreter beantragt sinngemäß, das FA unter Aufhebung der ablehnenden Verfügung vom 29. Januar 1991 in Gestalt der BE der OFD vom 19. Juli 1991 zu verpflichten, die ErbSt und die zwischenzeitlich verwirkten SZe zu erlassen.
Das FA beantragt Klageabweisung.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist nicht begründet.
Nach § 227 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre; Entscheidungen der Finanzverwaltung über die Ablehnung eines Billigkeitserlasses sind vom Gericht gemäß § 102 FGO nur insoweit zu überprüfen, ob die Finanzbehörden von dem ihnen eingeräumten Ermessen bestimmungsgemäßen Gebrauch gemacht haben, ob also deren Entscheidung nicht auf einer Ermessensüberschreitung oder einem Ermessensfehlgebrauch beruht. Das Gericht ist jedoch nicht befugt, die getroffene Ermessensentscheidung auf ihre Zweckmäßigkeit hin zu untersuchen und sein Ermessen an die Stelle des von den Finanzbehörden ausgeübten Ermessens zu setzen. Dementsprechend war der Klageantrag auszulegen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist in der Streitsache ein Ermessensverstoß nicht erkennbar. Das FA und die OFD haben ohne Rechtsverstoß in der Streitsache eine den Erlaß rechtfertigende Unbilligkeit der Steuerfestsetzung verneint.
Die angefochtenen Entscheidungen bewegen sich im Rahmen der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens.
Eine Unbilligkeit im Sinne von § 227 Abs. 1 AO kann entweder auf sachlichen Gründen oder aber auf persönlichen Gründen beruhen. Eine sachliche Unbilligkeit In diesem Sinne liegt vor, wenn (unabhängig von der Wirtschaftslage des Steuerschuldners) nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, daß er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage – hätte er sie geregelt – im Sinne des begehrten Erblasses entschieden haben würde. Eine persönliche Unbilligkeit der Steuerfestsetzung liegt dagegen vor, wenn sich aus den persönlichen Ve...