Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlehensverhältnis zwischen einem Gesellschafter und einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft auf Grund der Bruchteilsbetrachtung nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO steuerrechtlich nicht anzuerkennen. Besteuerungsrecht für inländische Vermietungseinkünfte einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft nach DBA-Russland. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: I R 19/21)
Leitsatz (redaktionell)
1. Besteht ein objektiver Zusammenhang von Schuldzinsen mit der Überlassung eines Vermietungsobjekts und werden die Aufwendungen zur Förderung dieser Nutzungsüberlassung gemacht, sind diese grundsätzlich als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften zu berücksichtigen.
2. Voraussetzung ist jedoch, dass das Darlehensverhältnis, in dessen Rahmen die Aufwendungen getätigt werden, steuerlich anzuerkennen ist. Dies ist aufgrund der anzustellenden Bruchteilsbetrachtung nicht gegeben bei einem Darlehensverhältnis zwischen dem Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft und der Gesellschaft, soweit der Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt ist (Anschluss an FG Düsseldorf, Urteil v. 8.10.2019, 13 K 1695/19 F, EFG 2020 S. 93; im Streitfall: einer vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG von der allein am Vermögen und am Ergebnis der KG beteiligten Komanditistin gewährtes Darlehen).
3. Steuerrechtlich wird die Gesamhandsgemeinschaft im Anwendungsbereich des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO als Bruchteilsgemeinschaft angesehen. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO ist auf eine vermögensverwaltende Personengesellschaft anzuwenden. Die Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO wird bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften anders als bei mitunternehmerischen Personengesellschaften auch nicht durch § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 1. Halbsatz EStG verdrängt.
4. Einkünfte einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft aus der Vermietung unbeweglichen Vermögens in Deutschland sind nach deutschem Recht Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und unterliegen auch nach dem DBA mit Russland dem deutschen Besteuerungsrecht. Hierzu gehört auch die Beurteilung, ob Darlehenszinsen, die die vermögensverwaltende Personengesellschaft an ihre in Russland ansässige Gesellschafterin bezahlt, als Werbungskosten bei ihren Vermietungseinkünften steuermindernd zu berücksichtigen sind.
Normenkette
AO § 39 Abs. 2 Nr. 2; EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 1 S. 1, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 2. Halbsatz; DBA RUS Art. 1, 6 Abs. 1, Art. 11 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist die Berücksichtigung von Darlehenszinsen aus einem Gesellschafterdarlehen als Werbungskosten bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Die Klägerin ist eine vermögensverwaltende Personengesellschaft, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Ihren Gewinn ermittelt sie durch Betriebsvermögensvergleich (§§ 4 Abs. 1, 5 des Einkommensteuergesetzes in der für die Streitjahre maßgebenden Fassung –EStG–). Alleinige Kommanditistin der Klägerin ist Frau F mit einer Einlage von 30.000 EUR. F lebt in Moskau (Russland) und ist in Deutschland beschränkt steuerpflichtig. Die Komplementär-GmbH ist weder am Vermögen noch am Ergebnis der Klägerin beteiligt. Neben der Komplementärin ist auch F Geschäftsführungsbefugnis eingeräumt worden.
Die Klägerin ist Eigentümerin eines gewerblichen Grundstücks in der E-Str. in der Stadt X, das sie mit notariellem Vertrag vom 15. Juni 2012 zu einem Kaufpreis in Höhe von 2.000.000 EUR erworben hatte und das seither an verschiedene Mieter vermietet ist. Zur Finanzierung des Erwerbs gewährte F der Klägerin mit Vertrag vom 19. Juni 2012 ein verzinsliches Darlehen in Höhe von 2.155.000 EUR mit einer Laufzeit von 15 Jahren. Der Darlehensvertrag sieht eine Verzinsung des Darlehens mit 6% p.a. vom Tag der Auszahlung an vor (Darlehensvertrag).
Im Rahmen ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr 2012 erklärte die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 32.372,62 EUR. Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) stellte die Einkünfte für 2012 mit Bescheid vom 27. Januar 2015 zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gesondert und einheitlich auf 32.372,62 EUR fest. Dabei berücksichtigte es die an F gezahlten Darlehenszinsen in Höhe von 68.424,15 EUR als Sonderbetriebseinnahmen der F und setzte den laufenden Gewinn der Klägerin dementsprechend niedriger mit -38.551,53 EUR an.
Im Anschluss an eine bei der Klägerin für die Jahre 2012 bis 2014 durchgeführte Außenprüfung (Prüfungsbericht vom 22. Mai 2018) gelangte das FA zu dem Schluss, dass die Klägerin aufgrund ihres Gesellschaftszwecks als vermögensverwaltende Personengesellschaft keine gewerblichen, sondern Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erziele. Die geltend gemachten Darlehenszinsen könnten hingegen auf Ebene der Klägerin nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden. Gewähre ein Gesellscha...