Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer 1983 bis 1987
Nachgehend
Tenor
1. Unter Änderung der Umsatzsteuerbescheide vom … November 1989 und der Einspruchsentscheidung vom … September 1991 wird die Umsatzsteuer für 1983 auf … einen negativen Betrag von … DM, für 1984 auf einen (positiven) Betrag von … DM, für 1985 auf … DM, für 1986 auf … DM und für 1987 auf … DM festgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Kläger (Kl), ein eingetragener Verein, wurde am … Januar 1983 gegründet. Zweck des Vereins ist die Förderung und Verbreitung des Backgammon-Spiels; er ist nicht als gemeinnützig anerkannt.
Im Zeitraum von 1983 bis 1988 veranstaltete der Verein im Inland 23 Backgammon-Turniere. Um das jeweilige Turnier zu finanzieren, wurde dabei eine Anmeldegebühr – „Registration Fee” genannt – erhoben. Diese Gebühr diente der Abgeltung der Unkosten des Turniers, d. h. der Transportkosten der Backgammon-Bretter zu dem jeweiligen Turnierort, der Saalmieten und der kosten der Turnierleitung usw. Die Turnierteilnehmer mußten ferner ein „Startgeld” zwischen 50 und 400 DM entrichten, wobei sie zwischen zwei Spielklassen (der schwächeren und der stärkeren Spieler) wählen konnten. Die „Startgelder” wurden – wie in der Turnierausschreibung festgelegt – in den beiden Klassen in vollem Umfang als Siegprämien wieder ausgezahlt. Die Verteilung des Preisgeldes (= Startgeld) wurde vor dem Turnier in Prozentzahlen festgelegt, bezogen auf das gesamte Startgeld der beiden Spielklassen.
Aufgrund einer Steuerfahndungsprüfung
wurde die USt des Kl für die Streitjahre (1983 bis 1987) ermittelt. Der Prüfer sah dabei auch die Startgelder als Entgelt für die Organisation des Turniers sowie die Einräumung einer Gewinnchance und damit als Umsatzsteuerpflichtige Erlöse an.
Aufgrund der Feststellungen der Fahndung setzte der Beklagte (Finanzamt –FA–) mit Bescheiden vom … November 1989 die USt für 1983 auf … DM, für 1984 auf … DM, für 1985 auf … DM, für 1986 auf … DM und für 1987 auf … DM fest.
Der Einspruch hiergegen blieb erfolglos
Dagegen ist die Klage gerichtet. Der Kl trägt vor, die an ihn gezahlten Startgelder seien kein Entgelt, sondern durchlaufende Posten, da er sich verpflichtet habe, die von den Spielern bezahlten Einsätze diesen in vollem Umfang wieder auszubezahlen. Dabei würden die Spieler selbst durch ihre Leistung bestimmen, wer aus der Spielergemeinschaft etwas erhalte.
Im übrigen wird auf den Schriftsatz des Kl vom 29. Oktober 1991 Bezug genommen.
Der Kl beantragt,
unter Änderung der USt-Bescheide vom … November 1989 und der Einspruchsentscheidung vom … September 1991 die USt für 1983 auf einen negativen Betrag von … DM, für 1984 auf … DM, für 1985 auf … DM, für 1986 auf … DM und für 1987 auf … DM festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Klageerwiderung wird auf seinen Schriftsatz vom 13. November 1991 verwiesen.
Es wird Bezug genommen auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist begründet.
1. Mit der Veranstaltung von Backgammon-Turnieren erbrachte der Kl steuerbare und steuerpflichtige Leistungen gegen Entgelt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG (vgl. BFH-Urteil vom 26. August 1993 V R 20/91, BStBl II 1994, 54 – Berufskartenspieler). Es sind weder Tatsachen ersichtlich, noch wurde vorgetragen, daß die Backgammon-Turniere als öffentliche Lotterien gemäß § 17 Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8. April 1922 – RennwLottG– veranstaltet wurden und mithin nach § 4 Nr. 9 b UStG steuerfrei sind. Überdies wären die Umsätze nicht befreit, da keine „Ausweise” erteilt wurden (§ 18 Nr. 1 A RennwLottG; § 4 Nr. 9 b Satz 2 UStG).
2. Bemessungsgrundlage gemäß § 10 Abs. 1 UStG der von dem Kl ausgeführten Spielumsätze ist bei richtlinienkonformer Auslegung gemäß Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der 6. Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (77/388/EWG) nur der Teil der Spieleinsätze, über den der Kl effektiv selbst verfügen kann, d. h. die Nettoerlöse nach Auszahlung der Spielgewinne an die Spieler (vgl. EuGH-Urteil vom 5. Mai 1994 Rs. C-38/93 Glawe, Bundessteuerblatt –BStBl– II 1994, 548; Schlußanträge von Generalanwalt Jacobs in dieser Rechtssache, UR 1994, 178). Die Grundsätze der vorgenannten EuGH-Entscheidung gelten nach Auffassung des Senats nicht nur für Glücksspiele mittels Geldspielautomaten, sondern ebenso für andere kommerzielle Glücksspiele und Geschicklichkeitsspiele. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob das vom Kl veranstaltete Backgammon als Glücks- oder Geschicklichkeitsspiel anzusehen ist. Mit Blick auf die zu entscheidende Rechtsfrage ist es uner...