Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Verlustvorträgen bei der Gewährung einer Gewinntantieme
Leitsatz (amtlich)
Gewährt eine GmbH dem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Gewinntantieme ohne Rücksicht auf bestehende Verlustvorträge, so führt dies zu einer verdeckten Gewinnausschüttung.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2; AktG § 86
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wurde mit Vertrag vom 29. Dezember 1992 gegründet. Der Geschäftsführer K. ist alleiniger Gesellschafter. Das Unternehmen wurde früher vom Onkel des Klägers als Schreinerei betrieben. Der Neffe verlagerte die Aktivitäten auf den …-Bau, etwa für den …-Sport. Diese Umstrukturierung machte erhebliche Investitionen – vor allem in den Maschinenpark – erforderlich. Die Folge waren ein Abschreibungsvolumen von 1,4 Mio DM im Zeitraum 1994 bis 1998 und größere Verluste in den Jahren der Umstrukturierung.
Im Dienstvertrag vom 2. Januar 1993 zwischen der Klägerin und ihrem Geschäftsführer wurden als Vergütungsbestandteile u. a. ein monatliches Bruttogehalt von 6.500,00 DM, Überstundenzuschläge (25 v. H.), ein 13. Monatsgehalt, Urlaubsgeld und „eine Tantieme in Höhe von 20 v. H. des Jahresüberschusses abzüglich eines eventuellen Verlustvortrages vor Steuern” (Körperschaftsteuer – KSt – und Gewerbesteuer – GewSt –) vereinbart. Dieser Vertrag wurde in der Gesellschafterversammlung vom 2. Januar 1997 wie folgt geändert: „Herr K. erhält eine Tantieme in Höhe von 25 % des Jahresüberschusses vor Steuern. Die Tantieme wird im Hinblick auf Art und Höhe der Vergütung, die gleichartige Betriebe ihren Geschäftsführern für entsprechende Leistungen gewähren, neu festgesetzt.” Bis zum 31. Dezember 1997 ergab sich ein Verlust der Klägerin von insgesamt 336.121,00 DM. In der Gesellschafterversammlung vom 15. Oktober 1999 kam es u. a. zu folgender Beschlussfassung: „Der in 1998 erwirtschaftete Jahresüberschuss von DM 158.694,58 wird mit dem Verlustvortrag verrechnet. Die Überschuldung der Gesellschaft besteht fort. … Der Geschäftsführer erhält eine Tantieme i. H. v. 25 % des Jahresüberschusses vor Steuern; dies entspricht einer Auszahlung von 58.397,50 DM.” Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 105 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die eingereichten Unterlagen verwiesen.
In der Bilanz zum 31. Dezember 1998 wies die Klägerin eine Rückstellung für eine Gewinntantieme in Höhe von 58.395,50 DM an den Gesellschafter-Geschäftsführer aus. Bei der Veranlagung für das Streitjahr 1998 versagte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) die steuerliche Anerkennung dieses Betrages und ging insoweit von einer verdeckten Gewinnausschüttung aus. Die Steuerbescheide wurden am 9. Mai 2000 mit einfachem Brief zur Post gegeben. Mit den Einsprüchen vom 30. Mai und 7. Juni 2000 wandte die Klägerin sich gegen sämtliche das Streitjahr 1998 betreffende Steuerbescheide.
Die Einsprüche wies das FA in der zusammengefassten Einspruchsentscheidung vom 15. Mai 2001 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus, im Zeitpunkt der Vereinbarung der Tantieme wäre einem fremden Dritten eine solche gewinnabhängige Vergünstigung sicherlich nicht gewährt worden. Vielmehr hätte man zunächst einen Ausgleich der angefallenen Verluste mit den späteren Gewinnen herbeigeführt.
Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung trägt sie vor, Bemessungsgrundlage für die Gewinntantieme sei ausschließlich der Jahresüberschuss vor Abzug der KSt und GewSt. Der Abzug eines möglichen Verlustvortrages von der Steuerbemessungsgrundlage sei durch die Vertragesänderung vom 2. Januar 1997 abweichend vom ursprünglichen Dienstvertrag ausgeschlossen worden. Für 1998 sei deshalb zu Recht die Auszahlung einer Tantieme an den Gesellschafter-Geschäftsführer in Höhe von 58.397,50 DM (25 v. H. von 233.590,00 DM Jahresüberschuss vor Abzug von KSt und GewSt sowie vor Abzug des Verlustvortrages) erfolgt. Im Streitfall sei zu berücksichtigen, dass sie (die Klägerin) in den Jahren seit ihrer Gründung Anlaufverluste erwirtschaftet habe. Insbesondere sei ein hohes Abschreibungsvolumen entstanden. Es sei wirtschaftlich sinnvoll, einem Geschäftsführer, der auf Grund einer vorzunehmenden Modernisierung und Umstrukturierung des Unternehmens einen erhöhten Arbeits- und Risikoeinsatz auf sich nehme, eine Tantieme auf einer „realistischen Bemessungsgrundlage” zuzusagen. Zur Förderung seiner Motivation dürften ihm in einem Fall wie dem vorliegenden die Anlaufverluste nicht zum Nachteil gereichen. In den Jahren 1995 bis 1997 habe der Gesellschafter-Geschäftsführer keine Tantieme erhalten.
Die Klägerin beantragt,
in Änderung der angefochtenen Entscheidungen die Steuerbeträge für 1998/zum 31. Dezember 1998 wie folgt festzusetzen/festzustellen:
- die KSt auf 0,00 DM,
- das verwendbare Eigenkapital auf … DM,
- den verbleibenden Verlustabzug zur KSt auf … DM und
- den Gewerbesteuermessbetrag auf … DM.