Entscheidungsstichwort (Thema)
Stromsteuerermäßigung bei Entnahme von Strom durch ein Unternehmen des produzierenden Gewerbes. Neuverpacken und Kennzeichnen von reimportierten Arzneimitteln. Stromsteuer
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Zuordnung eines Unternehmens zum Produzierenden Gewerbe ist ausschließlich nach der vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 93 zu beurteilen.
2. Das Neuverpacken und Neukennzeichnen entsprechend den deutschen arzneimittelrechtlichen Bestimmungen von reimportierten Arzneimitteln kann nicht als Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen i.S. der Unterklasse 24.42 der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes angesehen werden.
3. Als begünstigtes Unternehmen des Produzierenden Gewerbes ist gemäß § 2 Nr. 4 StromStG jeweils die kleinste rechtlich selbständige Einheit anzusehen.
4. Der Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es nicht, für Handelsunternehmen die gleichen Stromsteuerermäßigungen vorzusehen wie für Hersteller von Arzneimitteln, die ihre Produkte selbst vertreiben.
Normenkette
StromStG § 2 Nrn. 3-4, § 9 Abs. 3; StromStV § 15; GG Art. 3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob das Hauptzollamt – HZA– zu Recht den Antrag der Klägerin auf Erlaubnis zur Entnahme von steuerbegünstigtem Strom abgelehnt hat.
Die Klägerin betreibt den Parallelimport von Arzneimitteln in die Bundesrepublik Deutschland.
Mit Schreiben vom 8. November 1999 beantragte sie die Erlaubnis zur Entnahme von steuerbegünstigtem Strom. Sie bezeichnete dabei ihr Unternehmen als ein Unternehmen des produzierenden Gewerbes, das dem Abschnitt D der Klassifikation der Wirtschaftszweige (WZ 93) zuzuordnen sei. Als wirtschaftliche Tätigkeiten wurden angegeben: „Abpacken und Kennzeichnen, teils im eigenen Auftrag, teils im Lohnauftrag, von Arzneimitteln, zur Verkehrsfähigkeit dieser Waren in der BRD; Haupttätigkeit: Herstellung i.S.d. AMG von pharmazeutischen Spezialitäten (WZ-Nr. 2442)”.
Mit Bescheid vom 16. November 1999 lehnte das HZA den Antrag ab, weil das Unternehmen der Klägerin dem Abschnitt G Klasse 51.46 (Großhandel mit pharmazeutischen Erzeugnissen) der Klassifikation der Wirtschaftszweige zuzuordnen sei.
Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin gegen die Einspruchsentscheidung vom 13. Juli 2000 Klage, mit der sie im Wesentlichen Folgendes vorbringt:
Ihr Unternehmen sei dem Produzierenden Gewerbe zuzurechnen, da sie nach den arzneirechtlichen Bestimmungen die Herstellung von Arzneimitteln betreibe. Sie verfüge über eine eigenständige Fertigungsabteilung und trage insoweit auch das Produkthaftungsrisiko. Im Unterschied zu typischen Handelsunternehmen habe der Parallelimport von Arzneimitteln aufgrund der Anforderungen des Arzneimittelgesetzes über die im Handel übliche Behandlung hinausgehende Manipulationen zur Voraussetzung. § 2 Nr. 3 StromStG sei deshalb verfassungskonform dahin auszulegen, dass der Verweis auf die WZ 93 nur beispielhaft zu verstehen sei. Durch eine rein formale, den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht gerecht werdende Betrachtungsweise werde sie gegenüber anderen pharmazeutischen Unternehmen, die als Hersteller betrachtet werden und wirtschaftlich eine gleiche Funktion ausüben, sachlich ungerechtfertigt benachteiligt. § 2 Nr. 3 StromStG wäre bei einer entsprechenden Auslegung verfassungswidrig, da es sich bei der vorgesehenen Klassifikation um kein sachliches Differenzierungskriterium für die Gewährung einer Vergünstigung i.S.d. Art. 3 GG handle.
Die Klägerin beantragt,
den Ablehnungsbescheid vom 16. November 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben und das HZA zu verpflichten, ihr die Erlaubnis zur Entnahme von steuerbegünstigtem Strom nach § 9 Abs. 4 StromStG zu erteilen.
Das HZA beantragt
Klageabweisung
und verweist auf die Einspruchsentscheidung. Die Klägerin beschäftige sich hauptsächlich mit Re- und Parallelimporten von Markenarzneimitteln, die dann von der Fertigungsabteilung umgepackt und etikettiert würden. Dies sei keine Herstellung im statistischen Sinn, sondern eine handelsübliche Manipulation entsprechend der Erläuterung zu Unterabschnitt 51 des WZ 93. Die arzneirechtlichen Bestimmungen seien für den Bezug von steuerbegünstigtem Strom ohne Belang, da ausschlaggebend das Stromsteuergesetz sei. Die Gleichstellung mit Unternehmen des Produzierenden Gewerbes, die selber i.S.d. WZ 93 produzieren und auch verpacken, sei nicht möglich, da der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens der Klägerin anders gelagert sei und die Erlaubnis nicht an die Tätigkeit bzw. den Betriebszweig, sondern an das gesamte Unternehmen gebunden sei, wobei jedes eigenständige Unternehmen einzeln für sich behandelt werde. Entscheidend sei die Haupttätigkeit, in der sich die Klägerin von pharmazeutischen Unternehmen des Produzierenden Gewerbes unt...