rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermessensentscheidung bei Antrag auf hälftigen Erlass der Kirchensteuer im Zusammenhang mit der Erfassung eines tarifbegünstigten Veräußerungsgewinns bei der Einkommensteuer
Leitsatz (redaktionell)
1. Die frühere Praxis der Kirchensteuerämter, im Falle der Einkommensbesteuerung tarifbegünstigter Veräußerungsgewinne 50 % der darauf entfallenden Kirchensteuer automatisch -ohne Einzelfallprüfung der Sach- und Rechtslage- zu erlassen, war zumindest rechtlich fragwürdig.
2. Dass diese Praxis aufgegeben wurde und nun bei entsprechenden Erlassanträgen eine Einzelfallprüfung nach den Kriterien des § 227 AO stattfindet, bedeutet keinen Verstoß gegen die Gleichmäßigkeit der Besteuerung; vielmehr wäre ein "Rückfall in die frühere Erlassautomatik" ein eindeutiger Ermessensfehlgebrauch und somit ein Verstoß gegen § 227 AO 1977.
Normenkette
AO 1977 §§ 85, 227; EStG § 34 Abs. 2 Nr. 1; GG Art. 3 Abs. 1; KirchStG Bayern § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 3 S. 3
Gründe
I.
Der verheiratete Kläger war aufgrund der vom zuständigen Finanzamt mit den Konfessionsmerkmalen „rk/rk” übermittelten Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 1996 zusammen zur Kircheneinkommensteuer zu veranlagen.
Der Beklagte (das Katholische Kirchensteueramt -KiStA-) setzte mit Bescheid vom 4. September 1998, auf der Basis der nach § 51 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf 145.224 DM geminderten Einkommensteuer (ESt), die Kirchensteuer (KiSt) auf 11.617,92 DM fest. Nach Anrechnung der für diesen Zeitraum geleisteten Ki-Lohnsteuer von 3.697,12 DM ergab sich danach eine gerundete Restschuld von 7.920,80 DM. Mit berichtigtem KiSt-Bescheid vom 3. Februar 1999 hat sich das KiSt-Soll auf 11.517,60 DM und entsprechend auch die Restschuld auf 7.820,40 DM reduziert.
Mit Schreiben vom 25. Oktober 1998 beantragte der Kläger einen Teilerlaß der KiSt von 50 %, soweit die Steuer auf nach § 34 EStG tarifbegünstigten Einkünften beruhte. Gleichzeitig legte er, zur Kenntnisnahme des aus außerordentlichen Einkünften resultierenden Steueranfalls bzw. Bemessung des Teilerlasses, eine Kopie des zwischenzeitlich geänderten ESt-Bescheids 1996 vom 29. Oktober 1998 vor. Als Begründung trug er vor, daß durch die Veräußerung eines Teils (22 %) seiner Beteiligung an der Steuerberatungsgesellschaft eine außerordentliche Steuer angefallen sei, die einen Billigkeitserlaß rechtfertige. So habe ein Teil des Veräußerungserlöses zur Deckung der Steuerbelastung verwendet werden müssen. Darüber hinaus diene dieser der Altersversorgung, die durch diese Steuerbelastung erheblich geschmälert werde. Die KiSt-Verpflichtung stelle für ihn eine erhebliche finanzielle Härte dar.
Mit Schreiben vom 6. November 1999 hat das KiStA unter Anführung der auch für einen KiSt-Erlaß anzuwendenden abgabenrechtlichen Bestimmungen das Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen für den beantragten Teilerlaß verneint und sich hierbei, wegen der engen Verknüpfung beider Steuern auch auf die Behandlung der KiSt begründenden Maßstabsteuer durch das Finanzamt bezogen. Zur näheren Darlegung der finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse wurde dem Kläger ein Fragebogen übermittelt.
Dieser hat mit seiner hierzu am 10. November 1998 eingegangenen Stellungnahme zur ablehnenden Haltung des KiStA ausgeführt, daß in gleichgelagerten Fällen bereits 50 % Teilerlaß gewährt worden sei und sich hierzu auch auf Entscheidungen anderer KiStÄ sowie gerichtliche Urteile berufen. Außerdem verwies er auf die Praxis eines Erlasses entsprechend dem Beschluß der Steuerkommission der beiden Kirchen, der eine „besondere Ermäßigung der Kirchensteuerschuld bis zu 50 %” vorsehe, sofern in Anwendung des § 227 der Abgabenordnung (AO) Billigkeitsgründe zu berücksichtigen seien. Da dies mittlerweile im Normalfall zu einer 50 %igen Reduzierung der KiSt geführt habe, verlange auch er eine Gleichbehandlung. Ein Erlaß sei daher aus seiner Sicht keineswegs unbillig. Der Fragebogen zur Einkommens- und Vermögenssituation wurde jedoch nicht zurückgeschickt, der Erlaßantrag nunmehr allein auf sachliche Gründe eingeschränkt.
Das KiStA hat mit Ablehnungsbescheid vom 16. November 1998 den Antrag formell als unbegründet zurückgewiesen und in der Begründung nochmals die rechtlichen Anforderungen für eine Billigkeitsmaßnahme nach der AO herausgestellt. Nach dem gegebenen Sachverhalt seien keinerlei Anhaltspunkte erkennbar, die einen Teilerlaß aus sachlichen oder persönlichen Gründen rechtfertigen könnten.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 30. November 1998 Einspruch ein. Er berief sich neuerlich auf die betreffende „Richtlinie” der Steuerkommissionen der Diözesen Deutschlands und der EKD und das Gebot, gleiche Sachverhalte auch gleich zu behandeln. Nach seiner Meinung führe die Rückkehr zur Einzelfallprüfung zu deren Nichtbeachtung und damit zur Rechtswidrigkeit des Ablehnungsbescheides.
Mit der am 9. April 1999 per PZU zugestellten Einspruchsentscheidung (EE) vom 8. April 1999 hat das KiStA den Einspruch als unbegründet...