Entscheidungsstichwort (Thema)
An Dritte überlassene Grundstücke als schenkungsteuerliches Verwaltungsvermögen: Ausnahme nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa ErbStG nur bei Erbeinsetzung anwendbar
Leitsatz (redaktionell)
Die Regelung des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa ErbStG, wonach Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke ausnahmeweise nicht zum Verwaltungsvermögen gehören, ist nicht nur auf Erbfälle, sondern auch auf Schenkungen als vorweggenommene Erbfolge anwendbar. In beiden Varianten ist aber erforderlich, dass im Zusammenhang mit dem Abschluss des Pachtvertrages eine Erbeinsetzung erfolgt. Allein die Absicht, den Pächter als Erben einzusetzen, reicht für die Erfüllung des Tatbestandes des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa ErbStG nicht aus.
Normenkette
ErbStG § 13b Abs. 4 Nr. 1 Sätze 1, 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte zu Recht Verwaltungsvermögen i.H.v. 5x.xxx EUR festgestellt hat.
Der Kläger ist Neffe des verstorbenen Ehemannes von Frau X. Der Kläger, der eine Schreinerei betreibt, pachtete am 28. Oktober 2007 von Frau X eine Werkstatt. Die Verpachtung erfolgte mündlich nach dem Tod des Sohnes von Frau X – Herrn Y –, der die Werkstatt bis zu seinem Tod (…) betrieb. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 9. August 2017 übertrug Frau X die o.g. Werkstatt, das Wohnhaus sowie landwirtschaftliche Grundstücke an den Kläger, wobei der Besitz, Nutzen und Lasten sowie die Gefahr des zufälligen Untergangs oder einer zufälligen Verschlechterung (Übergabezeitpunkt) mit Wirkung zum 1. September 2017 auf den Kläger übergehen sollten. Der Kläger wurde – nach Auskunft des Beklagten – am 24. Januar 2018 als Eigentümer des streitgegenständlichen Grundbesitzes (…, … Str.) im Grundbuch eingetragen.
Mit Schreiben vom 26. Februar 2019 forderte der Beklagte – bezugnehmend auf den o.g. Erwerb – den Kläger auf, eine Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts einzureichen. Ausgehend von der Erklärung des Klägers vom 25. März 2019 sowie der Mitteilung des Finanzamts Zwiesel vom 26. April 2019 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 1. September 2017 stellte der Beklagte mit Bescheid vom 16. Mai 2019 den Wert des Betriebsvermögens auf 6x.xxx EUR fest. Die Summe des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der für den Streitfall geltenden Fassung (ErbStG) stellte der Beklagte auf 5x.xxx EUR fest.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 11. Juni 2019 Einspruch beim Beklagten ein. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens trug der Kläger mit Schreiben vom 18. Dezember 2019 (Blatt 55 der Behördenakte) zu den Umständen der o.g. Übertragung Folgendes wörtlich vor: „Sie schreiben außerdem, dass im Rahmen der Betriebsübertragung man die Erbeinsetzung hätte Regeln können. Das ist natürlich richtig, jedoch war für Frau X der Betrieb einschl. Wohngebäude alles was sie besessen hat (ausgenommen ein kleines Guthaben auf Bankkonten die Frau X für ihren Pflegefall zurücklegen wollte). Demnach hat Frau X ihr gesamtes Vermögen an Hr. Z übertragen, und hat nicht die Notwendigkeit gesehen, Hr. Z zusätzlich als Erben einzutragen”. Mit Einspruchsentscheidung vom 9. Januar 2020 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schriftsatz vom 5. Februar 2020, der am 10. Februar 2020 bei Gericht einging, Klage, die wie folgt begründet wird:
Der Beklagte habe in dem klagegegenständlichen Feststellungsbescheid zu Unrecht das Vorhandensein von Verwaltungsvermögen angenommen. Frau X habe den Kläger als Erben eingesetzt, jedoch die gesetzlich vorgeschriebene Form nicht eingehalten. Frau X sei aufgrund ihrer schweren Erkrankung nicht mehr in der Lage, ihren Willen zu äußern bzw. das formunwirksame Testament zu heilen. Im Streitfall liege „Produktivvermögen” und nicht Verwaltungsvermögen vor.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 16. Mai 2019 (Aktenzeichen …) über die gesonderte und einheitliche Feststellung unter anderem des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 bis 4 ErbStG für Zwecke der Schenkungsteuer auf den Bewertungsstichtag 1. September 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Januar 2020 dahingehend zu ändern, dass der Wert des Verwaltungsvermögens mit 0.– EUR festgestellt wird,
hilfsweise, für den Fall der Abweisung der Klage, die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, für den Fall der Klagestattgabe, die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
Hinsichtlich der Begründung verweist der Beklagte auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 ErbStG gehören Grundstücke, die Dritten zur Nutzung überlassen werden, grundsätzlich zum Verwaltungsvermögen. Eine Ausnahme hiervon sei u.a. dann gegeben, ...