rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Entnahmen. Einzelaufzeichnungen über unentgeltliche Wertabgaben
Leitsatz (redaktionell)
1. Die teilweise Inanspruchnahme der Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben und die teilweise Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls – wie es die Klägerin im Streitfall in Gestalt von vorgetragenen Negativaufzeichnungen für einzelne Familienmitglieder des L. begehrt – entzieht der Pauschalierung insgesamt die Grundlage und führt zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen, die gegen § 162 Abs. 1 Satz 2 AO verstoßen würden. Bei fehlenden Aufzeichnungen sind somit die Pauschbeträge insgesamt anzuwenden, individuelle Besonderheiten kommen nicht zum Tragen.
2. Ein Steuerpflichtiger kann sich nicht unter Verstoß gegen seine Aufzeichnungspflichten auf die Methodik der Richtsätze berufen, zugleich aber geltend machen, die dortige Annahme, dass jedes Familienmitglied altersentsprechend einen durchschnittlichen Eigenverbrauch begründet habe, treffe im Einzelfall auf bestimmte Familienangehörige nicht oder nur eingeschränkt zu
Normenkette
AO § 162 Abs. 1 Nr. 2; EStG § 4 Abs. 1 S. 2, Abs. 7, 5 Nr. 7; UStG § 22 Abs. 2 Nrn. 3, 1 S. 2, § 3 Abs. 1b Nr. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin ist eine GmbH und Co. KG. Komplementärin und Geschäftsführerin der Klägerin ist die … GmbH. Kommanditisten sind je zu 1/2 T und L, die zugleich Geschäftsführer der B-GmbH sind. Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft in R.
Lediglich der Kommanditist L. war in der Gaststätte der Klägerin täglich anwesend. T kümmerte sich dagegen ausschließlich um den Betrieb der Gaststätte einer anderen Kommanditgesellschaft, an der er und L. ebenfalls hälftig beteiligt waren.
Der Kommanditist L. wohnte mit seiner Ehefrau und seiner 2004 geborenen Tochter in K. Ab 1. März 2010 mietete er eine Wohnung in R an.
Die Klägerin ermittelte in den Streitjahren ihren Gewinn nach §§ 4 Abs. 1, 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Aufzeichnungen über unentgeltliche Wertabgaben für den Kommanditisten L. und seine Familie führte die Klägerin nicht.
In den Streitjahren 2009 bis 2013 wurde die Klägerin hinsichtlich der Gewinnfeststellungen und Gewerbesteuermessbeträge unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt. Dabei waren erklärungsgemäß unentgeltliche Warenentnahmen des Kommanditisten L. pauschal für eine Person berücksichtigt.
Im Zeitraum vom 12. Oktober 2010 bis 10. Februar 2014 fand mit Unterbrechungen bei der Klägerin eine Außenprüfung u.a. über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung und über die Gewerbesteuer –jeweils für die Jahre 2006 bis 2008– statt. Dabei stellte die Prüferin fest, dass die Klägerin keine Aufzeichnungen über unentgeltliche Wertabgaben für den Kommanditisten L. und seine Familie geführt hatte. Die Prüferin erhöhte die dem Regelsatz und die dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Warenentnahmen entsprechend der Anzahl der Familienmitglieder des L. und dem Alter des dazugehörigen Kindes auf der Grundlage der in der amtlichen Richtsatzsammlung für eine Gast- und Speisewirtschaft mit Abgabe von kalten und warmen Speisen um 1,5 der vorgesehenen Pauschbeträge und wies die Veranlagungsstelle des beklagten Finanzamts darauf hin, in den Folgejahren entsprechend zu verfahren.
Nach Anhörung der Klägerin änderte das Finanzamt am 24. Juli 2015 die Feststellungsbescheide 2009 bis 2013 sowie die Gewerbesteuermessbescheide 2009 bis 2013 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabeordnung (AO) und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Es erhöhte den nicht nach Quote verteilten Gewinnanteil des Kommanditisten L. für die Streitjahre jeweils auf der Grundlage der in der amtlichen Richtsatzsammlung für eine Gast- und Speisewirtschaft mit Abgabe von warmen und kalten Speisen (vgl. Rb-Akte, Bl. 67 ff.) um das 1,5 fache der vorgesehenen Pauschbeträge inklusive Umsatzsteuer. Für das Kind des Kommanditisten L. setzte es entsprechend der amtlichen Richtsatzsammlungen nur den hälftigen Pauschbetrag an, weil das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hatte.
Die dagegen eingelegten Einsprüche begründete die Klägerin damit, dass für keine weiteren 1,5 Personen (Ehefrau und Kind des L.) ein Eigenverbrauch anzusetzen sei. Zudem seien die Pauschbeträge gewinnerhöhend (inklusive Umsatzsteuer) brutto angesetzt worden. Die Umsatzsteuer sei jedoch gewinnmindernd zu berücksichtigen. Waren seien ausschließlich vom Kommanditisten L. und nicht von dessen Ehefrau konsumiert worden.
Das Finanzamt änderte am 17. September 2015 die angefochtenen Feststellungsbescheide der Streitjahre und berücksichtigte die Umsatzsteuer entsprechend dem Begehren der Klägerin gewinnmindernd. In der Folgezeit wies es die Klägerin darauf hin, dass sie sich aufgrund ihrer Entscheidung, keine Einzelaufzeichnungen gemäß § 4 Abs. 7 i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG über unentgeltliche Wertabgaben an L. zu führen, son...