Entscheidungsstichwort (Thema)
Reimport von Kraftfahrzeugen ohne gültigen Präferenznachweis. Absehen von der Nacherhebung gemäß Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK wegen beachtlichen Irrtums der Zollbehörden. Zoll
Leitsatz (redaktionell)
1. Zollfreiheit aufgrund einer Präferenzbehandlung scheidet aus, wenn die vorgelegten Präferenzbescheinigungen widerrufen worden sind.
2. Von der Nacherhebung der Zollschuld ist gemäß Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK in der ab 19.12.2000 geltenden Fassung abzusehen, wenn die Zollschuld aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden nicht buchmäßig erfasst worden ist, sofern dieser Irrtum vom Zollschuldner vernünftigerweise nicht erkannt werden konnte und dieser gutgläubig gehandelt und alle geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten hat. Als ein solcher Irrtum, der vernünftigerweise nicht erkannt werden konnte, gilt die Ausstellung eines Ursprungsnachweises, falls sich dieser als unrichtig erweist. Der Abgabenschuldner kann in diesem Fall Gutgläubigkeit geltend machen, wenn er darlegen kann, dass er sich während der Zeit des betreffenden Handelsgeschäfts mit der gebotenen Sorgfalt vergewissert hat, dass alle Voraussetzungen für eine Präferenzbehandlung erfüllt worden sind. Die mit Wirkung vom 19.12.2000 erfolgte Neufassung ist auch auf bereits zurückliegende Sachverhalte anwendbar (entgegen Urteil des FG des Landes Brandenburg vom 16.5.2001 4 K 1152/00, Haufe-Index 614641).
Normenkette
ZK Art. 220 Abs. 2 Buchst. b, Art. 201 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Der Steueränderungsbescheid vom 12. Oktober 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die von der Klägerin eingeführten Kfz präferenzberechtigt sind.
Die Klägerin ließ in den Monaten August und September 1998 insgesamt 20 Kfz der Marke X. zur Einfuhr abfertigen. Die Kfz waren vorher von Deutschland aus über die X-AG (VW) an den VW-Importeur nach Tschechien geliefert und in Rechnung gestellt worden. Vom Importeur in Tschechien gingen die Kfz anschließend an tschechische VW-Vertragshändler, von denen die Lieferanten der Klägerin die streitgegenständlichen Kfz erwarben und an die Klägerin verkauften. Da für jedes Kfz eine Warenverkehrsbescheinigung EUR. 1 mit Ursprungsnachweis Deutschland vorgelegt wurde, wurde nur die Einfuhrumsatzsteuer erhoben.
Die vom Beklagten (Hauptzollamt – HZA) beantragte Überprüfung der vorgelegten Warenverkehrsbescheinigungen bei den tschechischen Finanzbehörden ergab, dass diese Präferenzpapiere zu Unrecht ausgestellt waren.
Das HZA forderte deshalb mit Steueränderungsbescheid vom 12. Oktober 1999 von der Klägerin 45.795,10 DM Zoll nach.
Nach erfolglosem Einspruch macht die Klägerin mit der gegen die Einspruchsentscheidung vom 31. Januar 2000 erhobenen Klage im Wesentlichen Folgendes geltend: Aus den vorgelegten Kopien der Ursprungserklärungen auf den Ausfuhrrechnungen und der Angabe der Fahrgestellnummer ergebe sich, dass Aussteller der Rechnungen die X-AG in … gewesen sei. Die Fahrgestellnummer sei Beleg für den Ursprung der streitgegenständlichen Fahrzeuge, da diese auch auf den in Tschechien ausgestellten Warenverkehrsbescheinigungen vermerkt sei.
Die Klägerin beantragt,
den Steueränderungsbescheid vom 12. Oktober 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.
Das HZA beantragt
Klageabweisung und bezieht sich auf die Einspruchsentscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die HZA-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung hingewiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist begründet.
Das HZA hat von der Klägerin zu Unrecht mit Steueränderungsbescheid vom 12. Oktober 1999 45.795,10 DM Zoll nacherhoben.
Die Zollschuld ist zwar gem. Art. 201 Abs. 1 Zollkodex – ZK – aufgrund der Anmeldung der streitgegenständlichen Fahrzeuge zur Überführung in den freien Verkehr entstanden, das HZA hätte jedoch gem. Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b ZK von der Nacherhebung absehen müssen.
Hat das HZA entschieden, daß die Voraussetzungen für das Absehen von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung der Zollschuld nicht vorliegen, so kann das Finanzgericht über die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung urteilen, ohne zuvor eine Entscheidung der Kommission der EG in dieser Sache abwarten zu müssen (Urteil des BFH vom 20. Januar 1998 VII R 8/97, ZfZ 1998, 236).
1. Zollfreiheit aufgrund einer Präferenzbehandlung für Ursprungserzeugnisse scheidet aus, da die vorgelegten Präferenzbescheinigungen widerrufen wurden. Ursprungszeugnisse, die zur Erlangung einer Zollpräferenz vorgelegt worden sind, können nicht meh...