Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuerpflicht des Grundstückserwerbs im Rahmen einer freiwilligen Baulandumlegung nicht verfassungswidrig
Leitsatz (redaktionell)
Es ist nicht gleichheitswidrig i. S. v. Art. 3 Abs. 1 GG und damit verfassungskonform, dass nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Buchst. b GrEStG nur ein Grundstückserwerb im Rahmen einer amtlichen Baulandumlegung nach den §§ 45 ff. BauGB, nicht aber ein Grundstückserwerb im Rahmen einer „freiwilligen” Baulandumlegung von der Grunderwerbsteuer befreit ist.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Buchst. b, Nr. 1, Abs. 5; GG Art. 3 Abs. 1; BauGB §§ 45, 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Grundstückserwerb der Klägerin im Rahmen einer freiwilligen Baulandumlegung von der Grunderwerbsteuer befreit ist.
Mit notariell beurkundetem städtebaulichem Vertrag vom 8. November 2004 erwarb die Klägerin Grundstücke von mehreren Grundstückseigentümern. Im Gegenzug übertrug die Klägerin diverse Teilflächen ihr gehörender Grundstücke auf die Verkäufer. Der Erwerb erfolgte jeweils im Rahmen einer freiwilligen Baulandumlegung. Von der A Projektentwicklungs GmbH & Co. KG erwarb die Klägerin Teilflächen von ca. 4.829 qm aus der FlNr. 183 in B, C.
Gem. Abschnitt C Tz. Ia. Nr. 2 der Urkunde erfolgte ein Zahlungsausgleich für Mehr- bzw. Minderzuteilungen auf der Grundlage von 730 EUR/qm Geschossfläche. Für die von der Klägerin erworbene Teilfläche ermittelte das FA einen Verkehrswert von 3.525.170 EUR (4.829 qm × 730 EUR/qm).
Mit Bescheid vom 30. Oktober 2006 setzte das FA für den Erwerb der Klägerin aus einem Tauschwert von 3.525.170 EUR Grunderwerbsteuer i.H.v. 123.380 EUR fest.
Auf den Einspruch der Klägerin vom 16. November 2006 setzte das FA mit Einspruchsentscheidung vom 8. Mai 2007 die Grunderwerbsteuer gem. § 172 Abgabenordnung (AO) auf 132.119 EUR herauf. Im Übrigen wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Für die von der Klägerin erworbene Teilfläche legte das FA einen Tauschwert von 3.774.830 EUR (5.171 qm GF, anstatt 4.829 qm Grundstücksfläche, × 730 EUR) fest.
Zur Begründung der Klage vom 10. Mai 2007 trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) stehe mit Art. 3 des Grundgesetzes (GG) nicht in Einklang. Es verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG, dass zwar nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b GrEStG die amtliche Umlegung, nicht aber die freiwillige Umlegung von der Grunderwerbsteuer befreit sei. Zwischen der amtlichen Umlegung gem. §§ 45 ff. des Baugesetzbuchs (BauGB) und der auf der Grundlage des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB vorgenommenen freiwilligen Umlegung bestünden keine rechtlich relevanten Unterschiede, deshalb bestünden auch keine sachlichen Gründe, die eine grunderwerbsteuerliche Benachteiligung der freiwilligen gegenüber der amtlichen Umlegung rechtfertigen könnten.
Die Klägerin beantragt,
den Grunderwerbsteuerbescheid vom 30. Oktober 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Mai 2007 aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wird auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6. September 1988 II B 98/88 (BStBl II 1988, 1008) verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird gem. § 105 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Grunderwerbsteuer- bzw. Rechtsbehelfsakte des FA, die Gerichtsakte und das Rechtsgutachten von Prof. Dr. D vom 12. September 2007 Bezug genommen.
Die Entscheidung ergeht im Einvernehmen der Parteien ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
1. Der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Die Klägerin hat von der A GmbH mit notariellem Vertrag vom 28. Juli 2005 Grundstücke erworben. Dieser Vorgang unterliegt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 5 GrEStG der Grunderwerbsteuer. Der Steuerbarkeit des Erwerbsvorgangs steht nicht entgegen, dass es sich dabei um den Rückerwerb von Ersatzgrundstücken im Rahmen einer freiwilligen Baulandumlegung gehandelt hat.
a) Die Klägerin kann sich nicht auf § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b GrEStG berufen. Danach ist der Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren nach dem BauGB von der Besteuerung ausgenommen, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist. Diese Ausnahme von der Besteuerung beschränkt sich nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift auf das förmliche Umlegungsverfahren und kann nicht auf die „freiwillige Umlegung” erstreckt werden (BFH-Beschluss vom 6. September 1988 II B 98/88, BStBl II 1988, 1008; vgl. auch BFH-Beschluss vom 17. Februar 2005 II B 24/04, BFH/NV 2006, 365 und den hierzu ergangen Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG –...