Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1991
Leitsatz (redaktionell)
1. Zur Sanierungsabsicht bei Erlaß von Betriebssteuern und darauf entfallenden Säumniszuschlägen.
2. Zur Bilanzberichtigung bei gewinnmindernder Rückstellung von Säumniszuschlägen, welche inzwischen verjährt sein sollen, aber in den Bilanzen für bestandskräftig veranlagte Veranlagungszeiträume gleichwohl unverändert ausgewiesen waren.
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 05.05.1999; Aktenzeichen XI R 67/97) |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Kläger erzielte im Streitjahr 1991 aus der Herstellung und dem Vertrieb handgeschnitzter und handbemalter Wappen Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er führte zumindest seit Gründung des deutschen Wappenmuseums (1967) freiwillig Bücher, gab Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen ab. Daneben war er zusammen mit seiner am 15. März 1994 verstorbenen Ehefrau an einer GdbR beteiligt. Die Ehegatten erzielten außerdem noch Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit und sonstige Einkünfte.
Die Besteuerungsgrundlagen mußten zunächst wegen Nichtabgabe der ESt-Erklärung 1991 geschätzt werden. Der ursprüngliche – unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende – ESt-Bescheid 1991 ging am 14. Januar 1994 mit einfachem Brief zur Post.
Der Beklagte (das Finanzamt) wich insoweit von der im Einspruchsverfahren eingereichten Steuererklärung ab, als er den erklärten Bilanzgewinn von 462.192 DM nicht um den geltend gemachten Sanierungsgewinn gem. § 3 Nr. 66 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 534.252,17 DM kürzte. Es sah diesen Betrag als laufenden, steuerpflichtigen Gewinn an. Mit Änderungsbescheid vom 08. August 1994 setzte das Finanzamt die ESt 1991 auf 140.402 DM fest.
Der Betrag setzt sich zusammen aus gem. § 227 der Abgabenordnung (AO) erlassenen Umsatzsteuer(USt)-Rückständen der Jahre 1982–1989, Verspätungszuschlägen und Säumniszuschlägen (SZ) von insgesamt 518.330,76 DM sowie einem Forderungsverzicht der Sparkasse … – … in Höhe von 15.921,41 DM. Der Senat verweist auf die Erlaßverfügung der Oberfinanzdirektion … (OFD) vom 21. Februar 1991 (Bl. 34 Erlaß-Erl.-Akte 1990) sowie auf das Schreiben der gen. Sparkasse vom 23. März 1990 (Bl. 14 f. Erl.-Akte 1990).
Mit den i.H.v. 318.129,15 DM erlassenen SZ hat es folgende Bewandnis:
Es handelt sich um SZ, die in den Jahren 1971–1989 angefallen sind. Im einzelnen wird auf die Auflistung in der Erl.-Akte 1990 (Bl. 30–32) verwiesen.
Der Kläger bildete für die verwirkten SZ in seinen Bilanzen Rückstellungen zu Lasten des Gewinns. In der Bilanz zum 31. Dezember 1984 umfaßten die Rückstellungen die Jahre 1974–1984 und betrugen 289.518 DM (siehe Erläuterungen zur Bilanz 1984, Seite 9, Bl. 10 GewSt-Akte 1984). Die Bilanz zum 31. Dezember 1985 wies zusätzlich die 1985 erstmals angefallenen SZ aus: Es ergab sich eine Summe von 339.518 DM (siehe Erläuterungen zur Bilanz S. 23, Bl. 25 GewSt-Akte 1985). Von 1986 bis 1989 wurden keine Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen abgegeben. Das Finanzamt schätzte die Gewinne aus dem gewerblichen Einzelunternehmen des Klägers für 1986 und 1987 auf je 20.000 DM, für 1988 auf 0 DM und für 1989 auf 20.000 DM (hierzu GewStMB-Bescheid 1986, Bl. 3 –GewSt– Akte 1986; die Aktenvermerke, Bl. 8 ESt-Akte 1987, Bl. 9 f. ESt-Akte 1988 und Bl. 7 ESt-Akte 1989).
Für die Jahre ab 1990 wurden wieder Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen abgegeben. Die in der Bilanz 1985 ausgewiesenen SZ 1974–1985 wurden in die „Eröffnungsbilanz” zum 01. Januar 1990 vom 23. November 1993 übernommen und auch in die Schlußbilanz zum 31. Dezember 1990 mit insgesamt 339.518 DM eingestellt. Der ESt-Bescheid 1990 wurde bestandskräftig.
Das Finanzamt hat wegen eines Teiles der verwirkten SZ Anträge auf Eintragung einer Sicherungshypothek gestellt. Der Senat verweist auf die 7 vorgelegten Anträge (Bl. 167–173 FG-Akte). Die daraufhin eingetragenen Sicherungshypotheken wurden erst 1991 gelöscht.
Der o.g. Erlaßverfügung vom 21. Februar 1991 waren längere Verhandlungen zwischen dem Kläger und dem Finanzamt vorangegangen, in deren Verlauf insbesondere ein Gläubiger- und Vermögensverzeichnis beim Finanzamt eingereicht wurden. Das Finanzamt legte in zwei Berichten vom 07. Juni und 10. August 1990 (Bl. 4 f., 18 Erl.-Akte 1990) die Gründe für seine Rechtsansicht dar, daß ein Teilerlaß der Steuerschulden bei Zahlung von 200.000 DM vertretbar sei. Im Bericht vom 10. August 1990 heißt es u.a.: „Nach dem vorgelegten Gläubigerverzeichnis ist zwar entgegen der Darstellung im Bericht vom 07.06.1990 kein allgemeiner Gläubigerverzicht gegeben. Trotzdem halte ich eine vergleichsweise Regelung für sinnvoll, da aus o.g. Gründen zu befürchten steht, daß das Finanzamt ansonsten leer ausgeht”.
In dem nach Erlaß des Änderungsbescheids vom 8. August 1994 fortgesetzten Einspruchsverfahren trug der Kläger vor, es komme für die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 66 EStG nur darauf an, daß Schulden zum Zwecke der Sanierun...