Entscheidungsstichwort (Thema)
Trotz ertragsteuerlicher Mitunternehmerstellung umsatzsteuerlich keine selbstständige Tätigkeit eines geschäftsführenden Komplementärs eines Bankhauses bei einem Arbeitsverhältnis vergleichbarer Ausgestaltung der Tätigkeit ohne Beteiligung an Gewinn und Verlust sowie Vermögen der KG
Leitsatz (redaktionell)
Auch wenn ein Steuerpflichtiger in seiner Funktion als geschäftsführender Komplementär ohne Kapitaleinlage eines Bankhauses in der Rechtsform einer KG ertragsteuerlich Mitunternehmer i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist, so ist er nach dem maßgeblichen Gesamtbild der Verhältnisse gleichwohl umsatzsteuerlich nicht „selbstständig” tätig und somit kein Unternehmer, wenn er u.a.
- lediglich im Außenverhältnis als Gesellschafter auftritt, im Innenverhältnis aber wie ein Angestellter gegenüber den die Gesellschaft beherrschenden Kommanditisten weisungsgebunden ist und er seine Geschäftsführungstätigkeit nicht als Ausfluss seiner Gesellschafterstellung, sondern auf der Grundlage seines arbeitsrechtlichen Anstellungsvertrags ausübt,
- eine feste, von der KG bestimmte Vergütung zuzüglich Tantieme erhält und einen Anspruch auf einen festen Jahresurlaub sowie auf Lohnfortzahlung für sechs Monate bei vorübergehender Berufsunfähigkeit hat,
- weder am Gewinn und Verlust noch am Vermögen der KG beteiligt und im Innenverhältnis von den Kommanditisten von der persönlichen Haftung freigestellt ist und
- zwar zum Treffen unternehmerischer Entscheidungen befugt ist, aber jederzeit vom Verwaltungsrat der KG abberufen werden kann.
Normenkette
UStG § 2 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 S. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1; Richtlinie 2006/112/EG Art. 9 Abs. 1; UStR 2008 Abschn. 17 Abs. 2 S. 3; HGB § 161; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Nachgehend
Tenor
1. Unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids für 2004 vom 30. Mai 2007 und der Einspruchsentscheidung vom 19. Dezember 2006 wird die Umsatzsteuer 2004 auf 790,– herabgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Kläger im Streitjahr in seiner Funktion als geschäftsführender Komplementär des Bankhauses als selbstständiger Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts tätig geworden ist.
Nach dem Gesellschaftsvertrag des Bankhauses gehörten der Kläger und drei weitere Personen dem Bankhaus als Komplementäre ohne Kapitaleinlage an. Kommanditisten waren die GmbH mit einer Einlage von 48.601.400 EUR und Frau X mit einer Einlage von 1.398.600 EUR.
Der Kläger wurde vom Verwaltungsrat des Bankhauses mit Wirkung vom 1. Juli 1991 zum geschäftsführenden persönlich haftenden Gesellschafter bestellt. In der hierzu mit dem Kläger geschlossenen Vereinbarung war unter anderem geregelt, dass er – entsprechend § 12 des Gesellschaftsvertrags – für seine Arbeitsleistung eine jährliche feste Vergütung von 198.000 DM, zahlbar in gleichen monatlichen Raten sowie eine Tantieme, deren Höhe vom Verwaltungsrat alljährlich festgelegt wird, erhält. Ein Teilbetrag von 30.000. DM dieser Tantieme war garantiert und wurde in monatlich gleich hohen Raten mit der festen Vergütung ausgezahlt. Im Monat Dezember 2004 betrug die Auszahlung 13.824 EUR. Zu seinen Aufwendungen für die Angestelltenversicherung und dem Beamtenversicherungsverein erhielt der Kläger vom Bankhaus Arbeitgeberanteile in der jeweils höchsten Klasse unter der Voraussetzung, dass die Arbeitnehmeranteile in der entsprechenden Höhe entrichtet wurden. Außerdem hatte der Kläger nach der Vereinbarung einen Anspruch auf einen Jahresurlaub von 35 Arbeitstagen, der in Abstimmung mit den Mitgliedern der Geschäftsleitung und dem Verwaltungsratsausschuss zu nehmen war. Im Falle vorübergehender Berufsunfähigkeit hatte er Anspruch auf Fortzahlung seiner Bezüge für die Dauer von sechs Monaten. Bei einer länger andauernden Berufsunfähigkeit hatte das Bankhaus das Recht, den Kläger in den Ruhestand zu versetzen.
Nach § 4 des Gesellschaftsvertrags in Verbindung mit § 6 der o.g. Vereinbarung bestand sowohl für den Verwaltungsrat des Bankhauses als auch für den Kläger eine zwölfmonatige Kündigungsfrist zu jedem Jahresende. Unbeschadet dieser Regelung konnte der Verwaltungsrat den Kläger nach seinem eigenen freien Ermessen jederzeit abberufen. Dieser schied damit aus der Gesellschaft aus und war verpflichtet seine Tätigkeit, unverzüglich einzustellen. Der Kläger ist zum 31. März 2005 als Geschäftsführer und als Komplementär aus dem Bankhaus ausgeschieden.
In § 6 des Gesellschaftsvertrags ist geregelt, dass die Komplementäre zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigt und verpflichtet sind und sie zu keiner Geschäftsführungshandlung der Zustimmung der Kommanditisten bedürfen. Sie ...