Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungswidrigkeit der Besteuerung von Spekulationsgewinnen nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG. Handel mit Optionsrechten als Spekulationseinkünfte nach § 23 EStG 1997 (Streitjahre vor 1999). Einkommensteuer 1989 bis 1992 und 1994

 

Leitsatz (amtlich)

1. Trotz des Bestehens von Vollzugsmängeln bei der einkommensteuerlichen Erfassung von Spekulationsgewinnen nach § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG verstößt die bis zum 31.12.1998 geltende Fassung der Vorschrift nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

2. Private Veräußerungsgewinne, die aus dem innerhalb der Spekulationsfrist abgewickelten Handel mit Index- und Währungsoptionsrechten resultieren, sind nach § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b EStG in der bis einschließlich 1998 geltenden Fassung steuerbar.

 

Normenkette

EStG § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. b; GG Art. 3 Abs. 1; EStG § 22 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.11.2004; Aktenzeichen IX R 3/02)

BFH (Urteil vom 23.11.2004; Aktenzeichen IX R 3/02)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

 

Tatbestand

Die Kläger sind in den Streitjahren 1989 bis 1992 sowie 1994 zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagte Ehegatten. Der Kläger war bis 1990 Mitglied des Vorstands der Bayerischen …. Die Klägerin ist Hausfrau.

Während einer bei den Klägern für die Jahre 1989 bis 1994 durchgeführten Außenprüfung machten diese erstmals die Gewinne und Verluste aus der Durchführung von Options-, Wertpapier- und Devisengeschäften als Einkünfte aus Gewerbebetrieb geltend. Demgegenüber gelangte die Prüferin zu der Auffassung, dass die Wertpapier- und Optionsgeschäfte der Kläger in den Streitjahren den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten hätten. Außerdem stellte sie fest, dass ein erheblicher Teil der durchgeführten Aktiengeschäfte sowie der An- und Verkäufe von Index- und Währungsoptionsscheinen innerhalb der 6-monatigen Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b Einkommensteuergesetz (EStG) in der in den Streitjahren geltenden Fassung erfolgt sei. Dementsprechend errechnete die Prüferin für die Kläger die folgenden der Höhe nach unstreitigen Spekulationsgewinne im Sinne der §§ 22 Nr. 2, 23 EStG:

Kläger

Klägerin

1989:

28.940 DM

12.037 DM

1990:

33.339 DM

24.787 DM

1991:

3.595 DM

3.019 DM

1992:

30.671 DM

11.486 DM

1994:

30.748 DM

15.750 DM

Hiervon entfallen folgende Teilbeträge auf Gewinne aus Verkäufen von Index- und Währungsoptionsscheinen:

Kläger

Klägerin

1989:

191 DM

3.722 DM

1990:

29.742 DM

23.134 DM

1991:

3.595 DM

2.660 DM

1992:

30.671 DM

11.486 DM

1994:

30.748 DM

15.750 DM

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 26. Januar 1998 (insb. Tzn 1.14 und 1.15) verwiesen.

Das beklagte Finanzamt (FA) schloss sich den Prüfungsfeststellungen an und erließ jeweils unter dem Datum vom 20. April 1998 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geänderte ESt-Bescheide für die Streitjahre, in denen neben anderen – hier nicht streitigen – Änderungen erstmals die vorstehend genannten Spekulationsgewinne angesetzt wurden. Die gegen sämtliche Änderungsbescheide eingelegten Einsprüche hatten keinen Erfolg (vgl. zusammengefasste Einspruchsentscheidung vom 3. Januar 2000).

Mit der vorliegenden Klage wenden sich die Kläger gegen die angesetzten Spekulationsgewinne insgesamt, hilfsweise zumindest gegen den Ansatz der durch den Handel mit den Optionsscheinen begründeten Spekulationsgewinne. Zur Begründung tragen sie folgendes vor: Die vollumfängliche Erfassung von Spekulationsgewinnen durch die Finanzverwaltung sei im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Vorschriften nicht gewährleistet. Unter Zugrundelegung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juni 1991 2 BvR 1493/89 (BStBl II 1991, 654) zur früheren Zinsbesteuerung verstoße die Besteuerung von Spekulationseinkünften daher gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und sei verfassungswidrig. Zumindest dürften aber die Gewinne der Kläger aus dem An- und Verkauf von Optionsscheinen nicht der Besteuerung unterworfen werden. Dies ergebe sich schon aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 19. Februar 1997 XI R 1/96 (BStBl II 1997, 399), wonach diese Geschäfte wegen ihrer Nähe zu Spiel und Wette keinem einkommensteuerrechtlich relevanten Bereich zuzuordnen seien. Bei Index- und Währungsoptionen könne es nicht zu einer Lieferung von Wirtschaftsgütern kommen. Vielmehr sei der Wille der Vertragsparteien ausschließlich auf die Kursdifferenz gerichtet. Gewinne aus diesen Geschäften stellten daher ebenso wie solche aus Devisentermingeschäften Spielgewinne dar, die nach dem BFH-Urteil vom 25. August 1987 IX R 65/86 (BStBl II 1988, 248) weder als Einkünfte aus Spekulationsgeschäften im Sinne von §§ 22 Nr. 2, 23 EStG noch als Einkünfte aus Leistungen im Sinne von § 22 Nr. 3 EStG steuerlich zu erfassen seien. Soweit es sich aber bei dem Optionsgeschäft selbst um ein steuerlich unbeachtliches Differenzgeschäft handele, könne auch die Veräuß...

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