rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Absehen von der Abgabennacherhebung nach der Neufassung des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK. Zollbefreiung für Rückwaren auch bei nachträglicher Antragstellung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das FG ist nicht gem. § 126 Abs. 5 FGO an die rechtliche Beurteilung des BFH gebunden, wenn der EuGH mittlerweile eine andere Auffassung vertritt.

2. Zur Beweislastverteilung bei der Frage der Erkennbarkeit des Irrtums nach der Neufassung des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK durch die VO Nr. 2700/2000.

3. Ein Antrag auf Zollbefreiung für Rückwaren kann auch noch nach der Abgabe der Zollanmeldung gestellt werden.

4. Zum Alternativnachweis nach Art. 848 Abs. 1 erster Spiegelstrich letzter Unterabs. ZKDVO.

 

Normenkette

ZK Art. 185-186, 220 Abs. 2 Buchst. b; ZKDV Art. 848; AO § 90 Abs. 2; FGO § 76 Abs. 1 S. 4, § 126 Abs. 5

 

Tenor

Der Steueränderungsbescheid vom 11. März 1999 und die Einspruchsentscheidung vom 18. Januar 2000 werden aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Beklagte (das Hauptzollamt – HZA –) von der Klägerin für von dieser eingeführte PKW Zoll nacherheben durfte.

Die Klägerin meldete in den Monaten Juni bis August 1998 insgesamt 33 PKW der Marke X zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Die Fahrzeuge waren zuvor von der X-AG von Deutschland in die Tschechische Republik geliefert worden. Im Hinblick auf die vorgelegten von den tschechischen Finanzbehörden ausgestellten Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1, die als Ursprung der Fahrzeuge Deutschland auswiesen, sah das HZA von einer Erhebung von Zoll ab.

Auf Nachprüfungsersuchen des HZA teilte das Finanzministerium der Tschechischen Republik mit, dass der Ausführer nicht in der Lage gewesen sei, die entsprechenden Dokumente zum Nachweis des Ursprungs der in den streitgegenständlichen Warenverkehrsbescheinigungen genannten Waren vorzulegen, und dass diese nicht als Ursprungswaren betrachtet werden könnten.

Das HZA forderte daraufhin mit Steueränderungsbescheid vom 11. März 1999 von der Klägerin 73.107,00 DM Zoll nach.

Die von der Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte Erfolg. Auf das Urteil des Finanzgerichts (FG) vom 22. Januar 2003 – 3 K 647/00 wird verwiesen.

Auf die hiergegen gerichtete Revision des HZA hin wurde das Urteil des FG durch Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27. Juli 2005 VII R 18/04 (n.v.) aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen.

Der BFH führte zur Begründung u.a. aus, dass entgegen der Auffassung des FG Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Zollkodex – ZK – i.d.F. der VO Nr. 2700/2000 nicht auf Zollschulden anzuwenden sei, die vor Inkrafttreten dieser Verordnung entstanden sind. Das FG habe keinerlei Feststellungen zu einem Irrtum der Zollbehörden getroffen, insbesondere habe es nicht ermittelt, ob die Ausfuhrrechnungen der X-AG bei der Beantragung der EUR.1 in Tschechien vorgelegt worden seien. Das FG hätte die entsprechende Behauptung der Klägerin trotz des Schweigens des HZA hierzu nicht ohne weiteres als zugestanden betrachten dürfen. Es liege auf der Hand, dass das HZA aus eigener Sachkenntnis zu der Frage, welche Unterlagen ausländischen Behörden für die Ausstellung von Präferenznachweisen vorgelegt wurden, regelmäßig keine Angaben machen könne, so dass das HZA eine solche Behauptung in aller Regel lediglich mit Nichtwissen hätte bestreiten können. Ein Anlass für das FG, die Behauptung der Klägerin zu hinterfragen, hätte sich im Streitfall außerdem aus dem Aktenvermerk des ZFA vom 27. August 1998 ergeben, in dem auf Ermittlungen der tschechischen Zollfahndung hingewiesen wurde, die ergeben hätten, dass die Warenverkehrsbescheinigungen auf der Grundlage gefälschter Händlerbescheinigungen ausgestellt worden seien.

Hinsichtlich der Frage, ob die tschechischen Behörden die Warenverkehrsbescheinigungen aufgrund richtiger und vollständiger Angaben der Ausführer in Verkennung der Ursprungsregeln ausgestellt haben, sei auch zu klären, welche Bedeutung dem Umstand zukomme, dass der Beglaubigungsvermerk auf der Rückseite der Ausfuhrrechnungen jeweils ein Datum aus dem September 1998 aufweist, während die Warenverkehrsbescheinigungen von den tschechischen Behörden in den Einfuhrmonaten Juni und Juli 1998 ausgestellt wurden. Letzteres könne dagegen sprechen, dass die Kopien der Ausfuhrrechnungen den tschechischen Behörden bereits bei der Ausstellung der Warenverkehrsbescheinigungen vorlagen.

Für den Fall, dass die Voraussetzungen des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK a.F. für ein Absehen von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung nicht vorliegen, wies der BFH auf die Möglichkeit einer Zollbefreiung für Rückwaren nach Art. 185 Abs. 1 ZK hin, da es nicht ausgeschlossen ersch...

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