Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Erlass von Säumniszuschlägen, wenn die Grundlagen für eine sog. Verrechnungsstundung erst zu einem späteren Zeitpunkt vorliegen
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine so genannte Verrechnungsstundung ermöglicht das Hinausschieben der Zahlungsverpflichtung gemäß § 222 AO, wenn der Steuerpflichtige mit einer Gegenforderung des FA noch nicht aufrechnen kann, diese aber besteht bzw. bestehen wird und auch alsbald fällig sein wird.
2. Insoweit genügt es jedoch nicht, wenn nur eine ungewisse oder unbestimmte Aussicht auf Erstattung der Steuer besteht (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. Urteil v. 12.11.1997, XI R 22/97, BFH/NV 1998, 418). Erforderlich ist vielmehr, dass ein Steuererstattungsanspruch mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit alsbald zu erstatten sein wird.
Normenkette
AO §§ 227, 37 Abs. 1, § 3 Abs. 4, § 347
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob das Finanzamt (FA) den Antrag der Kläger auf Erlass von Säumniszuschlägen in Höhe von 4.225,93 EUR zu Recht abgelehnt hat.
Da die Kläger für die Veranlagungsjahre 1988 bis 1992 sowie 1995 bis 1999 keine Steuererklärungen abgegeben hatten, setzte das FA mit Bescheid vom 12. Oktober 2001 die Einkommensteuer 1999 auf 109.028 DM, Zinsen zur Einkommensteuer auf 3.000 DM, einen Verspätungszuschlag von 3.5000 DM und einen Solidaritätszuschlag von 5.831,54 DM im Schätzungswege fest. Nach Abrechnung bisheriger Tilgungsleistungen ergab sich eine Nachforderung von 57.217,42 EUR, die am 15. November 2001 fällig war.
Gleichzeitig mit dem Einkommensteuerbescheid für 1999 wurden nachträgliche Vorauszahlungen für die Einkommensteuer 2000 in Höhe von 17.486,18 EUR sowie für den Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer 2000 in Höhe von 961,53 EUR festgesetzt, die ebenfalls zum 15. November 2001 zu entrichten waren, sowie Vorauszahlungen für das vierte Vierteljahr zur Einkommensteuer 2001 in Höhe von 24.577,80 EUR sowie zum Solidaritätszuschlag 2001 von 1.341,40 EUR, die am 10. Dezember 2001 fällig wurden.
Das FA zog diese Beträge gemäß der erteilten Lastschrifteinzugsermächtigung jeweils zum Fälligkeitstermin ein. Am 29. November 2001 bzw. 4. Januar 2002 wurden die eingezogenen Beträge zurückbelastet.
Mit Schreiben vom 11. März 2002 kündigte der steuerliche Vertreter der Kläger an, dass die Steuererklärungen für 1998, 1999, 2000 und 2001 fertig gestellt und an das FA unterwegs seien. Gleichzeitig beantragte er die nachträgliche Einkommensteuervorauszahlung 2000 sowie die Einkommensteuervorauszahlung zum 10. Dezember 2001 rückwirkend aufzuheben, die laufende Einkommensteuervorauszahlung für 2002 rückwirkend zum 10. März 2002 zu ermäßigen und die Einkommensteuerabschlusszahlung für 1999 bis zur Verrechnung mit den Erstattungen für 1997 und 1998 rückwirkend zu stunden.
Unter Berücksichtigung der am 20. Februar 2002 bzw. 13. März 2003 eingegangenen Steuererklärungen erließ das für die Festsetzung zuständige Finanzamt München Abteilung 2 geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1998 bis 2001 sowie einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1999. Die sich daraus ergebende Einkommensteuerschuld 1999 wurde durch Verrechnung mit dem Guthaben aus der geänderten Einkommensteuerveranlagung für 1997 (Wertstellung 5. März 2002), die Einkommensteuer und der Solidaritätszuschlag 1999 (Fälligkeit 25. März 2002) sowie die Vorauszahlung zur Einkommensteuer und zum Solidaritätszuschlag für das vierte Quartal 2001 (Fälligkeit 10. Dezember 2001) durch Verrechnung mit den Guthaben aus der geänderten Einkommensteuerveranlagung für 1998 und 2000 sowie der geänderten Umsatzsteuerfestsetzung für 1999 (Wertstellung jeweils am 25. März 2002) getilgt.
Ausweislich eines Aktenvermerks in der Veranlagungsakte vom 21. März 2002 unterblieb aufgrund der umgehenden Bearbeitung der eingereichten Steuererklärungen eine Verbescheidung der Herabsetzungsanträge für das vierte Quartal 2000 und das vierte Quartal 2001 sowie des Stundungsantrags vom 11. März 2002.
Mit an das Veranlagungsfinanzamt gerichtetem Schreiben vom 15. Januar 2003 beantragte der steuerliche Vertreter der Kläger den Erlass der angefallenen Säumniszuschläge, da die Einkommensteuer und Umsatzsteuer nicht wie im Schreiben vom 11. März 2002 beantragt bis zur Verrechnung mit den Erstattungen für 1997 und 1998 gestundet worden seien und bevor über die beantragte Aufhebung der nachträglichen Einkommensteuervorauszahlung 2001 und der Einkommensteuervorauszahlung zum 10. Dezember 2001 die Veranlagung für 2000 bis 2001 durchgeführt worden sei.
Dasselbe Schreiben sandte der steuerliche Vertreter der Kläger mit Datum vom 16. Dezember 2003 und 12. Mai 2004 nochmals an das Veranlagungsfinanzamt.
Mit Verfügung vom 6. Juli 2004 erließ das FA, dem das Antragsschreiben zuständigkeitshalber zugeleitet wurde, die nach Eingang der Steuererklärungen am 13. März 2002 angefallenen und bereits getilgten Säumniszuschläge in Höhe von 547,50 EUR. Gleichzeitig ...