rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Fahrtkostenersatz als Sonderausgabe bei im Übrigen unentgeltlichen Kinderbetreuungsleistungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Zu den berücksichtigungsfähigen Aufwendungen für Kinderbetreuung zählen auch Fahrtkostenerstattungen an die Betreuungsperson, wenn die Leistungen im Einzelnen in der Rechnung oder im Vertrag aufgeführt werden.
2. Der Fahrtkostenersatz ist nicht als Sonderausgabe zu berücksichtigen, wenn die Zahlung bar geleistet wird.
3. Bei der Rechnung über die Betreuungsleistungen muss es sich nicht um eine Rechnung im Sinne des UStG handeln.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 5
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist die Abzugsfähigkeit von Kinderbetreuungskosten.
I.
Die Klägerin ist in den Streitjahren getrenntlebend.
In ihren Steuererklärungen für 2015 und 2016 machte die Klägerin unter anderem Kinderbetreuungskosten für ihre zu ihrem Haushalt gehörigen Kinder, ihre Tochter LX […] (geb. […] 2012) und ihren Sohn PX […] ([…] 2008), steuerlich geltend. Die Kinderbetreuungskosten setzen sich wie folgt zusammen: Zahlungen für den Kinderhort von PX für 2015 von 2.306,40 EUR und für 2016 von 2.231,00 EUR, Zahlungen für den Kindergarten von LX für 2015 von 2.082,00 EUR und für 2016 von 1.302,00 EUR sowie die Aufwendungen für Kinderbetreuung durch die Großmutter mit sechs Fahrten von [… OSt-EU-Land] nach [… N-Stadt] für 2015 und für 2016 in Höhe von jeweils 2.340,00 EUR. Die Fahrtkosten berechnete die Klägerin nach den zurückgelegten Fahrtkilometern und einer Kilometerpauschale von 0,30 EUR (650 km * 0,30 EUR/km * 2 * 6 = 2.340,00 EUR).
Im Einkommensteuerbescheid für Jahr 2015 vom 7. November 2017 berücksichtigte der Beklagte – das Finanzamt – als unbeschränkt abziehbare Sonderausgaben Kinderbetreuungskosten für 2015 nur in Höhe von 2.080,00 EUR, da die Kosten für die Kindertagesstätte um die Verpflegungskosten vermindert wurden und nur die monatlichen Zahlungen für den Kinderhort mit 120 EUR (120 * 12 = 1.440) und den Kindergärten mit 140 EUR (140 * 12 = 1.680) berücksichtigt wurden (1.440 + 1.680 = 3.120; 3.120 * 2/3 = 2.080). Die Aufwendungen für die Fahrtkosten wurden nicht zum Abzug zugelassen. Im Einkommensteuerbescheid für 2016 vom 30. November 2017 berücksichtigte der Beklagte gar keine Kinderbetreuungskosten, da keine Rechnungen vorgelegt und die Zahlungen durch Überweisung auch nicht nachgewiesen seien.
Gegen diese beiden Einkommensteuerbescheide für 2015 und 2016 legte die Klägerin fristgemäß Einspruch ein. Mit Bescheid vom 19. Dezember 2021 änderte der Beklagte aus nicht streitgegenständlichen Gründen die Einkommensteuerfestsetzung für 2015. Zur Begründung des Einspruchs trug die Klägerin vor, dass es sich bei den als Fahrtkosten geltend gemachten Kinderbetreuungskosten um die Fahrtkosten der Großmutter von OSt-EU-Land nach Deutschland handle. Die Fahrtkosten seien der Großmutter in beiden Jahren in bar erstattet worden. Als Nachweis der Fahrtkosten der Großmutter wurde eine Rechnung der Großmutter vom 26. Dezember 2015 und eine weitere Rechnung der Großmutter vom 28. Dezember 2016 jeweils mit einer Zahlungsbestätigung vorgelegt (wegen des Inhalts der Rechnungen und der Zahlungsbestätigungen wird auf die Akten verwiesen; ESt-Akte 2015 Bl 36/42/46, ESt-Akte 2016 Bl 33). Im Übrigen wurde darauf verwiesen, dass die Klägerin mit der in OSt-EU-Land lebenden Großmutter am 22. Dezember 2014 einen Vertrag über unentgeltliche Kinderbetreuung abgeschlossen habe (wegen des Inhalts des Vertrages wird auf die Akten verwiesen, ESt-Akte Bl 37); es sei aber in dem Vertrag vereinbart worden, dass die Fahrtkosten in Höhe von 0,30 EUR je gefahrenen Kilometer erstattet würden. Als alleinerziehende Mutter sei es ihr ohne eine Betreuung für die Kinder nicht möglich gewesen, ihren Arbeitsvertrag als angestellte [… Beraterin] zu erfüllen. Private Betreuungsdienste seien sehr kostspielig und würden für ihre Leistungen 40 EUR bis 60 EUR pro Stunde verlangen. Dass sie ihre Kinder über Nacht nicht in eine Fremdbetreuung habe geben wollen, liege auf der Hand. Für das Jahr 2016 reichte die Klägerin im Einspruchsverfahren Nachweise für die Aufwendungen für den Kinderhort und die Kindertagesstätte über 1.833,92 EUR (für Gebühr 1.290,00 EUR und Essen 543,92 EUR) und 1.182,74 EUR (für Gebühr 750,00 EUR und Essen 432,74 EUR) ein (ESt-Akte 2016 Bl 40 f.). Der Beklagte berücksichtigte deshalb für 2016 im Einkommensteueränderungsbescheid für 2016 vom 20. August 2018 als unbeschränkt abzugsfähige Sonderausgaben Kinderbetreuungskosten in Höhe von 1.360,00 EUR (1.290 + 750 = 2.040; 2.040 * 2/3 = 1.360).
Im Übrigen blieben die Einsprüche für 2015 und 2016 ohne Erfolg. Mit Einspruchsentscheidung vom 25. März 2020 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Die Fahrtkosten der Großmutter aus OSt-EU-Land könnten nicht als Kinderbetreuungskosten bei den Sonderausgaben berücksichtigt werden. Voraussetzung für den Abzug sei, dass der ...