Entscheidungsstichwort (Thema)
Bildung einer Rückstellung für die Betreuung bereits abgeschlossener Lebensversicherungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die bei Abschluss von Renten- und Lebensversicherungsverträgen gegenüber einem Versicherungsunternehmen nach Erhalt einer einmaligen Abschlussprovision seitens eines Versicherungsvertreters eingegangene Verpflichtung zur weiteren Betreuung der Verträge – für die keine separate Vergütung vereinnahmt wird – berechtigt aufgrund des Erfüllungsrückstands zur Bildung einer Rückstellung.
2. Die Höhe der Rückstellung wird mit 0,5 Mitarbeiterstunden je Vertrag und Jahr geschätzt.
Normenkette
EStG § 5 Abs. 1; HGB § 249 Abs. 1; AO § 162; FGO § 96 Abs. 1 S. 1; BGB § 320
Nachgehend
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2004 vom xxx in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom xxx und des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2004 vom xxx wird dahingehend abgeändert, dass die Einkommensteuer für das Jahr 2004 auf xx.xxx EUR festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Kläger xx % und der Beklagte xx %.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Bildung einer Rückstellung für die Betreuung bereits abgeschlossener Lebensversicherungen in der Gewinnermittlung des Klägers für das Streitjahr 2004.
Die Kläger werden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte u.a. als Inhaber einer Versicherungsagentur und aus einem Autohandel und einer Autovermietung Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich.
Der Kläger vermittelte im Rahmen seiner Versicherungsagentur zunächst für die X AG Versicherungsverträge, für die er neben einer Abschlussprovision ein Pflegegeld für die Betreuung des jeweiligen Bestandes erhielt. Nachdem die X AG in der A AG aufgegangen war, erhielt der Kläger ab dem xxx neben der erhöhten Abschlussprovision kein Pflegegeld mehr für ab dem xxx vermittelte Renten- und Lebensversicherungen. Im Rahmen seiner Versicherungsagentur betreute der Kläger im Streitjahr 1.041 Lebensversicherungsverträge, für die er kein Pflegegeld bekam. Zusammen mit den Verträgen, für die er ein Pflegegeld bekam, belief sich der Bestand der betreuten Verträge auf 1.413 Verträge. Der Anteil der Rentenversicherungsverträge belief sich auf ca. 20 % der gesamten Verträge. Der Kläger beschäftigte 2004 fünf Mitarbeiter.
Die Betreuung der Versicherungsverträge, die durch Mitarbeiter der Versicherungsagentur übernommen wurde, umfasste die Bearbeitung der Bankverbindungen für den Bankeinzug der laufenden Beiträge bei Änderungen, die Bearbeitung von Namensänderungen, die Bearbeitung der Änderungen für Bezugsrechte, die Bearbeitung und Übersendung von Angeboten für Beitragsfreistellungen auf Wunsch der Kunden, die Bearbeitung und Übersendung von Berechnungen der Ablaufsummen im Falle von Beitragsfreistellungen und von Reduzierungen der Versicherungssumme, die Bearbeitung und Berechnung der Rückkaufswerte für Bankfinanzierungen sowie die Bearbeitung von Abtretungen bzw. Sicherungsübereignungen im Falle von Bankfinanzierungen sowie die Abwehr von Abwerbeversuchen durch andere Finanzberater und Konkurrenzunternehmen der Versicherungsbranche.
In seiner Gewinnermittlung für das Jahr 2004 passivierte der Kläger erstmals eine Rückstellung für Bestandspflege in Höhe von 165.060 EUR, die er wie folgt berechnete:
Versicherungsbestand |
1.400 Verträge |
Durchschnittliche Laufzeit |
25 Jahre |
Geschätzter Betreuungsaufwand pro Jahr und Vertrag |
1,5 Stunden |
Berechnung: 52.500 Stunden × Abzinsungsfaktor 0,262 % × 12 EUR Lohn/Stunde = 165.060 EUR.
Mit Schreiben vom 6. Oktober 2006 teilte der Kläger dem Beklagten (dem Finanzamt – FA –) mit, dass die Rückstellung für Bestandspflege (1.041 Verträge × 25 Jahre × 1,5 Stunden × 0,262 × 12 EUR/Stunde =) mindestens 122.734 EUR betragen müsse.
Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2004 vom xxx berücksichtigte das FA die Rückstellung für Bestandspflege bei der Ermittlung der Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb nicht, legte Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Klägers in Höhe von xxx EUR der Besteuerung zugrunde und setzte eine Einkommensteuer in Höhe von xxx EUR fest. Dagegen legte der Kläger fristgemäß Einspruch ein.
In der gegenüber den Klägern ergangenen Einspruchsentscheidung vom xxx setzte das FA die Einkommensteuer für das Jahr 2004 auf xxx EUR herauf und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Die Heraufsetzung der Einkommensteuer 2004 erfolgte, weil die Entnahme eines Pkws im Jahr 2003 zur Folge hatte, dass die Absetzungen für Abnutzung (AfA) für dieses Fahrzeug im Jahr 2004 zu kürzen waren. Die Abweisung des Einspruchs ...