Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine rückwirkende Entnahme des getrennt vom Wohnhaus eines Landwirts liegenden Obst- und Gemüsegartens durch Beendigung der Nutzungwertbesteuerung. Einkommensteuer 1990
Leitsatz (amtlich)
1. Die Entnahme eines ursprünglich zum notwendigen landwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörenden Teils eines Hofgrundstücks wird nicht durch die Anlage eines Eigenbedarfszwecken dienenden Obst- und Gemüsegartens bewirkt, sondern erfordert eine ausdrückliche Entnahmeerklärung gegenüber dem FA.
2. Verzichtet ein seine Einkünfte im Wesentlichen aus dem Dauerkulturanbau (Erdbeerplantagen) erzielender Landwirt gemäß § 52 Abs. 15 Satz 6 EStG a.F. mit Wirkung für ein früheres Jahr auf die Fortführung der Nutzungswertbesteuerung für seine selbstgenutzte Wohnung, gilt der räumlich und baulich getrennt vom Wohngebäude liegende Obst- und Gemüsegarten nicht zum Zeitpunkt der letztmaligen Anwendung der Nutzungswertbesteuerung als entnommen.
3. Die durch gesetzliche Ausnahmeregelung des § 52 Abs. 15 Satz 6 EStG a.F. mögliche rückwirkende Entnahme des Wohngebäudes und des dazugehörigen Grund und Bodens, kann nicht auf den getrennt liegenden Obst- und Gemüsegarten angewendet werden. Dieser wird frühestens im Zeitpunkt der Erklärung gegenüber dem FA entnommen
Normenkette
EStG § 52 Abs. 15 Sätze 6-7, § 13 Abs. 2 Nr. 2, § 4 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Einkommensteuer 1990 und die Zinsen hierzu werden auf Null DM festgesetzt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
5. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Kläger ihren Obst- und Gemüsegarten im Wirtschaftsjahr 1992 steuerpflichtig aus ihrem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb entnommen haben oder nicht- mit der Folge, dass die Einkommensteuer des Streitjahres 1990 aufgrund eines Verlustrücktrages aus dem Jahr 1992 herabzusetzen wäre.
Die Kläger sind Ehegatten, die für das Jahr 1990 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Sie erzielten im Wesentlichen Einkünfte aus landwirtschaftlichem Dauerkulturanbau (Erdbeerplantagen), die nach § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz/EStG ermittelt wurden. Der Hof mit dem von den Klägern und den Altenteilern selbst bewohnten Wohnhaus nebst Wirtschaftsgebäuden liegt im westlichen Teil des Hofgrundstücks, der … Auf dem östlichen Teil, vom Wohnhaus der Kläger getrennt durch Wirtschaftsgebäude und die Hoffläche, befindet sich ein Bungalow, den die Kläger bis 1979 selbst genutzt hatten und der fremdvermietet ist. Der Bungalow war mit dem zugehörigen Grund und Boden (ca. 500 m²) bereits vor dem Streitjahr 1990 ins Privatvermögen überführt worden. Nördlich und östlich des Bungalows befindet sich ohne konkrete Abgrenzung (z. B. durch einen Zaun) ein Obst- und Gemüsegarten, der angelegt wurde, als die Kläger den Bungalow noch selbst genutzt hatten. Es handelt sich hierbei im Einzelnen um eine Fläche von 450 m² mit aufstehenden Obstbäumen, eine Johannisbeerhecke mit 115 m² und einen Gemüsegarten mit 150 m². Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die vorliegenden Katasterauszüge Bezug genommen. Bei der südlich des Bungalows befindlichen Grünfläche mit 994 m² handelt es sich um Betriebsvermögen. Die an den Obstgarten im Osten unmittelbar angrenzende haben die Kläger 1996 ins Privatvermögen überführt.
Die erstmalige Veranlagung der Kläger zur Einkommensteuer 1990 erfolgte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Mit Änderungsbescheid vom 20.09.1993 setzte der Beklagte (Finanzamt/FA) die Einkommensteuer 1990 sodann unter Berücksichtigung eines Verlustrücktrages aus dem Jahr 1992 in Höhe von 189.225 DM von ursprünglich 60.280 DM auf Null DM herab. Mit Bescheid vom 13.10.1997 wurde der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben.
Mit Schreiben vom 29.04.1998, auf das Bezug genommen wird, stellten die Kläger im Rahmen einer bei ihnen damals für die Jahre 1992 bis 1996 durchgeführten Außenprüfung den „Antrag auf Wegfall des Nutzungswertes der Wohnung nach § 52 Abs. 15 EStG (a. F.) für die Altenteilerwohnung und Betriebsleiterwohnung (= das selbstgenutzte Wohngebäude der Kläger) zum 01.01.1992”. Die davon betroffenen und als steuerfreie Entnahme zu behandelnden Teilflächen der bezeichneten die Kläger konkret wie folgt:
Wohnhaus mit Umgriff, Zufahrten, Stellplätze |
602 m² |
dazugehörige Gartenfläche |
715 m² |
Der Außenprüfer vertrat die Auffassung, dass die Gartenfläche, d. h. der Obst- und Gemüsegarten, nicht gem. § 52 Abs. 15 EStG a. F. steuerfrei entnommen werden konnte. Nach § 52 Abs. 15 Sätze 6 und 7 EStG a. F. bleibe nur der Gewinn aus der Entnahme einer selbstgenutzten Wohnung und des dazugehörigen Gr...