Entscheidungsstichwort (Thema)
Bilanzielle Behandlung von Caps (Zinsbegrenzungsvereinbarungen). Körperschaftsteuer 1997
Leitsatz (redaktionell)
1. Aus Zinsbegrenzungsverträgen („Cap”) erworbene Rechte stellen immaterielle, in der Bilanz zu aktivierende Wirtschaftsgüter dar (keine Bildung eines aktiven Rechnungsabgrezungspostens); caps haben als eine Serie von Zinsoptionen, deren Anzahl sich aus den individuellen vertraglichen Vereinbarungen ergibt, keinen Dauerschuldcharakter, wenn der Stillhalter u.U. überhaupt nicht zur Erbringung einer Leistung aus dem Zinsbegrenzungsvertrag verpflichtet ist.
2. Für die Caps ist eine Teilwertabschreibung auf den Rückkaufswert der Stillhalterbank als den Einzelveräußerungspreis zulässig, wenn das Zinsniveau –und damit der innere Wert des Caps- gesunken ist und sich deren Erwerb damit als Fehlmaßnahme erwiesen hat.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1-2, § 5 Abs. 5, § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3; AO 1977 § 162; EStG § 5 Abs. 1
Tenor
1. Der Körperschaftsteuerbescheid 1997 vom 31. Januar 2000 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 30. März 2001, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. Mai 2001 wird abgeändert. Dem Beklagten wird die Berechnung der Körperschaftsteuer für 1997 – unter Berücksichtigung einer von der Klägerin geltend gemachten Abschreibung der von ihr erworbenen Zinsbegrenzungsverträge auf den niedrigeren Teilwert – entsprechend der unter II. 4 der Gründe geäußerten Rechtsauffassung des Gerichts übertragen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, eine Genossenschaftsbank, hat in den Jahren 1994 und 1995 mit der A Bank (sog. Stillhalterin) zwei Zinsbegrenzungsverträge (sog. Caps) entsprechend den nachstehenden Vereinbarungen geschlossen:
- Vertrag vom 15. April 1994 mit einer Laufzeit vom 19. Oktober 1994 bis 19. April 1999 über 5 Mio. DM bei einem Zinsbegrenzungssatz (sog. Strike) von 6,5 % bezogen auf den 6-Monats-Libor; die Klägerin bezahlte hierfür Prämien in Höhe von 103.500 DM.
- Vertrag vom 23. November 1995 mit einer Laufzeit vom 28. Mai 1996 bis 27. November 2002 über 10 Mio. DM bei einem Zinsbegrenzungssatz von 6,5 % bezogen auf den 6-Monats-Libor; die Klägerin bezahlte hierfür Optionsprämien in Höhe von 491.000 DM.
Nach den Bestimmungen der Zinsbegrenzungsverträge erhält die Klägerin von der Stillhalterin innerhalb der einzelnen Zinsbegrenzungsperioden jeweils einen Zinsausgleich auf 5 bzw. 10 Mio. DM ersetzt, soweit das Zinsniveau 6,5 %, bezogen auf den publizierten offiziellen Zinssatz innerhalb von Banken am Londoner Markt, übersteigt. Ergänzend zu den Zinsbegrenzungsverträgen bestand zwischen den beteiligten Vertragsparteien ein „Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte” mit „Anhang für Optionsgeschäfte auf Börsenindizes oder Wertpapiere zu dem oben genannten Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte”, datiert am 23. Januar 1997.
In ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1997 bewertete die Klägerin die Zinsbegrenzungsverträge gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit dem Teilwert; als Basis für die Ermittlung des Teilwerts hatte sie die entsprechenden Wertmitteilungen der Stillhalterbank, d. h. den angebotenen Rückkaufswert, zugrunde gelegt. Grund der Teilwertabschreibung war das allgemeine Absinken des Zinsniveaus nach Abschluss der Zinsbegrenzungsverträge; die Klägerin ging insoweit davon aus, dass damit auch die Wahrscheinlichkeit zurückgegangen sei, dass sie in den Genuss einer entsprechenden Zinsausgleichszahlung komme.
In der Zeit vom 28. September bis 27. Oktober 1999 führte der Beklagte (das Finanzamt –FA–) bei der Klägerin eine Außenprüfung durch. Der Betriebsprüfer vertrat hinsichtlich der Zinsbegrenzungsverträge die Ansicht, dass die von der Klägerin begehrte Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert (Marktpreis) zu versagen sei; der von der Stillhalterin bescheinigte Marktpreis sei nicht dazu geeignet, eine entsprechende Teilwertabschreibung zu begründen. Caps seien nach den §§ 253 Abs. 1, 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) i.V.m. § 6 Abs. 1 EStG mit den Anschaffungskosten anzusetzen. Am Bilanzstichtag sei zunächst eine Verminderung der historischen Anschaffungskosten nur hinsichtlich der zwingend vorzunehmenden planmäßigen Abschreibungen vorzunehmen. Zwar sei eine Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert grundsätzlich möglich, wenn der Cap zum Anlagevermögen gehöre (und sogar zwingend, wenn er dem Umlaufvermögen zuzurechnen sei), wenn der anhand aktueller Marktpreise für vergleichbare Caps sich ergebende Wert zum Bilanzstichtag unter dem um die planmäßigen Abschreibungen geminderten Anschaffungskosten liege, jedoch seien die Voraussetzungen hierfür im Streitfall nicht gegeben. Zin...