Entscheidungsstichwort (Thema)
Bilanzielle Behandlung von Caps (Zinsbegrenzungsvereinbarungen). Körperschaftsteuer 1996 u. 1997 (als Rechtsnachfolger der … –Bank eG)
Leitsatz (redaktionell)
1. Aus Zinsbegrenzungsverträgen („Cap”) erworbene Rechte stellen immaterielle, in der Bilanz zu aktivierende Wirtschaftsgüter dar (keine Bildung eines aktiven Rechnungsabgrezungspostens); caps haben als eine Serie von Zinsoptionen, deren Anzahl sich aus den individuellen vertraglichen Vereinbarungen ergibt, keinen Dauerschuldcharakter, wenn der Stillhalter u.U. überhaupt nicht zur Erbringung einer Leistung aus dem Zinsbegrenzungsvertrag verpflichtet ist.
2. Für die Caps ist eine Teilwertabschreibung auf den Rückkaufswert der Stillhalterbank als den Einzelveräußerungspreis zulässig, wenn das Zinsniveau –und damit der innere Wert des Caps- gesunken ist und sich deren Erwerb damit als Fehlmaßnahme erwiesen hat.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1-2, § 5 Abs. 5, § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3; AO 1977 § 162; EStG § 5 Abs. 1
Tenor
1. Die Körperschaftsteuerbescheide für 1996 vom 23. Februar 1999 und für 1997 vom 2. März 2001, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Mai 2001 werden abgeändert. Dem Beklagten wird die Berechnung der Körperschaftsteuer für 1996 und 1997 – unter Berücksichtigung einer von der Klägerin geltend gemachten Abschreibung der von ihr erworbenen Zinsbegrenzungsverträge auf den niedrigeren Teilwert – entsprechend der unter II. 4 der Gründe geäußerten Rechtsauffassung des Gerichts übertragen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin, eine Genossenschaftsbank, hat in den Jahren 1995 und 1996 mit der A Bank und der B Bank (sog. Stillhalterin) zwei Zinsbegrenzungsgeschäfte (sog. Caps) entsprechend den nachstehenden Vereinbarungen geschlossen:
- Vertrag mit der A Bank vom 22. September 1995 mit einer Laufzeit vom 26. März 1996 bis 20. September 2000 über 10 Mio. DM bei einem Zinsbegrenzungssatz (sog. Strike) von 6 % bezogen auf den 6-Monats-Libor; die Klägerin bezahlte hierfür Prämien in Höhe von 334.000 DM.
- Vertrag mit der B Bank vom 27. Februar 1996 mit einer Laufzeit vom 29. Februar 1996 bis 1. März 2001 über 10 Mio. DM bei einem Zinsbegrenzungssatz von 6 % bezogen auf den 6-Monats-Libor; die Klägerin bezahlte hierfür Optionsprämien in Höhe von 403.000 DM.
Nach den Bestimmungen der Zinsbegrenzungsverträge erhält die Klägerin von der Stillhalterin innerhalb der einzelnen Zinsbegrenzungsperioden jeweils einen Zinsausgleich auf 10 Mio. DM ersetzt, soweit das Zinsniveau 6 %, bezogen auf den publizierten offiziellen Zinssatz innerhalb von Banken am Londoner Markt übersteigt. Ergänzend zu den Zinsbegrenzungsverträgen bestanden zwischen den beteiligten Vertragsparteien sog. „Rahmenverträge für Finanztermingeschäfte” mit „Anhang für Optionsgeschäfte auf Börsenindizes oder Wertpapiere zu dem oben genannten Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte”.
In ihren Bilanzen zum 31. Dezember 1996 und zum 31. Dezember 1997 bewertete die Klägerin die Zinsbegrenzungsverträge gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit dem Teilwert; als Basis für die Ermittlung des Teilwerts hatte sie die entsprechenden Wertmitteilungen der Stillhalterbank, d. h. den angebotenen Rückkaufswert, zugrunde gelegt. Grund der Teilwertabschreibung war das allgemeine Absinken des Zinsniveaus nach Abschluss der Zinsbegrenzungsverträge; die Klägerin ging insoweit davon aus, dass damit auch die Wahrscheinlichkeit zurückgegangen sei, dass sie in den Genuss einer entsprechenden Zinsausgleichszahlung komme.
In der Zeit vom 2. Juni bis 18. Juni 1998 und vom 28. März bis 6. Dezember 2000 führte der Beklagte (das Finanzamt –FA–) bei der Klägerin Außenprüfungen betreffend die Jahre 1993 bis 1996 und 1997 durch. Der Betriebsprüfer vertrat hinsichtlich der Zinsbegrenzungsgeschäfte die Ansicht, dass die von der Klägerin begehrte Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert (Marktpreis) zu versagen sei; der von der Stillhalterin bescheinigte Marktpreis sei nicht dazu geeignet, eine entsprechende Teilwertabschreibung zu begründen. Caps seien nach den §§ 253 Abs. 1, 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) i.V.m. § 6 Abs. 1 EStG mit den Anschaffungskosten anzusetzen. Am Bilanzstichtag sei zunächst eine Verminderung der historischen Anschaffungskosten nur hinsichtlich der zwingend vorzunehmenden planmäßigen Abschreibungen vorzunehmen. Zwar sei eine Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert grundsätzlich möglich, wenn der Cap zum Anlagevermögen gehöre (und sogar zwingend, wenn er dem Umlaufvermögen zuzurechnen sei), wenn der anhand aktueller Marktpreise für vergleichbare Caps sich ergebende Wert zum Bilanzstichtag unt...