Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses mit nahen Angehörigen
Leitsatz (redaktionell)
Ein Arbeitsverhältnis zwischen nahen Angehörigen über die Erbringung von Reinigungsleistungen kann auch dann anzuerkennen sein, wenn zwar die Höhe des Entgelts genau festgelegt ist, nicht jedoch die Zahl der zu erbringenden Arbeitsstunden.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4
Tenor
1. Auf die Klage des Klägers werden die Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2002 vom 2.3.2004 sowie die Einspruchsentscheidung vom 1.12.2004 dahingehend geändert, dass die Einkommensteuer unter Berücksichtigung zusätzlicher Betriebsausgaben von 8.784 DM (2000 und 2001) sowie 4.392 Euro (2002) festzusetzen ist.
2. Auf die Klage der Klägerin wird die Einspruchsentscheidung vom 2.3.2004 ihr gegenüber aufgehoben.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Tatbestand
I.
Die Kläger (Kl) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Der Kl ist Inhaber eines Sportgeschäftes, die Klin ist bei ihrem Ehemann beschäftigt. Im Jahre 2003 wurde bei ihm eine Außenprüfung durchgeführt. Dabei beanstandete der Prüfer des Beklagten (des Finanzamts -FA-) u.a. ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Kl und der Mutter der Klin (Frau X). Diese führte im Ladengeschäft Reinigungsarbeiten durch. Der Prüfer stellte fest, dass der Kl an seine Mutter Arbeitslohn gezahlt hatte, und zwar in den Jahren 2000 und 2001 in Höhe von 600 DM monatlich (= 7.200 DM jährlich), im Jahre 2002 in Höhe von 300 Euro monatlich (= 3.600 Euro jährlich). Der Prüfer ließ die Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben zum Abzug zu, ebenso wenig Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge von 1.584 DM (2000 und 2001) und 792 Euro (2002).
Aufgrund der Feststellungen der Außenprüfung ergingen unter dem Datum des 2.3.2004 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderte Einkommensteuerbescheide 2000 und 2001 sowie ein nach § 164 Abs. 2 AO geänderter Einkommensteuerbescheid 2002. Hiergegen wandte sich der Kl mit Einspruch. Der Rechtsbehelf, in dem beide Kl als Einspruchsführer genannt sind, hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 1.12.2004). Das FA wies in der Rechtsbehelfsentscheidung u.a. darauf hin, dass Frau X am Ende der Jahre 2000 bis 2002 jeweils einen Betrag in Höhe des erhaltenen Jahreslohnes auf das Konto der Tochter überwiesen hatte.
Zur Begründung der anschließend erhobenen Klage, die für beide Kl eingelegt wurde, wird im Wesentlichen vorgetragen: Es sei ein pauschaler Arbeitslohn vereinbart worden, ohne Nachweis der geleisteten Stunden. Dies sei auch bei Arbeitsverhältnissen zwischen einander Fremden durchaus üblich. Ebenso wenig spreche gegen eine Anerkennung der Umstand, dass die Schwiegermutter den Lohn am Jahresende wieder zurück überwiesen habe.
Die Kl beantragen,
die Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2002 vom 2.3.2004 sowie die Einspruchsentscheidung vom 1.12.2004 zu ändern und die Einkommensteuer unter Berücksichtigung zusätzlicher Betriebsausgaben von 8.784 DM (2000 und 2001) sowie 4.392 Euro (2002) herabzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Am 20.6.2005 hat in der Streitsache ein Erörterungstermin stattgefunden. Am 29.9.2005 hat der Senat beschlossen, Beweis zu erheben über die Durchführung des Arbeitsverhältnisses durch Einvernahme von Frau X als Zeugin. Am 25.10.2005 hat der Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden. Auf die Niederschriften wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist begründet.
1. Die Klage der Klin, die selbst nicht Einspruch eingelegt hat, ist begründet. Die Klin ist dadurch beschwert, dass trotz eines fehlenden Rechtsbehelfs ihr gegenüber eine Einspruchsentscheidung ergangen ist. Diese ist auf ihre Klage hin aufzuheben (s. Gräber, Kommentar zur FGO, 5. Aufl. 2002, § 44 Rz. 39).
2. Die Klage des Kl ist ebenfalls begründet. Die Zahlungen, die er an die Zeugin (Frau X) geleistet hat sowie die abgeführte Lohnsteuer und die Sozialversicherungsbeiträge sind als Betriebsausgaben abziehbar. Die zwischen dem Kl und der Zeugin, seiner Schwiegermutter, bestehenden Rechtsbeziehungen sind steuerlich anzuerkennen.
a) Verträge unter nahen Angehörigen sind steuerlich zu berücksichtigen, wenn sie zivilrechtlich wirksam geschlossen sind und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht. Dieser sog. Fremdvergleich dient bei Rechtsverhältnissen unter Angehörigen der Feststellung, ob der zu beurteilende Sachverhalt dem privaten Bereich oder dem Bereich der Einkunftserzielung zuzuordnen ist (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 28.1.1997 IX R 23/94, BStBl II 1997, 655).
Bei der Prüfung eines unter nahen Angehörigen geschlossenen Vertrages ist nicht die (Nicht-)Erfüllung eines Einzelkriteriums aussc...