Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorfälligkeitsentschädigung. abweichende Steuerfestsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen
Leitsatz (redaktionell)
Zutreffend hat der Beklagte ermessensfehlerfrei eine abweichende Festsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen verneint, da hinsichtlich der steuerlichen Behandlung von Vorfälligkeitsentschädigungen keine Rechtsprechungsänderung vorliegt.
Normenkette
AO § 163
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, erwarb im Jahr 1978 ein Wohnhaus mit Bäckerei M (Vermietungsobjekt). Ihr Grundbesitz war laut der Abteilung III des Grundbuchs mit verschiedenen Buchgrundschulden belastet (vgl. Notarvertrag vom 30. April 2013, Seite 2, Dauerunterlagen).
Am 30. April 2013 veräußerte die Klägerin ihr Vermietungsobjekt. Der Kaufpreis betrug 2.250.000 EUR. Laut dem Notarvertag sollte der Kaufpreis zur Zahlung fällig sein, wenn u.a. die Lastenfreistellungserklärungen zur bedingungslosen Verwendung oder versehen nur mit solchen Auflagen, die durch die Bezahlung des Kaufpreises oder eines Teils davon erfüllt werden können, in grundbuchmäßiger Form dem Notar vorliegen oder die Lastenfreistellung bereits grundbuchrechtlich vollzogen ist (vgl. Notarvertrag vom 30. April 2013, Seiten 3 und 4, Dauerunterlagen).
Aufgrund dieser Verpflichtung zur Lastenfreistellung tilgte die Klägerin in der Folgezeit vorzeitig zwei im Zusammenhang mit dem Vermietungsobjekt aufgenommene Darlehen:
Darlehen |
Bank |
Vorfälligkeitsentschädigung |
Nr. …543 |
VR-Bank … |
22.274,22 EUR |
Nr. …380 |
Raiffeisenbank … |
203,28 EUR |
|
|
insgesamt: |
22.477,50 EUR |
Das Darlehen Nr. …380 wurde im Jahr 2005 mit einer Endfälligkeit im Februar 2016 aufgenommen; der Darlehensvertrag Nr. …543 wurde im Jahr 2011 mit einer Endfälligkeit im Oktober 2021 abgeschlossen.
Die Klägerin beabsichtigte mit dem erzielten Kaufpreis weder den Erwerb eines neuen Vermietungsobjekts noch erwarb sie zu einem späteren Zeitpunkt ein solches.
In dem mit Klage (Az. 2 K 1724/16) angefochtenem Bescheid vom 27. August 2014 über die gesonderte und einheitliche Feststellung für 2013 ließ der Beklagte die Vorfälligkeitsentschädigungen in Höhe von insgesamt 22.477,50 EUR als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung unberücksichtigt.
Am 29. September 2014 stellte die Klägerin einen Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO unter Bezugnahme auf das BMF-Schreiben vom 15. Januar 2014 (IV C 1 – S 2211/11/10001:001 2014/0019176, BStBl I 2014, 108).
Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 23. Oktober 2014 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf abweichende Steuerfestsetzung aus sachlichen Billigkeitserwägungen ab. Den dagegen eingelegten Einspruch wies er mit Einspruchsentscheidung vom 10. Mai 2016 als unbegründet zurück.
Zur Begründung ihrer dagegen gerichteten Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen Folgendes vor: Im Streitfall sei entscheidend, dass das BMF in seinem Schreiben vom 3. Mai 2006 (IV C 3 –S 2211 – 11/06, BStBl I 2006, 363) festgestellt habe, dass der durch die tatsächliche Verwendung des Darlehens zur Finanzierung sofort abziehbarer Werbungskosten (Erhaltungsaufwendungen) geschaffene Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung auch nach Aufgabe der Vermietungstätigkeit bestehen bleibe. Diese Ansicht gelte für vor dem 1. Januar 2014 rechtswirksam abgeschlossene obligatorische Veräußerungsgeschäfte weiterhin (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 108). Sie –die Klägerin– habe darauf vertraut, dass bei Verwendung der Darlehen zur Finanzierung von sofort abziehbaren Werbungskosten die Darlehenszinsen für die gesamte Laufzeit der Darlehen Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung darstellten und dass dieses Vertrauen auch bei einer zur Zeit der Darlehensaufnahme nicht beabsichtigten Veräußerung nicht durchbrochen würde.
Es sei sachlich unbillig, aufgrund der geänderten Rechtsprechung des BFH im Urteil vom 11. Februar 2014 (IX R 42/13, BStBl II 2015, 633, zu Anschaffungsdarlehen) Dispositionen des Steuerpflichtigen bei Darlehensaufnahme, die auch im nicht beabsichtigten Veräußerungsfall gelten sollten, steuerlich unterschiedlich zu werten, weil in Anwendung der BMF-Schreiben (in BStBl I 2006, 363, und in BStBl I 2014, 108, sowie vom 27. Juli 2015 IV C 1 – S 2211/11/10001, Tz. 5 i.V.m. Tz. 2, BStBl I 2015, 581) Vorfälligkeitsentschädigungen bei anderen Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum 2013 anerkannt würden.
Die geltend gemachten Vorfälligkeitsentschädigungen seien als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anzuerkennen, da aus Gründen des Vertrauensschutzes sachliche Unbilligkeit vorliege.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 23. Oktober 2014 und der Einspruchsentscheidung vom 10. Mai 2016 den Beklagten zu verpflichten, ihre Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in dem Bescheid für 2013...