Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Einbeziehung von Nachbelastungen von unterjährig angemeldeten Verrechnungspreisen in den Zollwert. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: VII R 36/22)
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Zollwertermittlung ist eine waren- und stichtagsbezogene Wertermittlung.
2. Der Zollkodex lässt es nicht zu, als Zollwert einen vereinbarten Transaktionswert zugrunde zu legen, der sich teilweise aus einem zunächst in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrag und teilweise aus einer pauschalen Berichtigung nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusammensetzt, ohne dass sich sagen lässt, ob am Ende des Abrechnungszeitraums diese Berichtigung nach oben oder nach unten erfolgen wird. Daher können unterjährig angemeldete Verrechnungspreise nicht nachträglich korrigiert werden.
Normenkette
ZK Art. 29, 31; UZK Art. 70, 74 Abs. 3
Tenor
1. Die Einfuhrabgabenbescheide vom 26. Oktober 2017 und vom 11. Januar 2018 und die dazu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 4. Februar 2020 werden aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist der Zollwert für die von der Klägerin eingeführten Waren.
Die Klägerin bezieht im Wesentlichen Waren von den verbundenen Unternehmen X, Y(Konzernobergesellschaft, …) und Z.
Sie führte in den Jahren 2014 bis 2017 Waren der o.g. Firmen nach Deutschland ein und ließ sie zum freien Verkehr abfertigen. Dabei meldete sie die unterjährig gezahlten Verrechnungspreise aus den Intercompany-Rechnungen als Grundlage für die Zollwertermittlung an.
Im Rahmen einer Zollprüfung stellte das Hauptzollamt (HZA) fest, dass die Y der Klägerin Nachbelastungsbeträge von (…) EUR für 2015, (…) EUR für 2016 und (…) EUR für 2017 in Rechnung gestellt hatte. Diese beruhten auf einem zwischen der Klägerin und der Y abgeschlossenen Distribution Agreement vom (…), wonach die Klägerin sich verpflichtete, Produkte von dieser zu beziehen und diese im festgelegten Vertriebsgebiet zu veräußern. Mit der 1. Ergänzungsvereinbarung vom (…) wurden in diesen Vertrag auch Lieferungen von verbundenen Unternehmen der Konzerngesellschaft miteinbezogen und damit u.a. auch die Lieferungen von Z. Mit der 2. Ergänzungsvereinbarung vom gleichen Datum wurde festgelegt, dass die Klägerin eine als fremdüblich bezeichnete „Agreed Margin” erhalten soll.
Nach der Vereinbarung resultiert die Marge aus dem rollenden Dreijahresdurchschnitt der fremdüblichen Bandbreiten, die auf Basis von Datenbankanalysen für Umsatzrenditen vergleichbarer Unternehmen ermittelt worden sind. Für den hier streitigen Zeitraum wurde durch die Datenbankanalyse eine fremdübliche Bandbreite für Umsatzrenditen ermittelt und von Y aus dieser Bandbreite eine Marge von 1,93% ermittelt, die innerhalb der fremdüblichen Bandbreite für Umsatzrenditen vergleichbarer Unternehmen lag.
Tatsächlich erzielte die Klägerin durch den Weiterverkauf der Produkte im Geschäftsbereich (…) Umsatzrenditen von 23,24% (2014/2015), 26,24% (2015/2016) und 28,49% (2016/2017).
Unterjährig erhielt die Klägerin für die gelieferten Waren Rechnungen, die vorab bereits um einen kalkulierten Abzug vom Listenpreis, nämlich die sog. „Agreed Margin”, gemindert worden sind. Diese unterjährig gezahlten Verrechnungspreise meldete die Klägerin als Grundlage für die Zollwertermittlung in den Zollanmeldungen an.
Da die tatsächlich erzielten zweistelligen Umsatzrenditen in den Geschäftsjahren 2015 bis 2017 erheblich über der vereinbarten Marge lagen und somit nach Meinung des HZA nicht fremdüblich waren, wurden der Klägerin Nachbelastungsbeträge in Höhe von (…) bis (…) EUR in Rechnung gestellt (…).
Nach der Auffassung des HZA waren die ungewöhnlich hohen Gewinne nur deshalb möglich, weil die unterjährigen Verrechnungspreise zu niedrig berechnet worden seien. Die erzielten Umsatzrenditen seien konzernintern auf die Marge von 1,93 % angepasst worden, so dass auf dieser Grundlage die genannten Nachbelastungsbeträge ermittelt und der Klägerin mit Debit Notes in Rechnung gestellt bzw. von dieser bezahlt worden seien.
Das HZA kam aufgrund des festgestellten Sachverhalts zu dem Ergebnis, dass die ursprünglich unterjährig angemeldeten Zollwerte um Korrekturfaktoren (1,34 für die Jahre 2014 und 2015 und 1,44 für die Jahre 2016 und 2017) zu erhöhen seien, um den korrekten Zollwert für die Einfuhrwaren zu ermitteln.
Es hat daher mit Einfuhrabgabenbescheid vom 26. Oktober 2017 für die in den Monaten November und Dezember 2014 eingeführten Waren nachträglich einen höheren Zoll von (…) EUR (ausgehend von einem Korrekturfaktor von 3,88) festgesetzt, den es aufgrund des Einspruchs der Klägerin mit der Einspruchsentscheidung vom 4. Februar 2020 auf (…) EUR herabsetzte (ausgehend von ei...