rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Spätere Ersetzung eines vom FA zunächst ausdrücklich bestätigten Verspätungszuschlags durch einen höheren Verspätungszuschlag. Widerruf eines bestätigten Verspätungszuschlags. Verspätungszuschlag zur Einkommensteuer 1996
Leitsatz (amtlich)
Hat der Steuerpflichtige die – zu einer erheblichen Nachzahlung führende – Steuererklärung erst im Klageverfahren gegen den Schätzungsbescheid des FA eingereicht und das FA den Einkommensteueränderungsbescheid mit dem Vermerk „der bisher festgesetzte Verspätungszuschlag von 200 DM bleibt nach Überprüfung unverändert bestehen” versehen, so ist das FA später nicht nach § 130 Abs. 2 AO befugt, den Verspätungszuschlag von 200 DM zurückzunehmen und einen erheblich höheren Verspätungszuschlag festzusetzen.
Normenkette
AO 1977 § 130 Abs. 2 Nr. 3, §§ 152, 5
Tenor
1. Der Bescheid über den Verspätungszuschlag zur Einkommensteuer 1996 vom 29.10.1999 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 03.02.2000 werden aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Streitig ist, ob der Beklagte (Finanzamt/FA) den ursprünglich auf 200 DM festgesetzten Verspätungszuschlag mit Bescheid vom 29.10.1999 zurücknehmen konnte, um ihn zugleich neu auf 4.000 DM festzusetzen.
Nachdem der Kläger für das Streitjahr 1996 keine Steuererklärungen abgegeben hatte, schätzte das FA die Besteuerungsgrundlagen und setzte mit Bescheiden vom 05.03.1998 die Einkommensteuer 1996 auf 2.081 DM und den Verspätungszuschlag hierzu auf 200 DM fest. Gegen beide Bescheide legte der Kläger Einspruch ein, den das FA mit Einspruchsentscheidung vom 10.02.1999 als unbegründet zurückwies. Während des in Sachen Einkommensteuer 1996 geführten Klageverfahrens reichte der Kläger die Steuererklärungen für das Streitjahr ein. Daraufhin setzte das FA die Einkommensteuer mit Bescheid vom 02.07.1999 zunächst auf 219.826 DM und sodann mit Bescheid vom 21.10.1999 auf 52.743 DM fest. In beiden Bescheiden ist zum „Verspätungszuschlag” ausgeführt: „Der bisher auf 200 DM festgesetzte Verspätungszuschlag bleibt nach Überprüfung unverändert bestehen”.
Mit Bescheid vom 29.10.1999 wurde der bis dahin auf 200 DM festgesetzte Verspätungszuschlag zur Einkommensteuer 1996 zurückgenommen und zugleich neu auf 4.000 DM festgesetzt. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung/EE vom 03.02.2000 mit im wesentlich folgender Begründung zurück: Unter Berücksichtigung der sich zuletzt ergebenden Einkommensteuerabschlusszahlung, des sich hieraus für den Kläger ergebenden wirtschaftlichen Vorteils sowie des Sachhergangs (verspätete Abgabe der Steuererklärungen für das Vorjahr, keine fristgerechte, vollständige Beantwortung der Rückfragen seitens des FA) sei eine Festsetzung des Verspätungszuschlages mit 4.000 DM angemessen. Mit den vorangegangenen Bescheiden sei der Verspätungszuschlag zwar mit nur 200 DM festgesetzt worden. Dies stelle für den Kläger jedoch einen Vorteil dar, der durch mangelnde Mitwirkung und Nichtabgabe sowohl der Steuererklärungen als auch Nichteinreichung eines Antrags auf Erhöhung der Einkommensteuervorauszahlungen erwirkt worden sei. Die zu niedrigen Festsetzungen seien gem. § 130 Abs. 2 Nr. 3 Abgabenordnung/AO zurückzunehmen. Der auf den Einkommensteuerbescheiden vom 02.07. und 21.10.1999 zumVerspätungszuschlag angebrachte Vermerk „Der bisher auf 200 DM festgesetzte Verspätungszuschlag bleibt nach Überprüfung unverändert bestehen” führe zu keiner Änderung. Damit sei lediglich zum Ausdruck gebracht worden, dass eine Minderung des Verspätungszuschlages nicht in Betracht gekommen sei. Die gleichzeitige Erhöhung des Zuschlags sei aus technischen Gründen nicht möglich gewesen. Diese müsse regelmäßig gesondert vorgenommen werden.
Zur Begründung der hiergegen eingereichten Klage wird vorgetragen, mit den Einkommensteueränderungsbescheiden vom 02.07. und 21.10.1999 sei die Festsetzung des Verspätungszuschlages mit 200 DM bestätigt worden. Die Änderung dieser bestandskräftig gewordenen Festsetzungen sei aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht möglich.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid vom 29.10.1999 über die Festsetzung des Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 1996 und die EE hierzu vom 03.02.2000 ersatzlos aufzuheben.
Das FA beantragt Klageabweisung.
Zur Begründung wiederholt das FA im wesentlichen die Ausführungen in der EE vom 03.02.2000.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet
II.
Die Klage ist begründet. Das FA hat zu Unrecht die zuletzt mit Bescheid vom 21.10.1999 mit 200 DM bestätigte Festsetzung des Verspätungszuschlages zur Einkommensteuer 1996 nach § 130 Abs. 2 Nr. 3 AO zurückgenommen, um den Verspätungszuschlag zugleich mit 4.000 DM höher festzusetzen.
Ob ein Verspätungszuschlag zurückgenommen wird, um diesen sogleich erneut mit einem höheren Betrag festzusetzen, liegt im Ermessen des FA (§ 130 Abs. 2 AO „darf”). Vom Gericht kann die Ermessensausübung zwar nur eingeschränkt im Rahmen des § 102...