Entscheidungsstichwort (Thema)
Unfallkosten als Werbungskosten. Betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer eines Pkw für die Berechung der Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung
Leitsatz (amtlich)
Gibt ein Arbeitnehmer nach einem betrieblich veranlassten Verkehrsunfall den Unfallwagen beim Kauf eines Ersatz-Pkw in Zahlung, sind als Werbungskosten die Differenz zwischen dem steuerlichen Buchwert und dem Wert des Pkw nach dem Unfall abzugsfähig (Abschreibung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung). Für die Berechnung des steuerlichen Buchwerts ist von einer 8-jährigen Nutzungsdauer des Pkw auszugehen.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, §§ 19, 7 Abs. 1 S. 6
Gründe
I.
Streitig ist, ob dem Kläger Werbungskosten dadurch entstanden sind, dass sein Pkw auf der Rückfahrt von einem Vorstellungsgespräch einen Unfallschaden erlitten hat.
Der Kläger ist als Elektriker nichtselbständig tätig. Am 19.07.1995 erlitt er auf dem Heimweg von einem Bewerbungsgespräch mit seinem Pkw Mitsubishi Galant einen Unfall. Der Kläger ließ den Pkw nicht reparieren, sondern gab den Unfallwagen am 24.07.1995 beim Kauf eines anderen Pkw für 3.000 DM in Zahlung. Der Unfallwagen war am 08.09.1988 erstmals zugelassen worden und ist vom Kläger am 06.11.1991 für 18.700 DM gebraucht erworben worden. Nach einer Bestätigung des Autohauses M betrug der Kilometerstand zum Unfallzeitpunkt ca. 100.000, sein Zeitwert vor dem Unfall 7.800 DM. Nach einem Kostenvoranschlag des Autohauses hätte eine Reparatur des Pkw 7.453,59 DM gekostet.
Der Kläger machte in der Einkommensteuererklärung 1995 die fiktiven Reparaturkosten gemäß Kostenvoranschlag in Höhe von 7.453,59 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid 1995 vom 11.03.1997 die geltend gemachten Unfallkosten nicht. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 15.04.1999). Nach Auffassung des FA sind zwar die Unfallkosten dem Grunde nach als Werbungskosten anzuerkennen. Der Werbungskostenabzug sei jedoch nur in Höhe der Abschreibung für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) möglich, die sich in Höhe der Differenz zwischen dem steuerlichen Buchwert (Anschaffungskosten abzüglich fiktiver Normalabschreibung) und dem Wert des Pkw nach dem Unfall bemesse. Bei der Berechnung der Normalabschreibung bis zum Unfallzeitpunkt sei von einer Gesamtnutzungsdauer von 5 Jahren auszugehen, so dass der steuerliche Buchwert zum Unfallzeitpunkt 0 DM betragen habe und eine AfaA des bereits vollständig abgeschriebenen Pkw nicht mehr in Betracht käme.
Mit der Klage wendet sich der Kläger gegen die Versagung des Werbungskostenabzugs für die Unfallkosten. Nach Auffassung des Klägers müssten bei einer nichtselbständig tätigen Person im Rahmen des Werbungskostenabzugs als Unfallkosten die Differenz zwischen den Wiederbeschaffungskosten des Fahrzeugs vor dem Unfall und dessen Wert nach dem Unfall berücksichtigt werden. Eine Begrenzung auf die Höhe des steuerlichen Buchwerts sei nur bei selbständig tätigen Personen gerechtfertigt, weil bei diesen der über den Buchwert hinausgehende Verkehrswert sich bereits im Rahmen der Normalabschreibung steuerlich ausgewirkt habe. Da eine nichtselbständig tätige Person keine normale Abschreibungsmöglichkeit habe, sei bei diesem Personenkreis eine Begrenzung der AfaA auf den steuerlichen Buchwert des Pkw nicht vorzunehmen. Im Übrigen sei nach der BFH-Rechtsprechung nicht von einer fünfjährigen, sondern von einer achtjährigen Nutzungsdauer des Pkw auszugehen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid 1995 vom 11. März 1997 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 15. April 1999 dahingehend zu ändern, dass weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 4.800 DM berücksichtigt werden und die Einkommensteuer auf dieser Grundlage neu berechnet wird.
Das FA beantragt
Klageabweisung.
Es verweist zur Begründung auf das Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 24. November 1994 IV R 25/94, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1995, 318 und führt ergänzend aus, dass eine unterschiedliche Behandlung von nichtselbständig tätigen und selbständig tätigen Personen nicht gerechtfertigt sei. Bei beiden Gruppen dürfe sich nur eine berufliche Nutzung, nicht aber eine private Nutzung steuerlich auswirken. Eine längere Nutzungsdauer als 5 Jahre könne bei der Berechnung des Buchwerts des Pkw nicht berücksichtigt werden, weil das FA an die in Abschn. 38 Abs. 1 S. 5 Lohnsteuerrichtlinien (LStR) geregelte Nutzungsdauer gebunden sei.
Mit Beschluss vom 21. Mai 2001 ist der Rechtsstreit gemäß § 6 Finanzgerichtsordnung -FGO- dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet (Schreiben des Klägers vom 14. März 2001, Schreiben des FA vom 6. Juli 1999).
II.
Die Klage ist zum Teil begründet.
1. Unstreitig sind die dem Kläger entstandene...