Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer 1991
Nachgehend
Tenor
1. Unter Änderung des Bescheides vom 15. März 1994 wird die Umsatzsteuer für 1991 auf 53.947,22 DM herabgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Klägerin der ermäßigte Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 9 des Umsatzsteuergesetzes 1980 (UStG) für die Nutzungsüberlassung eines zu ihrem Hotel gehörenden Thermalbades zusteht.
Die Klägerin betreibt in … ein Appartementhotel mit einem Thermal-Schwimmbad. Die Entgelte für die Benutzung dieses Thermalbades meldete sie in ihrer Umsatzsteuererklärung mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG an.
Aufgrund einer Betriebsprüfung (Aktenvermerk vom 19. Januar 1994) versagte der Beklagte (Finanzamt) den ermäßigten Steuersatz und setzte dementsprechend mit Umsatzsteuer-Änderungsbescheid vom 15. März 1994 die Umsatzsteuer für 1991 auf 58.888 DM fest. Der Einspruch gegen diesen Bescheid blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 1994).
Dagegen ist die Klage gerichtet. Zur Klagebegründung wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 22. November 1994 und 29. März 1995 verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 15. März 1994 zu ändern und die Umsatzsteuer für 1991 auf 53.947,22 DM herabzusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Klageerwiderung wird auf dessen Schriftsätze vom 17. Februar und 18. Mai 1995 sowie vom 9. Juni 1997 verwiesen.
Es wird ferner Bezug genommen auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist begründet.
Die Umsätze der Klägerin aus der entgeltlichen Überlassung des Thermal-Schwimmbades an ihre Hausgäste unterliegen als „unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundene Umsätze” gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG dem ermäßigten Steuersatz. Ob und inwieweit darin zugleich die „Verabreichung von Heilbädern” zu sehen ist, kann daneben dahingestellt bleiben.
1. Umsatzsteuerrechtlich ist eine einheitliche, nicht aufteilbare Leistung anzunehmen, wenn deren einzelne Faktoren so ineinandergreifen, daß sie bei natürlicher Betrachtung hinter dem Ganzen zurücktreten (ständige Rechtsprechung, z. B. BFH-Urteile vom 26. März 1992 V R 16/88, BStBl II 1992, 929 und 8. September 1994 V R 88/92, BStBl II 1994, 959); dabei kann eine einheitliche Leistung nicht schon deshalb bejaht werden, weil sie – was hier in Betracht kommt – auf einem einheitlichen Vertrag beruht (BFH in BStBl II 1994, 959).
Das Ganze muß bei wirtschaftlicher Betrachtung etwas anderes sein als dessen Teile, mithin eine neue wirtschaftliche Einheit, ein selbständiges Drittes, darstellen (vgl. BFH-Urteile in BStBl II 1992, 929 und vom 1. August 1996 V R 58/94, BStBl II 1997, 160).
So liegt es im Streitfall indes nicht, denn die den Kunden der Klägerin gewährte Hotelunterkunft einerseits und die Nutzung des Thermal-Schwimmbades andererseits greifen nicht so ineinander, daß daraus eine neue, selbständige wirtschaftliche Leistung entsteht. Beide Leistungen könnten ohne weiteres getrennt angeboten werden, was tatsächlich im Wirtschaftsleben auch der Fall ist.
Anders kann es hingegen sein, wenn der Betreiber eines Sport- und Freizeitzentrums dem Nutzer nach dessen Wahl eine Vielzahl von Einrichtungen (darunter auch die Nutzungsmöglichkeit eines Schwimmbades) zur Verfügung stellt und damit ein besonderes Erlebnis bietet, das auf der Breite der Auswahl beruht, während die einzelne Nutzungsmöglichkeit in den Hintergrund tritt (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 1994, 959).
Bei einer Hotelunterkunft verbunden mit der Nutzung eines Thermal-Schwimmbades trifft dies indes nicht zu.
2. Mehrere Leistungen eines Unternehmers können, wenn sie nicht bereits Teil eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorgangs sind, im Verhältnis von Haupt- und Nebenleistung ausgeführt werden. Die Annahme einer (unselbständigen) Nebenleistung setzt voraus, daß sie im Vergleich zur Hauptleistung nebensächlich ist, mit ihr eng zusammenhängt, die Hauptleistung wirtschaftlich ergänzt, verbessert oder abrundet und üblicherweise mit der Hauptleistung („in ihrem Gefolge”) vorkommt (ständige Rechtsprechung, z. B. BFH-Urteil in BStBl II 1997, 160).
Das Zurverfügungstellen eines Thermal-Schwimmbades in einem Hotel in einem bekannten Thermalbadeort (hier: …) ist nicht nebensächlich. Das Gericht kann den Vortrag der Klägerin nachvollziehen, daß sich hier typischerweise (abgesehen von Einzelfällen) Gäste einmieten, die die Vorzüge des Thermalbadens genießen wollen, und zwar am bequemsten in ihrem Hotel. Die Anziehungskraft des Thermalbadens wird dabei auch in der vom Finanzamt zugestandenen Heilwirkung des Thermalwassers in … liegen. So sind im...