Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Einfluss von Mehrentnahmen aus früheren Jahren und Hinzurechnungsbeträgen nach § 7g EStG auf das das negative Kapitalkonto i.S. des § 15a EStG. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: IV R 10/22)
Leitsatz (redaktionell)
Nach Maßgabe der streng jahresbezogenen Betrachtung gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG beeinflussen Mehrentnahmen aus früheren Jahren das negative Kapitalkonto eines Kommanditisten für Zwecke des § 15a EStG nicht. Eine andere Auslegung lässt § 15a EStG nicht zu.
Hinzurechnungsbeträge nach § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG sind außerbilanziell zu erfassen und haben damit für die Höhe des Kapitalkontos i.S. des § 15a EStG ebenfalls keine Relevanz.
Normenkette
EStG §§ 7g, 15a
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte den verrechenbaren Verlust gem. § 15a des Einkommensteuergesetzes (EStG) zutreffend berechnet hat.
Der Kläger gründete im Jahr 2012 die A. UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG, an welcher er als alleiniger Kommanditist mit einem Geschäftsanteil von 1.000,00 EUR (= 100 %) beteiligt war. Im Jahr 2013 übertrug er einen Teilanteil von 49 % auf die Klägerin; die Kommanditeinlage des Klägers betrug seitdem 510,00 EUR, diejenige der Klägerin 490,00 EUR. Im Jahr 2015 änderte sich nach einer Umwandlung der als Komplementärin an der A. UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG beteiligten UG in eine GmbH die Bezeichnung der Kommanditgesellschaft zu A. GmbH & Co. KG (nachfolgend: „KG”). Durch Beschluss des Amtsgerichts X. vom ….2019 ist über das Vermögen der KG das Insolvenzverfahren eröffnet worden (Az.: … IN …/18). Der Geschäftsbetrieb der KG ist eingestellt worden.
Am 25.06.2018 reichten die Kläger beim Beklagten die Gewinnfeststellungserklärung für das Streitjahr ein. Am 06.07.2018 erließ der Beklagte einen Bescheid für 2016 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes gem. § 15a Abs. 4 EStG. Bezüglich der Ermittlung des betrieblichen Gewinns folgte der Beklagte der Feststellungserklärung; hiernach berücksichtigte der Beklagte unter anderem erklärungsgemäß einen Hinzurechnungsbetrag gem. § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG in Höhe 34.590,00 EUR. Abweichend von der Feststellungserklärung stellte der Beklagte jedoch einen verrechenbaren Verlust i.S.d. § 15a EStG für den Kläger in Höhe von 34.594,79 EUR und für die Klägerin in Höhe von 64.713,95 EUR fest.
Die Kläger legten hiergegen fristgemäß Einspruch ein. Sie wandten sich zum einen gegen die vom Beklagten zugrunde gelegte Kapitalkontenentwicklung; zum anderen rügten sie, dass der Beklagte bei Anwendung des § 15a Abs. 1 EStG die vom Kläger im Streitjahr geleisteten Einlagen um sog. Mehrentnahmen aus Vorjahren gemindert hatte. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens reichten die Kläger eine berichtigte Darstellung der Kapitalkontenentwicklung für die Jahre 2012 bis 2016 ein (Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 03.05.2019). Hiernach entwickelten sich ihre Kapitalkonten wie folgt:
|
Gesamt |
Kläger |
Klägerin |
|
|
|
|
Stand 01.01.2012 |
0,00 |
0,00 |
0,00 |
Einlagen |
|
3.658,47 |
|
Entnahme |
|
-23.191,58 |
|
Steuerlicher Gewinn |
|
-21.337,84 |
|
Stand 31.12.2012 |
-40.870,95 |
-40.870,95 |
|
Übertrag Verlustvortragskonto |
0,00 |
10.455,55 |
-10.455,55 |
Einlagen |
14.090,58 |
13.600,58 |
490,00 |
Entnahme |
-40.626,32 |
-24.021,26 |
-16.605,06 |
Gewinn/Verlust lt. Steuerbilanz |
181,24 |
107,52 |
73,72 |
Stand 31.12.2013 |
-67.225,45 |
-40.728,56 |
-26.496,89 |
Einlagen |
11.119,46 |
11.119,46 |
0,00 |
Entnahme |
-38.795,52 |
-38.795,52 |
0,00 |
Gewinn/Verlust lt. Steuerbilanz |
42.774,86 |
21.815,18 |
20.959,68 |
Stand 31.12.2014 |
-52.126,65 |
-46.589,44 |
-5.537,21 |
Einlagen |
27.375,86 |
25.175,86 |
2.200,00 |
Entnahme |
-80.777,76 |
-74.416,26 |
-6.361,50 |
Gewinn/Verlust lt. Steuerbilanz |
25.887,73 |
13.202,74 |
12.684,99 |
Stand 31.12.2015 |
-79.640,82 |
-82.627,10 |
2.986,28 |
Einlagen |
145.954,00 |
139.354,00 |
6.600,00 |
Entnahme |
-65.967,52 |
-57.700,22 |
-8.267,30 |
Gewinn/Verlust lt. Steuerbilanz |
-164.706,28 |
-84.000,21 |
-80.706,07 |
Stand 31.12.2016 |
-164.360,62 |
-84.973,53 |
-79.387,09 |
Am 31.05.2019 erließ der Beklagte einen geänderten Feststellungsbescheid, in welchem er die überarbeitete Kapitalkontenentwicklung zugrunde legte; hinsichtlich des weiteren Streitpunkts – der Berücksichtigung der Position „Rückführung von Mehrentnahmen” – half der Beklagte dem Einspruch indes nicht ab. In dem geänderten Feststellungsbescheid stellte der Beklagte die Einkünfte der Kommanditisten aus Gewerbebetrieb wie folgt fest:
|
Kläger |
Klägerin |
Gesamthandsgewinn nach Quote |
-65.907,09 |
-63.322,49 |
Sonderbetriebsgewinn |
63.523,29 |
6.271,40 |
Hinzurechnung § 4 Abs. 4a EStG |
5.255,58 |
784,27 |
Einkünfte aus Gewerbebetrieb |
2.871,78 |
-56.266,82 |
Verrechenbarer Verlust |
31.909,54 |
77.854,74 |
– laufende steuerpflichtige Einkünfte |
34.912,76 |
21.719,36 |
– steuerfreier Teil der Einkünfte (§§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG) |
-131,44 |
-131,44 |
Der Beklagte stellte für den Kläger einen verrechenbaren Verlust gem. § 15a EStG in Höhe von 31.909,54 EUR und für die Klägerin in Höhe von 77.854,74 EUR fest. Den verrechenbaren Verlust hat der Beklagte ausweislich der im Bescheid enthaltenen ergänzenden Er...