Entscheidungsstichwort (Thema)
Kfz-Steuerbefreiung für Kfz der Krankenbeförderung
Leitsatz (redaktionell)
Ein Fahrzeug, mit dem regelmäßig auch ein Rollstuhlfahrer zur Arbeit gebracht wird, dient nicht ausschließlich der Krankenbeförderung und ist somit auch nicht steuerbefreit nach § 3 Nr. 5 Satz 1 KraftStG.
Normenkette
KraftStG § 3 Nr. 5
Tatbestand
Streitig ist, ob das Halten des Fahrzeugs der Klägerin nach § 3 Nr. 5 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) steuerbefreit ist.
Die Klägerin ist Halterin des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen ZZ AA 001. Es handelt sich um ein Mehrzweckfahrzeug der Marke X, das am 01.08.2016 erstmals zum Verkehr zugelassen wurde. Das Fahrzeug verfügt über neun mögliche Sitzplätze einschließlich Fahrersitz und ist mit einer Rollstuhlverladerampe ausgestattet. Bei Nutzung des Rollstuhlplatzes sind nur drei bis sechs Sitzplätze nutzbar. Weiter sind im Fahrzeug drei Rasterschienen quer zur Fahrtrichtung zur Verankerung eines Rollstuhls installiert. Auf dem weißen Fahrzeug steht in großen Buchstaben „AALH Krankenfahrten” sowie die Telefonnummer des Unternehmens der Klägerin. Das Unternehmen der Klägerin, das unter „AALH-Krankenfahrten” firmiert, hat Personenbeförderungen zum Gegenstand. Hierzu wird u.a. das streitrelevante Fahrzeug verwendet. Daneben ist die Klägerin Halterin weiterer Fahrzeuge.
Ausweislich der von der Klägerin für die Zeit von August 2016 bis 31.12.2018 vorgelegten ärztlichen Verordnungen bezüglich der abgerechneten Krankenbeförderungen können folgende Gründe für die Beförderung von Personen vorliegen: voll-/teilstationäre Krankenhausbehandlung, vor-/nachstationäre Behandlung, ambulante Operationen, Vor- und Nachbehandlung ambulanter Operationen und genehmigungspflichtige Fahrten zu ambulanten Behandlungen. Unter den genehmigungspflichtigen Fahrten zu ambulanten Behandlungen werden folgende Gründe ausdrücklich aufgeführt: hochfrequente Behandlung (Dialyse, onkologische Chemo- oder Strahlentherapie) und dauerhafte Mobilitätsbeeinträchtigung (Merkzeichen „aG”, „Bl”, „H”, Pflegestufe 2 bzw. 3 sowie vergleichbarer Grund).
Die Klägerin hat eine Vielzahl von ärztlichen Verordnungen, die in der Zeit von August 2016 bis Dezember 2018 ausgestellt wurden, in sechs Ordnern in Kopien dem Gericht vorgelegt. Darüber hinaus hat die Klägerin Listen über die durchgeführten Fahrten in der Zeit von August 2016 bis Dezember 2018 zur Verfügung gestellt. Die Ordner mit den Unterlagen sind dem Beklagten zur Einsichtnahme übersandt worden. Der Beklagte hat hierzu mit Schreiben vom 02.10.2019 Stellung genommen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der überreichten Unterlagen und Nachweise Bezug genommen.
Aus den vorgelegten Listen über die durchgeführten Fahrten ergibt sich, dass die Klägerin in der Zeit von August 2016 bis Dezember 2018 den Mitarbeiter des Hauptzollamtes Herrn E im Jahr 2016 insgesamt 29-mal, im Jahr 2017 insgesamt 42-mal und im Jahr 2018 insgesamt 50-mal zur seiner Tätigkeitsstätte im Hauptzollamt bzw. zu seiner Wohnung in der A-Straße 1 in T beförderte. Herr E verfügt über einen eigenen Rollstuhl. Nach dem Vortrag der Klägerin standen diese Fahrten nicht im Zusammenhang mit einer ärztlichen Behandlung. Vielmehr sei es Herrn E nach seiner Konstitution nicht möglich gewesen, ein Taxiunternehmen mit der Beförderung zu beauftragen, da im Raum T keine Taxen mit geeigneten Vorrichtungen vorhanden seien. Ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Listen mit den durchgeführten einzelnen Fahrten wurde Herr E als Einzelperson befördert.
Im genannten Zeitraum (August 2016 bis Dezember 2018) führte die Klägerin montags bis samstags regelmäßig zwischen drei und elf Fahrten pro Tag mit dem streitrelevanten Fahrzeug durch, wobei pro Fahrt bis zu sechs Personen gleichzeitig befördert wurden. Die Klägerin beförderte teilweise Einzelpersonen, führte aber auch vormittags Sammeltransporte zur Geriatrie Krankenhaus 1 durch, bei denen regelmäßig vier bis fünf Personen gleichzeitig befördert wurden. Nachmittags wurden regelmäßig mehrere Personen gesammelt von der Geriatrie Krankenhaus 1 zu verschiedenen Zielen befördert.
Die Klägerin beantragte für das streitrelevante Fahrzeug die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 KraftStG. Der Antrag blieb erfolglos. Mit Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 27.09.2016 setzte der Beklagte Kraftfahrzeugsteuer für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ZZ AA 001 für die Zeit ab 01.08.2016 in Höhe von jährlich X € fest.
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und trug vor, dass die Patienten, die täglich mit dem Fahrzeug transportiert würden, körperlich, seelisch oder geistig behindert und sturzgefährdet seien. Alle Fahrzeuge der Firma AALH-Krankenfahrten seien dementsprechend behindertengerecht ausgebaut und vom Rettungsdienst der Stadt T geprüft und abgenommen worden. Auch für die Feuerwehr und andere vergleichbare Organisationen würden entsprechende Krankenbeförderungen durchgeführt. Es handele sich nicht um Fahrdienstleistungen i. S. von Taxiunternehme...