Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderbarkeit eines Feststellungsbescheids gem. § 174 Abs. 3 AO
Leitsatz (redaktionell)
Beurteilt die Finanzbehörde aufgrund anderer rechtlicher Bewertung einen bestimmten Sachverhalt zunächst steuergünstiger, später dann jedoch ungünstiger für den Steuerpflichtigen, liegen die Voraussetzungen für eine Änderung des Steuerbescheids wegen Nichtberücksichtigung eines Sachverhalts in einem Steuerbescheid i.S.v. § 174 Abs. 3 AO nicht vor. Eine Änderung des bestandskräftigen Feststellungsbescheids scheidet aus.
Normenkette
AO § 174 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Feststellungsbescheid nach § 174 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) geändert werden kann.
Die Kläger (Kl.) sind die alleinigen Gesellschafter der M Beteiligungs GmbH & Co GbR (GbR). An der GbR sind die Kl. zu 1. und 2. mit je 25,5 %, der Kl. zu 3. mit 49 % beteiligt. Die Firma M Beteiligungs GmbH (GmbH) ist an der GbR kapitalmäßig nicht beteiligt.
Die GbR ist Eigentümerin des Grundstücks A-Straße 103 in 00000 S. Dieses Grundstück war seit langem an die Fa. IM GmbH (Betriebs – GmbH) vermietet.
Es bestand insoweit eine Betriebsaufspaltung.
Die Anteile an der Betriebs – GmbH wurden mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom 18.01.1996 in die Fa. XYZ GmbH & Co KG eingebracht. Dadurch entfielen die Voraussetzungen der bisherigen Betriebsaufspaltung.
Das Mietverhältnis für das Grundstück A-Straße 103 besteht jedoch bis heute unverändert fort.
In der Steuererklärung für das Streitjahr 1996 erklärte die GbR weiterhin Einkünfte aus Gewerbebetrieb, da nach der damaligen Rechtsprechung die GmbH & Co GbR eine gewerbliche Prägung der Einkünfte i.S.d. § 15 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) bewirkte.
Das beklagte Finanzamt führte die einheitliche und gesonderte Feststellung für das Streitjahr 1996 zunächst erklärungsgemäß durch.
Der Feststellungsbescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach§ 164 AO.
In der Folgezeit fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt für Großbetriebsprüfung I statt. Auf Grund der Betriebsprüfung erging ein nach § 164 Abs. 2 AO geänderter Feststellungsbescheid in dem die der Höhe nach geänderten Einkünfte aus Gewerbebetrieb den einzelnen Beteiligten weiterhin entsprechend ihrer Beteiligungsquote als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zugerechnet wurden.
Den Vorbehalt der Nachprüfung hob der Bekl. auf.
In der Feststellungserklärung für das Kalenderjahr 1999 erklärte die GbR erstmals Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (V+V) für das Objekt A-Straße 103 in S. Dieser rechtlichen Beurteilung schloss sich der Bekl. an.
Auf Grund der Feststellungserklärung 1999 änderte er mit Feststellungsbescheid vom 20.12.2002 jedoch nochmals die Besteuerungsgrundlagen der GbR für 1996.
In dem nach § 174 Abs. 3 AO geänderten Bescheid erhöhte der Bekl. den Gewinn aus Gewerbebetrieb um die im Grundstück A-Straße 103 enthaltenen stillen Reserven. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb betrugen danach 1.372.100 DM und wurden den Beteiligten wie folgt zugerechnet:
LM, Kläger zu 1. |
349.885,50 DM |
JM, Klägerin zu 2. |
349.885,50 DM |
KM, Kläger zu 3. |
672.329,00 DM. |
Die bisherigen laufenden Einkünfte qualifizierte der Bekl. in solche aus V+V um.
Er begründete die Änderungen mit der geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Danach könne auf Grund des Urteils vom 27.09.1999 – II ZR 371/98 – die Haftung der Gesellschafter einer GbR für die im Namen der Gesellschaft begründeten Verpflichtungen nur durch individual-rechtliche Vereinbarungen ausgeschlossen werden, mit der letztendlichen Folge, dass nach Verwaltungsauffassung im vorliegenden Sachverhalt keine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG mehr vorliege. Die stillen Reserven aus der „Entnahme” des Grundstücks seien zu versteuern, sofern nicht von einer Vertrauensschutzregelung Gebrauch gemacht werde. Auf die Anwendung dieser Vertrauensschutzregelung hätten die Kl. im Rahmen der Feststellungserklärung 1999 ausdrücklich verzichtet, da sie von einer unbesteuerten Entstrickung der stillen Reserven wegen Bestandskraft der Feststellungsbescheide 1995 und 1996 ausgegangen seien.
Gegen den geänderten Feststellungsbescheid legten die Kl. am 07.01.2003 Einspruch ein. Zur Begründung führten sie zunächst aus, der Feststellungsbescheid 1996 sei nicht ordnungsgemäß zugestellt worden, da eine Einzelbekanntgabe erfolgt sei.
Eine Änderung gem. § 174 Abs. 3 AO sei überdies nicht möglich, da eine bestandskräftige Feststellung erfolgt sei und die Voraussetzungen der Änderungsvorschrift nicht vorlägen. Die Änderung der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung stelle keinen Sachverhalt dar, der bislang steuerlich unberücksichtigt geblieben sei. Es bestehe außerdem ein zusätzlicher Vertrauensschutz gem. § 176 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO.
Der Bekl. wies den Einspruch der Kl. mit Einspruchsentscheidung vom 30.04.2004 als unbegründet zurück. Auf die Einspruchsentscheidung wird Bez...