Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldberechtigung für ein als arbeitssuchend gemeldetes, volljähriges Kind
Leitsatz (redaktionell)
1) Ein volljähriges, unter 21 jähriges Kind, das sich als arbeitssuchend bei der Agentur für Arbeit gemeldet hat, berechtigt zum Weiterbezug des Kindergeldes auch ohne Eigenbemühungen oder Verfügbarkeit. Eine geringfügige Beschäftigung schadet nicht. Die Nichterweislichkeit, dass das Kind zu einem Beratungstermin geladen wurde, den es nicht wahrgenommen hat, geht zu Lasten der Behörde.
2) Mit der Neufassung des § 38 SGB III ist die drei-monatliche Meldepflicht des Kindes als weiterhin arbeitssuchend entfallen.
Normenkette
EStG § 70 Abs. 2 S. 1; SGB III § 38; EStG § 32 Abs. 4 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung und die Rückforderung von Kindergeldzahlungen, welche der Kläger (Kl.) im Zeitraum von Januar 2009 bis Juni 2010 für seinen Sohn T, geboren am …1990, erhalten hat.
Mit Verfügung vom 3. 4.1991 hatte die Beklagte (Bekl.) dem Kl. für seinen Sohn Kindergeld bewilligt. Am 1.8.2008 nahm der Sohn eine Ausbildung auf. Am 6.8.2008 stellte der Kl. einen Antrag bei der Bekl. auf Weiterzahlung des Kindergeldes für seinen nunmehr volljährigen Sohn. Am 1.11.2008 brach der Sohn seine Ausbildung vorzeitig ab. Am 11.11.2008 erschien der Sohn des Kl. bei der Agentur für Arbeit B (nachfolgend: „Arbeitsagentur”) und meldete sich arbeitssuchend. Ausweislich der dem Finanzgericht vorgelegten Verwaltungsvorgänge merkten die Mitarbeiter der Arbeitsagentur ein Beratungsgespräch mit dem Sohn des Kl. für den 9.12.2008 vor. Nachdem der Sohn des Kl. zu dem von den Mitarbeitern der Arbeitsagentur notierten Beratungsgespräch nicht erschienen war, löschte die Arbeitsagentur die Meldung als arbeitssuchend mit Wirkung zum 9.12.2008.
In der Zeit von Oktober 2008 bis März 2009 arbeitete der Sohn des Kl. bei dem Kurierdienst R im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnis für einen Lohn von 300 EUR pro Monat.
Mit Bescheid vom 23. 8.2010 hob die Bekl. die Kindergeldfestsetzung für die Zeit ab Januar 2009 auf. Mit gleichem Bescheid wurde der Kl. zur Rückzahlung des Kindergeldes für den Zeitraum von Januar 2009 bis Juni 2010 in Höhe von 3.072,00 EUR sowie des Kinderbonus 2009 in Höhe von 100,00 EUR aufgefordert. Den vom Kl. fristgemäß eingelegten Einspruch wies die Bekl. mit Einspruchsentscheidung vom 8.9.2010, bekanntgegeben am 13.9.2010, als unbegründet zurück. In der Begründung der Einspruchsentscheidung führte die Bekl. aus, dass das Kind sich zwar am 11.11.2008 bei der Arbeitsvermittlung gemeldet habe, die Arbeitssuche jedoch am 9.12.2008 wegen mangelnder Verfügbarkeit bzw. Mitwirkung abgemeldet worden sei.
Mit der am 13.10.2010 erhobenen Klage wendet sich der Kl. weiterhin gegen die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und die darauf beruhende Rückforderung des Kindergeldes. Er trägt vor, dass sich sein Sohn wenige Tage nach Beendigung der Ausbildung am 11.11.2008 bei der Arbeitsagentur als arbeitssuchend gemeldet habe. Dem Sohn sei daraufhin eine entsprechende Kundennummer erteilt worden. Sein Sohn sei für die Arbeitsagentur jederzeit verfügbar gewesen und habe stets mitgewirkt, soweit dies von ihm verlangt worden sei. Im Rahmen des Beratungsgesprächs am 11.11.2008 sei sein Sohn nicht darauf hingewiesen worden, dass er sich regelmäßig alle drei Monate erneut arbeitssuchend melden müsse, um den Kindergeldanspruch zu erhalten. Eine Einladung zu einem Beratungsgespräch am 9.12.2008 habe der Sohn des Klägers nicht erhalten. Auch im vorgerichtlichen Schriftwechsel sei von einer solchen Einladung niemals die Rede gewesen; vielmehr hätten der Kl. und sein Sohn erstmals im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens von einer solchen Einladung zum Beratungsgespräch gehört.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide vom 23.08.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.09.2010 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es sei keiner der in § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG aufgeführten Kindergeldbewilligungstatbestände für volljährige Kinder erfüllt. Nach Abbruch der Lehre habe sich der Sohn des Kl. zwar arbeitssuchend gemeldet. Der Einladung zu einem Beratungsgespräch am 9.12.2008 sei der Sohn jedoch ohne Angabe von Gründen nicht nachgekommen, so dass die Meldung gelöscht worden sei. Eine weitere Kontaktaufnahme mit der Arbeitsvermittlung oder der Berufsberatung seitens des Sohnes sei nicht erfolgt.
Auf Anfrage des Gerichts hat die Agentur für Arbeit, B, mitgeteilt, dass der Sohn des Klägers sich am 11.11.2008 arbeitssuchend gemeldet habe, zu einem Beratungsgespräch zur Berufsberatung am 9.12.2008 jedoch nicht erschienen sei. Weitere Unterlagen lägen der Agentur für Arbeit nicht vor.
Die mündliche Verhandlung am 10.10.2011 ist vertagt worden. Im Anschluss daran haben die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Bekl. w...