Entscheidungsstichwort (Thema)
Unberechtigter Kindergeldbezug
Leitsatz (redaktionell)
Ein Kindergeldberechtigter, der seinen Wegzug ins Ausland der Familienkasse nicht mitteilt und weiterhin unberechtigt Kindergeld bezieht, handelt leichtfertig, nicht hingegen – sofern keine weiteren Feststellung getroffen werden können – bedingt vorsätzlich.
Normenkette
AO §§ 378, 169; EStG § 68; AO § 370
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zu Recht die Kindergeldfestsetzung für die Kinder R (geb. am 00.00.1990), H (geb. am 00.00.1991) und A (geb. am 00.00.1992) des Klägers aufgehoben hat.
Der Kläger erhielt zunächst laufend Kindergeld für seine drei Kinder. Ein an den Kläger versandtes Schreiben der Beklagten vom 19.02.2009 kam am 23.02.2009 als unzustellbar zurück. Die Beklagte bat daraufhin das Einwohnermeldeamt der Stadt G um Mitteilung der aktuellen Anschrift und des Abmeldedatums des Klägers. Mit Schreiben vom 15.04.2009 teilte das Einwohnermeldeamt der Stadt G der Beklagten mit, dass der Kläger am 31.08.2008 nach Italien verzogen sei.
Die Beklagte hob daraufhin mit Bescheid vom 05.05.2009 die Kindergeldfestsetzung für die drei Kinder des Klägers gemäß § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) ab September 2008 mit der Begründung auf, dass die Voraussetzungen gemäß § 62 EStG für einen Anspruch auf Kindergeld ab September 2008 nicht mehr gegeben seien und forderte das für den Zeitraum von September 2008 bis März 2009 gezahlte Kindergeld in Höhe von insgesamt 2.678 EUR zurück. Die Beklagte veranlasste eine öffentliche Zustellung des Bescheides, wobei die Benachrichtigung über die öffentliche Zustellung, auf welche wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, keinen Hinweis enthielt, dass der Bescheid öffentlich zugestellt werde und Fristen in Gang gesetzt werden können, nach deren Ablauf Rechtsverluste drohen können.
Am 30.06.2009 wurde der Vorgang zwecks Überprüfung der Einleitung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens an die Bußgeld- und Strafsachenstelle der Beklagten abgegeben. Wegen Auslandsaufenthalts wurde das Ermittlungsverfahren Az. StrL/ÜL 00000/09 am 07.06.2010 gemäß § 205 StPO vorläufig eingestellt. Am 21.01.2014 teilte die Stadt G der Bußgeld- und Strafsachenstelle der Beklagten mit, dass der Kläger am 16.07.2013 in die Wohnung A-Straße 1 in G eingezogen sei.
Am 03.02.2014 erging auf Antrag der Staatsanwaltschaft G im Verfahren 00 Cs 000 Js 000/09 – 00/14 – ein Strafbefehl des Amtsgerichts G gegenüber dem Kläger, mit dem gegenüber dem Kläger wegen Unterschlagung eine Geldstrafe festgesetzt wurde. In dem Strafbefehl, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, wurde dem Kläger zur Last gelegt, einen geleasten PKW Mercedes Benz nach Kündigung des Leasingvertrages nicht an die Leasinggesellschaft zurück gegeben zu haben, sondern statt dessen das Fahrzeug nach Italien verbracht und dort bis mindestens bis zum 19.04.2010 genutzt zu haben. Den gegen den Strafbefehl eingelegten Einspruch nahm der Kläger mit Schriftsatz vom 24.02.2014 zurück.
Die Bußgeld- und Strafsachenstelle der Beklagten teilte dem Kläger im Verfahren StrL/ÜL 00000/09 mit Schreiben vom 17.02.2014 mit, dass ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet werde. Hierzu führte die Beklagte aus, dass die Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom 05.05.2009 korrigiert und das Kindergeld i.H. v. 2.678 EUR zurückgefordert worden sei. Hinsichtlich des Sachverhalts werde auf die Ausführungen in dem Bescheid verwiesen. Der Kläger sei verdächtig, Steuern hinterzogen zu haben, da er pflichtwidrig nicht mitgeteilt habe, dass er am 31.08.2008 ins Ausland verzogen sei und seitdem weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt habe. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wurde der ehemalige Vermieter des Klägers Herr E schriftlich als Zeuge gehört. Herr E teilte mit Schreiben vom 26.05.2014 gegenüber der Bußgeld- und Strafsachenstelle der Beklagten mit, dass die Familie des Klägers im November 2008 ausgezogen sei und ihm auf mündliche Nachfrage gesagt worden sei, dass die Familie zurück nach Italien in ihren Heimatort ziehe. Zur Kontaktaufnahme habe er eine italienische Mobilfunknummer erhalten. Mit Verfügung vom 27.05.2014 stellte die Bußgeld- und Strafsachenstelle der Beklagten das strafrechtliche Ermittlungsverfahren Az. StrL/ÜL 00000/09 gegen den Kläger gemäß § 154 der Strafprozessordnung (StPO) ein mit der Begründung, dass der Kläger im Strafverfahren 00 Cs 000 Js 000/09 – 000/14 – vom Amtsgericht G zu einer Geldstrafe verurteilt worden sei und neben dieser Verurteilung die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung im Verfahren Az. StrL/ÜL 00000/09 führen könne, nicht beträchtlich ins Gewicht falle.
Gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 05.05.2009 legte der Kläger – vertreten durch seine jetzigen Prozessbevollmächtigten – am 24.04.2014 Einspruch ein. Er machte geltend, der Bescheid...