Entscheidungsstichwort (Thema)
Kriterien für den "Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung" bei einem Fachhochschuldozenten in 2004
Leitsatz (redaktionell)
1) Für die Beurteilung, ob ein Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung bildet, kommt es auf den inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der Betätigung des Steuerpflichtigen an.
2) Bei einem Hochschuldozenten mit freiberuflichen Nebentätigkeiten liegt der Mittelpunkt grds. in der Hochschule; allerdings kann es von Bedeutung sein, wenn ein Dienstzimmer dort tatsächlich für den Dozenten zwar vorhanden ist, ihm aber nicht zur Verfügung steht wegen anderweitiger Nutzung durch die Hochschule, mit der Folge, dass Arbeitszimmeraufwendungen unbegrenzt abziehbar sind.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6 b S. 3 2. Halbsatz
Tatbestand
Streitig ist noch die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer im Streitjahr 2004. Hinsichtlich des Streitjahres 2003 hatte die Klägerin (Klin.) erst Klage erhoben; diese hat sie jedoch mit Schriftsatz vom 28.06.2010 zurückgenommen.
Die Klin. war im Streitjahr 2004 als Professorin hauptamtlich in der eigenständigen Lehr- und Forschungseinheit „Verbundstudium BWL mit Studienrichtung Wirtschaftsrecht” im Fachbereich Wirtschaft der Fachhochschule (FH) C tätig. Sie erbrachte ihr Lehrdeputat ausschließlich in diesem berufsbegleitenden Verbundstudiengang, bei dem es sich um ein Fernstudium handelt. Im Verbundstudienkonzept des Landes NRW mit drei Hochschulstandorten gibt es insgesamt vier Professorenstellen für das Fachgebiet Wirtschaftsrecht, davon eine an der FH C, welche mit der Klin. besetzt war. Den hauptamtlichen Professoren und Professorinnen des Verbundstudiengangs obliegt in Anrechnung auf ihr Lehrdeputat die Erstellung von Studienbriefen als Selbststudienmaterial, welche die Vorlesungen in dem Studiengang BWL mit der Studienrichtung Wirtschaftsrecht vollständig ersetzen. Im Rahmen freiwilliger Übungen geben die Professoren den Studierenden an jedem zweiten Samstag im Semester zusätzlich die Gelegenheit, den selbst erarbeiteten Lehrstoff zu vertiefen. Da die Übungen für die in zwei Gruppen eingeteilten Studierenden versetzt an den Samstagen angeboten werden, sind die Professoren fast jeden Samstag im Semester an der FH. Des Weiteren müssen die Professoren des Verbundstudiengangs Prüfungen abnehmen. Diese werden im Fachbereich Wirtschaftsrecht ganz überwiegend durch ebenfalls an die Studierenden versandte Klausuren durchgeführt. Das Institut für Verbundstudien des Landes NRW in I nimmt als zentrale Dienstleistungsorganisation Aufgaben der Selbstverwaltung, Aufgaben im Bereich der Didaktik und Evaluation, der Gestaltung und des Layouts der Studienbriefe wahr. Es ist auch für Druck und Vervielfältigung der Studienbriefe und deren Verteilung an den Hochschulstandorten des Verbundstudiums zuständig.
Die Lehrverpflichtung der Klin. belief sich auf 18 Wochenstunden. Hiervon deckte sie 12 Wochenstunden durch die Erstellung von Studienbriefen und die restlichen 6 Wochenstunden durch Präsenzveranstaltungen in Form von Übungen und Seminaren ab. In den vorlesungsfreien Zeiten erstellte die Klin. Klausuren und korrigierte sie.
Neben der Lehrtätigkeit war es auch Aufgabe der Klin., sich auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung zu betätigen. Die von ihr für Forschung und Entwicklung eingeworbenen Drittmittel wurden überwiegend für die Aufstockung personeller Kapazitäten eingesetzt. Im Rahmen durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung geförderter Projekte erstellte die Klin. unter anderem eine virtuelle Lernumgebung im Wirtschaftsrecht.
Als Mitglied des Fach- und Prüfungsausschusses für den Verbundstudiengang BWL mit der Studienrichtung Wirtschaftsrecht, als Mitglied der Fachkommission der Verbundstudiengänge und dortige Vertreterin der FH C, als Gutachterin in Evaluations- und Akkreditierungsverfahren für deutsche und österreichische Forschungsprogramme der Wissenschaftsministerien und als Mitglied des Arbeitskreises Multimedia an Fachhochschulen NRW nahm die Klin. zudem in diesem Rahmen anfallende Termine wahr, erstellte Gutachten, Stellungnahmen und andere Ausarbeitungen.
Im Rahmen ihrer selbständigen Tätigkeit erstellte die Klin. als Autorin insbesondere Lehrbücher. Als Referentin war die Klin. über das Bundesgebiet verteilt für das Halten von Seminaren oder die Seminarbetreuung tätig oder stellte Lernmaterialien über Internet. Die hierbei am Schreibtisch zu erbringenden Tätigkeiten erledigte die Klin. im häuslichen Arbeitszimmer. Zu Art und Umfang der selbständigen Tätigkeit der Klin. wird auf die Aufstellungen der Klin. in ihrer Einkommensteuer(ESt)-Erklärung 2004 sowie auf das Protokoll zu dem am 13.01.2010 durchgeführten Erörterungstermin verwiesen.
Der Bruttoarbeitslohn der Klin. aus ihrer Professorentätigkeit betrug im Streitjahr 2004 … EUR. Ihre Einnahmen aus selbständiger Autoren- und Referententätigkeit betrugen insgesamt … EUR.
Die Kli...