Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine teleologische Reduktion von § 10b Abs. 4 Satz 3 EStG
Leitsatz (redaktionell)
1) Ein Kirchensteuer-Erstattungsüberhang auch insoweit dem Gesamtbetrag der Einkünfte nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG hinzuzurechnen, als sich die Kirchensteuer im Zahlungsjahr wegen eines negativen zu versteuernden Einkommens nicht ausgewirkt hat.
2) Eine teleologische Reduktion von § 10b Abs. 4 Satz 3 EStG kommt nicht in Betracht.
Normenkette
EStG § 10b Abs. 4 S. 3
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die steuerliche Behandlung eines sog. Kirchensteuererstattungsüberhanges gemäß § 10 Abs. 4b Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2015 gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist Mitglied der Evangelischen Kirche und die Klägerin Mitglied der Römisch-Katholischen Kirche. Der Kläger erzielte im Jahre 2013 u.a. einen Veräußerungsgewinn aus Gewerbebetrieb nach § 17 EStG in Höhe von rund X €, auf den das Teileinkünfteverfahren anzuwenden war. Der steuerpflichtige Teil betrug X €. Mit Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheid für 2013 vom 00.00.2014 wurden u.a. evangelische Kirchensteuer in Höhe von X € und römisch-katholische Kirchensteuer in Höhe von X € als Vorauszahlungen für das Jahr 2013 nachträglich festgesetzt. Die Kirchensteuer-Vorauszahlungen wurden im Jahr 2014 vollständig gezahlt. Mit Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 vom 00.00.2014 wurden neben der Einkommensteuer die evangelische und römisch-katholische Kirchensteuern in Höhe von insgesamt X € festgesetzt. Davon entfiel ein Betrag in Höhe von X € auf den Kläger und ein Betrag in Höhe von X € auf die Klägerin. Im Abrechnungsteil des Bescheides wurden die vorausgezahlten Beträge in Höhe von insgesamt X € von den nunmehr festgesetzten Kirchensteuern abgezogen, so dass es zu einer Kirchensteuer-Nachzahlung in Höhe von insgesamt X € kam. Die Frist zur Zahlung endete am 00.00.2015. Am 00.00.2016 erging ein geänderter Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013, der zu weiteren Steuernachzahlungen führte.
Im Jahr 2014 erzielte der Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb, nichtselbständiger Arbeit und Kapitalvermögen in Höhe von insgesamt rund X €. Die Klägerin erzielte im Jahr 2014 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von rund X €. Die im Jahr 2014 für den Veranlagungszeitraum 2013 gezahlten Kirchensteuern in Höhe von rund X € wurden im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer 2014 als Sonderausgabe vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen. Da der Gesamtbetrag der Einkünfte niedriger war als der Betrag der gezahlten Kirchensteuern, ergab sich ein negatives zu versteuerndes Einkommen in Höhe von X €. Die festgesetzte Einkommensteuer für das Jahr 2014 betrug 0,00 €.
Mit Schreiben vom 00.00.2015 teilte die Gemeinsame Kirchensteuerstelle für die Evangelische Kirche dem Beklagten mit, dass den Klägern im Kalenderjahr 2015 evangelische Kirchensteuer in Höhe von X € erstattet worden sei. Ausweislich der Bescheinigung bezog sich die Kirchensteuerzahlung auf den Veranlagungszeitraum 2013 und den Steuerbescheid vom 00.00.2014. Mit Schreiben vom 00.00.2015 teilte das Bischöfliche Generalvikariat dem Beklagten mit, dass den Klägern im Kalenderjahr 2015 ein Teilbetrag der mit Steuerbescheid des Beklagten vom 00.00.2014 für 2013 festgesetzten römisch-katholischen Kirchensteuer in Höhe von X € im Billigkeitswege erlassen und erstattet worden sei (zusammen insgesamt: X €).
Die tatsächlichen Kirchensteuererstattungen betrugen nach dem Vortrag der Kläger in der Klagebegründung vom 29.08.2017 und nach dem Vortrag des Beklagten in der Einspruchsentscheidung vom 06.06.2017 für den Kläger X € und für die Klägerin X € (insgesamt: X €).
Am 00.00.2016 erließ der Beklagte für den Veranlagungszeitraum 2015 einen Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheid. In seiner Berechnung für Vorauszahlungszwecke berücksichtigte er gezahlte Kirchensteuern in Höhe von X € als Sonderausgaben sowie erstattete Kirchensteuern in Höhe von X €. Von den gezahlten Kirchensteuern in Höhe von X € zog der Beklagte einen Betrag in derselben Höhe ab, so dass sich insoweit ein Betrag in Höhe von 0,00 € ergab. Weiter setzte der Beklagte in seiner Berechnung einen Hinzurechnungsbetrag in Höhe von X € steuererhöhend an. Hierbei handelt es sich um die Differenz zwischen den erstatteten Kirchensteuern in Höhe von X € und den bereits in Abzug gebrachten Kirchensteuern in Höhe von X €. Der Beklagte ermittelte ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von insgesamt X € und setzte die Vorauszahlungen für das abgelaufene Kalenderjahr wie folgt fest:
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Einkommensteuer |
Kirchensteuer Ehemann |
Kirchensteuer Ehefrau |
Solidaritätszuschlag |
1. Kalendervierteljahr |
X € |
X € |
X € |
X € |
2. Kalendervierteljahr |
X € |
X € |
X € |
X € |
3. Kalendervierteljahr |
X € |
X € |
X € |
X € |
4. Kalendervierteljahr |
X € |
X € |
X € |
X € |
In den Erläuterungen zum Bescheid führte der Beklagte aus, die Festsetzung sei geboten gewesen, weil Kirchensteuern im Veranlagungszeitraum 2015 erlassen worden seien.
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