Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerpflicht von Aktienverkäufen nach Verschmelzung
Leitsatz (redaktionell)
Nach einer Verschmelzung läuft die Spekulationsfrist des § 23 EStG neu an, unabhängig ob dies als echter Anschaffungsvorgang gewertet wird oder nicht.
Normenkette
EStG §§ 23, 22 Nr. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger (Kl.) einen Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf von Aktien nach den §§ 22 Abs. 2, 23 Abs. 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) zu versteuern hat.
Der Kl. wird zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt.
Der Beklagte (Bekl.) führte die Steuerveranlagung für das Streitjahr 2000 wegen Nichtabgabe der Steuererklärung zunächst im Schätzungswege durch. Der ESt-Bescheid vom 22.01.2002 erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO). Nachdem die Kl. im Einspruchsverfahren die ESt-Erklärung 2000 eingereicht hatten, änderte der Bekl. die Steuerfestsetzung mit ESt-Bescheid vom 23.04.2004 nach § 164 Abs. 2 AO. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
In der Folgezeit änderte der Bekl. den ESt-Bescheid 2000 mehrfach nach § 164 Abs. 2 AO sowie nach § 10 d EStG. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb dabei weiterhin bestehen.
In einem erneut nach § 164 Abs. 2 AO geänderten ESt-Bescheid für 2000 vom 10.09.2004 erfasste der Bekl. erstmals Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft in Höhe von 5.124.995,–DM.
Dem privaten Veräußerungsgeschäft liegt nachfolgender Sachverhalt zu Grunde:
Mit Anteilskaufvertrag vom 22. März 1999 erwarb der Kl. Anteile im Nominalwert von 2.050 EUR am Stammkapital von 25.000 EUR der Firma E. GmbH. Die E. GmbH firmierte am gleichen Tag zur Firma T. GmbH (GmbH) um.
Am 19. April 1999 erfolgte die Aufnahme neuer Gesellschafter, das Kapital der GmbH wurde erhöht, wobei gleichzeitig die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft unter der Firmierung „P. AG …” erfolgte.
Am 14.12.1999 wurde die vorbezeichnete Aktiengesellschaft verschmolzen auf die zuvor neugegründete J. Aktiengesellschaft, die im Anschluss daran zur Firma P. Aktiengesellschaft … (P. AG) umfirmierte. Die Handelsregistereintragung der P. AG erfolgte am 16.12.1999 (Eintrag in das HR).
Mit Vertrag vom 27.06.2000 veräußerte der Kl. die gesamten von ihm gehaltenen Anteile an der P. AG für einen Kaufpreis von 5.125.000,– Euro.
Die Kl. legten gegen den ESt-Änderungsbescheid vom 10.09.2004 Einspruch ein.
Sie vertraten dabei die Auffassung, der Kl. habe seine Anteile an der Firma P. AG nicht erst mit der Verschmelzung auf die Firma J. AG am 14.12.1999 erworben. Dem Zeitraum ab Verschmelzung seien vielmehr die Vorbesitzzeiten an der GmbH seit dem 22.03.1999 hinzuzurechnen, mit der Folge, dass der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung mehr als 1 Jahr betrage und ein privates Veräußerungsgeschäft i.S.v. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG wegen Fristablaufs nicht mehr besteuert werden könne.
Der Bekl. wies den Einspruch der Kl. mit Einspruchsentscheidung vom 21.10.2005 zurück.
Er vertrat dabei die Auffassung, der Gewinn aus dem Aktienverkauf sei gemäß § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG einkommensteuerpflichtig. Der Kl. habe die von ihm veräußerten Aktien am 14.12.1999, dem Zeitpunkt der Verschmelzung der Firma P. AG auf die J. AG angeschafft. Die Verschmelzung setzte eine neue einjährige Behaltensfrist i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG in Gang (Rdz. 13.08 des BMF-Schreibens vom 25.03.1998, BStBl. I S. 268), deren Lauf mit der Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister beim übernehmenden Rechtsträger beginne. Die einjährige Frist sei im Zeitpunkt der Veräußerung am 27.06.2000 daher nicht abgelaufen gewesen.
Mit der am 23.11.2005 erhobenen Klage verfolgen die Kl. ihr Begehren weiter.
Die Kl. beantragen,
den ESt-Änderungsbescheid 2000 vom 01.09.2006 sowie den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31.12.2000 der Gestalt zu ändern, dass sonstige Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft nicht angesetzt werden,
hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen und hilfsweise die Revision zuzulassen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Der Bekl. hatte in den angefochtenen Steuerbescheiden und der Einspruchsentscheidung dem Grunde nach zutreffend den Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft nach den §§ 22 Abs. 2 i.V.m. 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG erfasst. Nach den vorbezeichneten Vorschriften sind Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften steuerbar, wobei bei Wertpapieren ein solches steuerbares Geschäft nach den Regelungen des Gesetzgebers nur dann vorliegt, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 1 Jahr beträgt (Spekulationsfrist).
Im Streitfall hat der Kl. mit Vertrag vom 27.06.2000 seine gesamten Anteile an der P. AG für einen Verkaufspreis von 5.125.000,– EUR veräußert. Dies ist zwischen den beteiligten Parteien unstreitig.
Entgegen der Auffassung...