Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen und Überlassung von nach der sog. GAP-Reform zugewiesenen Zahlungsansprüchen
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen und die Überlassung von nach der sog. GAB-Reform zugewiesenen Zahlungsansprüchen stellen zwei gesonderte, in ihrem umsatzsteuerrechtlichen Schicksal voneinander unabhängige Leistungen dar.
2) Die entgeltliche Überlassung der Zahlungsansprüche ist weder umsatzsteuerfrei noch unterliegt sie der Besteuerung nach Durchschnittssätzen.
3) Es ist nicht zu beanstanden, wenn das FA bei der Aufteilung des Gesamtentgelts im Wege der Schätzung das Entgelt für die Überlassung der Zahlungsansprüche in Höhe des Werts der Zahlungsansprüche zugrunde legt.
Normenkette
EGVO Nr. 1782/2003 Art. 4 f.; UStG § 4 Nr. 12a, § 24; AO § 162; UStG § 1 Nr. 1 S. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob das für die Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen in Kombination mit der Überlassung der dem Kläger (Kl.) laut der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (sog. GAP-Reform) zugewiesenen Zahlungsansprüche an die Pächter vereinbarte und bezogene Entgelt für umsatzsteuerliche Zwecke gegebenenfalls nach welchen Maßstäben aufzuteilen ist.
Der Kläger (Kl.) war in den Streitjahren 2008 bis 2010 Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs mit circa 100 ha Betriebsfläche. Aufgrund der sog. GAP-Reform standen dem Kl. für 2008 bis 2010 Zahlungsansprüche gemäß der Betriebsprämienregelung in Art. 33 ff der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29.09.2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe … (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 270/1) zu. Die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 wurde in Deutschland durch das Betriebsprämiendurchführungsgesetz vom 21.06.2004 (BGBl I 2004, 1763) und die zu dem Gesetz erlassene Betriebsprämiendurchführungsverordnung vom 03.12.2004 (BGBl I 2004, 3204) umgesetzt. Nach Art. 46 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 können Zahlungsansprüche durch Verkauf oder jede andere endgültige Übertragung mit oder ohne Flächen übertragen werden. Dagegen sind nach Art. 46 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 Verpachtung oder ähnliche Vorgänge von Zahlungsansprüchen nur zulässig, wenn zusammen mit den Zahlungsansprüchen eine gleichwertige Hektarzahl beihilfefähiger Flächen übertragen wird.
Der den landwirtschaftlichen Betrieb nicht selbst aktiv bewirtschaftende Kl. nutzte von 2008 bis 2010 seine Betriebsflächen im Wesentlichen wie folgt: Mit undatiertem Vertrag aus 2004 verpachtete der Kl. circa 19 ha landwirtschaftliche Betriebsfläche befristet bis zum 30.09.2017 an die X GbR, …, für einen Pachtzins von 480 € je ha. Gemäß § 16 des Vertrages war der Pächter verpflichtet, sämtliche Zahlungsansprüche, die ihm im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung der Pachtfläche zustanden, zu beantragen. Eine Überlassung von Zahlungsansprüchen vom Kl. auf den Pächter wurde im Vertrag nicht ausdrücklich ausgesprochen. Mit Vertrag vom 31.08.2005 verpachtete der Kl. weitere ca. 47 ha landwirtschaftliche Betriebsfläche befristet bis zum 01.10.2017 an die X GbR, …, für einen Pachtzins von 480 € je ha. Gemäß § 16 übergab der Verpächter mit dem Pachtgegenstand „Ackerzahlungsansprüche” in entsprechender Anzahl an den Pächter, der verpflichtet war, bei Beendigung des Pachtvertrages die Zahlungsansprüche auf den Verpächter zurück zu übertragen. Dieser Vertrag wurde durch den Vertrag vom 01.10.2006 mit der X GmbH und Co KG ersetzt, wobei die Vertragsbedingungen aus dem Vertrag vom 31.08.2005 unverändert in den Vertrag vom 01.10.2006 übernommen wurden. Mit Vertrag vom 20.09.2008 verpachtete der Kl. weitere circa 32 ha landwirtschaftliche Betriebsfläche befristet bis zum 30.09.2017 an den Landwirt G zum jährlichen Pachtzins von 18.300 €. Laut § 5 des Vertrages übertrug der Kl. 25 Zahlungsansprüche auf den Pächter, der sich verpflichtete, die Zahlungsansprüche durch Nutzung der an ihn verpachteten Flächen zu erhalten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Verträge verwiesen.
Laut seiner Buchführung standen dem Kl. je Streitjahr insgesamt 72,03 Zahlungsansprüche zu, von denen er 46,88 Zahlungsansprüche den an die X GbR, …, mit Vertrag vom 31.08.2005 bzw. an die X GmbH und Co KG mit Vertrag vom 01.10.2006 verpachteten Flächen und 25,15 Zahlungsansprüche den an den Landwirt G mit Vertrag vom 20.09.2008 verpachteten Flächen zuordnete.
Soweit hier von Bedeutung traf eine für die Streitjahre beim Kl. durchgeführte Außenprüfung (Ap, Bericht des Finanzamts für Groß- und Konzernbetriebsprüfung E vom 22.08.2012, Tz. 2.2.2) folgende Feststellungen: Der Jahreswert der aufgrund der GAP-Reform dem Kl. jährlich zustehenden 72,03 Zahlungsansprüche betrage pro Streitjahr brutto 19.004,68 € und die durch die Verpachtung der Zahlungsansprüche ausgelöste Umsatzsteuer (USt) pro Streitjahr 3.034,36 €. Die Verpachtung ...