Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine sog. passive Entstrickung durch Änderung eines DBA. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: I R 41/22)
Leitsatz (redaktionell)
Allein die Änderung eines DBA führt nicht zu einer Verwirklichung des Entnahmetatbestands nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG führen (sog. passive Entstrickung).
Normenkette
EStG § 15a Abs. 4; DBA ESP Art. 13, 22; EStG § 4 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob aufgrund der Änderung eines Doppelbesteuerungsabkommens ein Gewinn durch eine sog. passiven Entstrickung im Streitjahr 2013 entstanden ist und, sofern dies der Fall ist, ob ein Ausgleichsposten gem. § 4g des Einkommensteuergesetzes – EStG – gebildet werden kann und ob die Steuerforderungen zu stunden und die bereits gezahlten Steuern zu erstatten sind.
Die Klägerin ist eine im Handelsregister des Amtsgerichts C. unter HRA … eingetragene Kommanditgesellschaft. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die im Handelsregister des Amtsgerichts C. unter HRB … eingetragene X. Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft mbH, D.. Kommanditisten waren im Streitjahr A. X., wohnhaft in D., mit einer Einlage von 51.000 € sowie B. X., wohnhaft in …/Schweiz, mit einer Einlage von 49.000 €. Der erstgenannte Kommanditist ist der Beigeladene.
Die beiden Kommanditisten der Klägerin waren zugleich zu jeweils 50 % beteiligt an der Y. Z. S.L. mit Sitz in Spanien, einer spanischen Kapitalgesellschaft (im Folgenden: „S.L.”). Die Anteile an der S.L. waren dem Sonderbetriebsvermögen II bei der Klägerin zugeordnet. Die S.L. wies in ihrer Bilanz zum 31.12.2012 eine Bilanzsumme von 1.547.146,18 € aus. Auf der Aktivseite war unbewegliches Vermögen i.H.v. 911.141,89 € ausgewiesen, was 58,89 % der Bilanzsumme entsprach.
Am 18.10.2012 trat ein neues Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Spanien – DBA Spanien – in Kraft (Bundesgesetzblatt – BGBl – II 2013, 329). Dieses enthält in Art. 13 Abs. 2 die folgende Regelung: „Gewinne, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus der Veräußerung von Anteilen an einer Gesellschaft – oder vergleichbarer Beteiligungen – erzielt, deren Aktivvermögen zu mindestens 50 vom Hundert unmittelbar oder mittelbar aus unbeweglichem Vermögen besteht, das im anderen Vertragsstaat liegt, können im anderen Staat besteuert werden.” Zur Vermeidung der Doppelbesteuerung sieht Art. 22 Abs. 2 Buchst. b DBA Spanien u.a. für Einkünfte nach Art. 13 Abs. 2 DBA Spanien das Verfahren der Steueranrechnung vor. Das zuvor geltende Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem spanischen Staat vom 5.12.1966 (BGBl II 1968, 10) enthielt keine dem Art. 13 Abs. 2 DBA Spanien vergleichbare Regelung.
Die Klägerin gab für das Streitjahr eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung ab und erklärte laufende Einkünfte i.H.v. 284.568,96 €, Vergütungen auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage i.H.v. 89.490,29 € und einen Saldo aus Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben in Höhe von ./. 36.734,04 €. Die Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben wurden in der Anlage FE1 zur Feststellungserklärung in voller Höhe dem Beigeladenen zugeordnet. Der Beklagte veranlagte die Klägerin erklärungsgemäß und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung – AO –.
Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung … (im Folgenden: „GKBP”) führte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch, die auch die Auslandsbeziehungen umfasste. In ihrem Bericht vom 14.12.2017 vertrat die Prüferin die Auffassung, die Neuregelung in Art. 13 Abs. 2 DBA Spanien, welche die Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von Immobiliengesellschaftsanteilen betreffe, löse in Fällen, in denen spanische Immobilien über sog. Grundstückskapitalgesellschaften gehalten würden, eine passive Entstrickung der in den Anteilen ruhenden stillen Reserven zum 1.1.2013 aus. Das gelte zumindest für in Deutschland beschränkt einkommensteuerpflichtige Gesellschafter, hier den Beigeladenen. Im Streitfall sei die S.L. eine Grundstückskapitalgesellschaft, da ihr Aktivvermögen zu mehr als 50 v.H. (58,89 %) aus unbeweglichem Vermögen in Spanien bestehe. Daher gelte der Gesellschaftsanteil des in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Beigeladenen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG zum 1.1.2013 als fiktiv entnommen. Die Entnahme erfolge gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG zum gemeinen Wert. Der anzusetzende und dem Beigeladenen zuzurechnende Entnahmegewinn berechne sich wie folgt:
Substanzwert der S.L.: |
778.742 € |
davon 50 % für den Beigeladenen |
389.371 € |
abzüglich Buchwert S.L.-Anteile |
- 2.820 € |
Entnahmegewinn 386.551 €
Der Entnahmegewinn sei gemäß § 3 Nr. 40 Buchst. a EStG dem Teileinkünfteverfahren zu unterwerfen und zu 40 % steuerfrei. Ein Ausgleichsposten gem. § 4g EStG a.F. könne nicht gebildet werden.
Der Beklagte schloss sich der Auffassung der Prüferin an und erließ auf der Grundlage des § 164 Abs. 2 AO Änderungsbescheide. Mit...