Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiladung, Verluste bei beschränkter Haftung, Einlageminderung, Gewinnzurechnung, Haftung nach § 174 HGB
Leitsatz (redaktionell)
1) Nach Vollbeendigung einer Personengesellschaft sind die klagebefugten ehemaligen Gesellschafter, die nicht selbst Klage erhoben haben, nur dann zum Klageverfahren eines ehemaligen Gesellschafters gegen die gesonderte und einheitliche Einkünftefeststellung beizuladen, wenn sie vom Ausgang des Rechtsstreits betroffen sind.
2) Entsteht oder erhöht sich durch Einlageminderung das negative Kapitalkonto des Kommanditisten, ist diesem der Betrag der Einlageminderung auch dann als Gewinn i.S.d. § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG zuzurechnen, wenn der Kommanditist gemäß § 174 HGB gegenüber Altgläubigern weiter haftet.
Normenkette
AO § 180 Abs. 1 Nr. 2a; FGO § 40 Abs. 2, § 48 Abs. 1 Nr. 3, § 60 Abs. 3 S. 1; EStG § 15a Abs. 3 S. 1
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 16.10.2014; Aktenzeichen IV R 58/11) |
Tatbestand
Streitig ist, ob eine in das Handelsregister eingetragene Haftungsminderung einer Kommanditistin einer KG als Gewinn gem. § 15a Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) zuzurechnen ist.
Die Klägerin (Klin.) war als Kommanditistin an der Firma G. P. GmbH & Co. KG beteiligt. Laut Eintragung im Handelsregister betrug ihre Einlage zum 01. März 2001 317.500 DM (= 162.335,17 EUR). Mit Vertrag vom 04.07.2002 trat als weitere Gesellschafterin die Q.-Fond GmbH & Co. KG (Q.-KG) in die G. P. GmbH & Co. KG ein. In diesem Beitrittsvertrag verpflichteten sich die Altgesellschafter, ihre festen Kapitalanteile und ihre Haftsummen herabzusetzen, davon die Klin. um 89.476 EUR. Dazu heißt es in dem zur Gerichtsakte in Kopie eingereichten Vertrag auf Seite 4 (Bl. 20 der Gerichtsakte) zu den Anteilen der Klin:
Derzeitiger Kapitalanteil |
162.335,17 EUR |
Höhe Kapitalherabsetzung |
89.476,08 EUR |
Neuer Kapitalanteil |
72.859,09 EUR |
Des Weiteren ist in dem Vertrag – vgl. Vorbemerkung Nr. 3 – geregelt, dass als Abfindung die Kommanditisten den Nominalwert ihrer jeweils herabgesetzten Kapitalanteile erhalten, wobei bereits erbrachte Rückzahlungen auf ihre Kommanditanteile wie folgt angerechnet werden (für die Klin.):
Herabgesetzter Kapitalanteil |
89.476,08 EUR |
erfolgte Rückzahlung |
27.793,83 EUR |
restliche Abfindung |
61.682,25 EUR |
Außerdem hat die Klin. – vgl. § 1 – von ihrem Kapitalanteil einen Anteil von 14.571,82 EUR an die Q.-KG verkauft und abgetreten, so dass ihr noch ein Anteil von 58.287,27 EUR (9,7 Prozentanteil) verblieb. Am 20.08.2002 wurde für die Klin. die geminderte Hafteinlage in der Höhe von 58.287,27 EUR in das Handelsregister eingetragen.
Des Weiteren verpflichtete sich die Klin. mit den übrigen Kommanditisten und der KG in einem „Vertrag über eine typisch stille Gesellschaft”, ihre Abfindungsguthaben als stille Einlagen in die P. GmbH & Co. KG einzuzahlen. Auf die Klin. entfiel ein Betrag von 61.682,25 EUR, der der auf sie entfallenden Kapitalherabsetzung entsprach. In § 1 Abs. 2 des Vertrags wird bestimmt, dass die Einzahlung der Bareinlagen unmittelbar nach Handelsregister-Eintragung der im Beitrittsvertrag beschlossenen Kapitalherabsetzung erfolgt. Mit dem Tag der Einzahlung der stillen Einlage beginnt die stille Gesellschaft (§ 2 Abs. 1). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den „Vertrag über eine typisch stille Gesellschaft”, der in Kopie im Entwurf zu den Gerichtsakten gereicht worden ist, verwiesen (Bl. 44 – 50 d. GA).
Die Q.-KG hatte sich in § 2 des Beitrittsvertrags ebenfalls verpflichtet, der P. GmbH & Co. KG eine typisch stille Beteiligung nach den Bedingungen des o. g. „Vertrags über eine typisch stille Gesellschaft” zu erbringen, und zwar i.H.v. 1.278.708,12 EUR. Ausweislich der Bilanz auf den 31.12.2002 ist dieser Betrag von ihr auch tatsächlich eingezahlt worden.
Am 01.07.2003 wurde für die G. P. GmbH & Co. KG durch Beschluss des Amtsgerichts N. das Insolvenzverfahren eröffnet (Az.: … IN … /03). Es ist durch weiteren Beschluss vom 28.12.2009 aufgehoben worden. Die Gesellschaft ist daraufhin laut Eintragung im Handelsregister des Amtsgerichts D. unter HRA xxxx am 24.08.2010 wegen Vermögenslosigkeit gelöscht worden. Zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt O. L. aus F. bestellt. Der von ihm beauftragte steuerliche Berater erstellte den Jahresabschluss der P. GmbH i. L. zum 31.12.2002. Danach betrug das Kommanditkapital zum Bilanzstichtag 603.324,41 EUR. Hiervon entfiel auf die Klin. ein Betrag von 58.287,27 EUR (9,7 v. H.) sowie auf die Q.-KG ein solcher von 120.664,87 EUR (20 v. H.). Hierzu war angegeben, dass durch Beitrittsvertrag vom 04.07.2002 die Q.-KG als Kommanditistin mit wirtschaftlicher Wirkung zum 01.06.2002 beteiligt worden sei. Vorher bis zum 31.05.2002 war die Klin. noch mit 18,65 v. H. beteiligt. Im Gesamthandsbereich war ein Verlust in Höhe von ./. 1.273.729,27 EUR entstanden, von dem auf die Klin. ein Anteil von ./. 171.051,12 EUR entfiel (bis zum 31.05.2002: ./. 98.979,38 EUR, danach: ./. 72.071,85 EUR). Die stillen Einlagen der Kommanditisten waren als Gese...